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Frankreich: Muslimische Gebete in katholischer Kirche werfen Fragen auf

Eine in der Pariser Kirche Saint-Sulpice organisierte Begegnung zwischen Katholiken und Muslimen stößt in Frankreich auf Kritik. „Valeurs actuelles“ spricht von einer „naiven“ Diskussion mit dem Islam.
Pariser Kirche Saint-Sulpice organisierte Begegnung zwischen Katholiken und Muslimen
Foto: Francois Mori (AP) | Am 6. Februar hatte in Saint-Sulpice – der nach Notre-Dame zweitgrößten Kirche der französischen Hauptstadt - im Rahmen eines interreligiösen Dialogs eine Begegnung zwischen Katholiken und Muslimen stattgefunden.

Eine in der Kirche Saint-Sulpice im Pariser Stadtzentrum organisierte Begegnung zwischen Katholiken und Muslimen hat zu heftigen Kontroversen geführt. Père Danziec, ein unter Pseudonym regelmäßig für das französische Magazin „Valeurs actuelles“ schreibender katholischer Priester, kritisiert das Treffen und führt dabei Zitate aus der vatikanischen, vom damaligen Präfekten der Glaubenskongregation Joseph Kardinal Ratzinger unterzeichneten Erklärung „Dominus Iesus“ aus dem Jahr 2000.

„Ja, das moralisch Korrekte ist eine neue Religion“, stellt Père Danziec fest, „und zu deren Propheten zählen manche, die einen römischen Kragen tragen“. Wo sind die „wirklichen Wächter angesichts des Einsturzes der tragenden Mauern der abendländischen und christlichen Gesellschaft?“, fragt der Autor. Zu viele Geistliche „vermitteln den Eindruck, sich passiv zu verhalten. Eine große Zahl von ihnen zieht es vor, das Desaster zu leugnen, während andere sich der Schar der Zerstörer anschließen“.

"Einzigartiger Augenblick der Brüderlichkeit"?

Am 6. Februar hatte in Saint-Sulpice – der nach Notre-Dame zweitgrößten Kirche der französischen Hauptstadt - im Rahmen eines interreligiösen Dialogs eine Begegnung zwischen Katholiken und Muslimen stattgefunden. Scheinbar, so Père Danziec, solle es um einen „einzigartigen Augenblick der Brüderlichkeit“ gegangen sein: „Gemeinsam beten, zusammenkommen und in den Dialog eintreten“. 

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In Wirklichkeit aber sei in dem Sakralbau ein Schild für die Muslime aufgestellt gewesen, mit dem darauf hingewiesen wurde, dass für sie ein (temporärer) Ort bereitgestellt sei, der „einen Ort der Stille für das muslimische Gebet“ garantiere. Am Ambo fanden „Lesungen aus dem Koran und Rezitationen von Suren“ statt. Die „islamisch-christliche Zusammenkunft schloss mit einem Tanz um den Altar, begleitet von Gesängen und Händeklatschen. All das in Begleitung von jungen Mädchen im Niqab im Chor der Kirche. Wer kann sich von einem derart gelebten interreligiösen Dialog faszinieren lassen?“, fragt Père Danziec.

Abgesehen von der unleugbaren Tatsache, „dass keine muslimische Autorität Christen in einer Moschee das Evangelium singen ließe, ermisst man den Schwindel eines derartigen Ereignisses“. Das bedeutende Dokument „Dominus Iesus“, das auf Betreiben des künftigen Papstes Benedikt XVI. im Jahr 2000 verfasst wurde, betonte treffsicher das „sorgfältige Unterscheidungsvermögen“, dem die Begegnungen zwischen den katholischen Gemeinschaften und den anderen religiösen Traditionen vorgelegt werden müssten. Doch bei der Veranstaltung in Saint-Sulpice habe man unter dem Vorwand „die Türen zu öffnen, das dogmatische Gerüst und die Fundamente des Glaubens niedergerissen“, meint Père Danziec.

Bestürzend vor Naivität

Der Autor zitiert Chesterton mit dessen Worten „Was die Welt verbittert, ist nicht das Übermaß an Kritik, sondern das Fehlen von Selbstkritik“. Und so leeren sich die Kirchen, kommentiert Père Danziec, „die Gläubigen stimmen mit den Füßen ab, indem sie vor den üblen Possen desertieren, die man ihnen aufzwingt. Wie kann man es ihnen übelnehmen?“. Die im Internet verfügbaren Videoclips der Veranstaltung in Saint-Sulpice seien „absolut bestürzend vor Naivität“, schreibt Père Danziec.

Die Muslime, so meint er weiter, hätten (wie die Shintoisten, die Zulus oder die Agnostiker) „das Recht darauf, die Botschaft der kirchlichen Überlieferung deutlich zu hören. Und die Getauften haben die Pflicht, die einzigartige und heilbringende Botschaft Christi zu verkünden. Der weiter oben zitierte Text Dominus Iesus erinnert an die Bedeutung der Kirche, die Verkündigung des Evangeliums Christi fortzuführen – ob gelegen oder ungelegen: ‚Am Ende des zweiten christlichen Jahrtausends ist diese Sendung aber noch weit davon entfernt, vollendet zu sein. Deshalb ist heute der Ruf des heiligen Paulus über den missionarischen Auftrag jedes Getauften mehr denn je aktuell: »Wenn ich nämlich das Evangelium verkünde, kann ich mich deswegen nicht rühmen; denn ein Zwang liegt auf mir. Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!« (1 Kor 9,16). Dies erklärt die besondere Aufmerksamkeit, die das Lehramt der Begründung und Unterstützung des kirchlichen Evangelisierungsauftrags gewidmet hat, vor allem in Beziehung zu den religiösen Traditionen der Welt‘ (Dominus Iesus)“.

Zu seiner Zeit als Papst habe Benedikt XVI., als er über den Relativismus nachdachte, bemerkt: „Die Wahrheit altert nicht, aber die Ideologien haben ein Verfallsdatum“.  DT/ks

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