Happy Birthday Mary, Queen of Peace“ – mit dieser Botschaft gratulierte der amerikanische Präsident Donald Trump am 8. September, dem Fest Mariä Geburt, via Social Media Maria, der „Friedenskönigin“, zum Geburtstag. Dieser Titel wurde im 20. Jahrhundert besonders betont: Papst Benedikt XV. nahm ihn 1917, mitten im Ersten Weltkrieg, in die Lauretanische Litanei auf, und Papst Pius XII. weihte 1942, während des Zweiten Weltkrieges, die Welt dem Unbefleckten Herzen Mariens verbunden mit der inständigen Bitte um Frieden: „Königin des Friedens, bitte für uns und gib der Welt den Frieden, nach dem die Völker seufzen, den Frieden in der Wahrheit, in der Gerechtigkeit, in der Liebe Christi! Gib der Welt den Frieden der Waffen und den Frieden der Seelen, damit in der Ruhe der Ordnung das Reich Gottes sich ausbreite.“ Auch in unserem Bistum Hildesheim wurden Kirchen und Kapellen der „Friedenskönigin“ geweiht.
Maria hat „Ja“ gesagt zum Plan Gottes und den „Friedensfürsten“ zur Welt gebracht. Für uns Katholiken ist sie eine mächtige Fürsprecherin bei Gott. Besonders in Zeiten von Unsicherheit, Konflikten und Kriegen wird Maria angerufen, damit sie für den Frieden in den Herzen der Menschen, in den Familien, in der Gesellschaft und zwischen den Völkern eintritt.
Vom „Herzen Mariens“ ist heute auch bei vielen katholischen Christen nicht mehr die Rede. In meiner Ordensgemeinschaft ist das anders. Wir verwenden täglich die Grußformel „Vivat Cor Jesu, per Cor Mariae“ – „Es lebe das Herz Jesu, durch das Herz Mariä“. Für unseren Ordensgründer Leo Dehon war Maria die wichtigste Mittlerin und Wegbereiterin zum Herzen ihres Sohnes, zu Jesus, der voller Liebe, Mitgefühl und Barmherzigkeit ist.
Dass ein mächtiger Politiker wie Präsident Trump sich auf Maria als Friedenskönigin beruft, könnte ein Zeichen der Hoffnung sein. Doch manches lässt mich daran zweifeln, dass er es ernst meint, wenn er derart fromme Töne anstimmt. Geht es hier vielleicht doch eher darum, die Zustimmung katholischer Wähler in den USA zu gewinnen?
Erika Kirk äußerte sich anders
Ein Ereignis hat mich in meiner Skepsis bestätigt. Nach dem Mord an dem rechten amerikanischen Aktivisten Charlie Kirk fand in einem Football-Stadion eine große Gedenkveranstaltung für den Verstorbenen statt. Während manche seiner Anhänger nach dem Mord nach Vergeltung riefen und die Todesstrafe für den Täter forderten, äußerte sich Kirks Witwe Erika anders. Sie durchbrach den Kreislauf des Hasses und sagte über den Mörder: „Ich vergebe ihm, weil Christus das auch getan hätte. Und weil Charlie das auch getan hätte. Die Antwort auf Hass ist nicht Hass. Die Antwort – das wissen wir aus dem Evangelium – ist Liebe. Immer Liebe. Liebe für unsere Feinde. Liebe für diejenigen, die uns verfolgen.“
Ein ungeheuerlicher Satz – gesprochen nur kurze Zeit, nachdem Kirk vor den Augen seiner Frau und seiner Kinder kaltblütig ermordet worden war. Man kann so etwas von niemandem erwarten. Der Theologe Jan-Heiner Tück schreibt dazu: „Niemand kann überlebenden Opfern oder Angehörigen von Opfern die Liebe zu den Peinigern abverlangen. Vergebung ist ein Freiheitsgeschehen, das nicht erpresst werden kann. Aber das Verzeihen gerade des Unverzeihbaren ist eine größere Möglichkeit der Freiheit, eine Gabe, die aus der Communio mit Jesus Christus erwachsen kann.“
Donald Trump hingegen widersprach Erika Kirk. Er sagte: „Ich hasse meinen Gegner und wünsche ihm nicht das Beste.“ Bischof Stefan Oster hat kritisch angemerkt, einige der Hauptakteure hätten die Gedenkfeier „zu einer pseudoreligiösen Politshow instrumentalisiert“. Oster warnt davor, als Christen die Nähe zu Trump zu suchen: „Wir Christen dürfen dem Hass und der Verachtung keinen Raum geben, schon gar nicht im Rahmen unseres Glaubens.“
Die Botschaft von Erika Kirk passt nicht in das Freund-Feind-Denken von Donald Trump. Die Feindesliebe durchbricht die Dynamik von Gewalt und Gegengewalt. Was bei der Gedenkfeier geschehen ist, markiert eine wichtige Bruchlinie: Eine Politik, die sich auf das Christentum beruft, muss den Hass auf den politischen Gegner hinter sich lassen und nach Versöhnung streben.
„Vergib uns unsere Schuld“
„Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“ Christen sagen diesen Satz häufig – immer dann, wenn sie das Vaterunser beten. Anderen zu vergeben, das fällt uns schwer. Wir leben in einer unbarmherzigen Zeit. Jedes falsche Wort kann zum Fallstrick werden. Nichts wird vergessen, selten etwas verziehen. Doch Gott ist barmherzig – und lädt uns ein, auch barmherzig zu sein. Das war die Botschaft von Papst Franziskus – und in seiner letzten Enzyklika hat er sie noch einmal kraftvoll zum Ausdruck gebracht. Papst Leo XIV. hat die Enzyklika kürzlich als „wertvolles Geschenk für die ganze Kirche“ gewürdigt.
Papst Franziskus sprach in „Dilexit nos“ von der „politischen Herrschaft des Herzens“: „Wir müssen alle Handlungen unter die ‚politische Herrschaft‘ des Herzens stellen“, schrieb er, „Aggressivität und zwanghafte Begierden müssen durch das höhere Gut, das das Herz ihnen bietet, und durch die Kraft, die es gegen das Böse besitzt, gemildert werden.“
Das beste Heilmittel
Auch unser Ordensgründer, Leo Dehon, war überzeugt: „Es ist notwendig, dass die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu, die im mystischen Leben der Seelen ihren Anfang nahm, herabsteigt und in das gesellschaftliche Leben der Völker der Welt Einzug hält. Sie wird das beste Heilmittel für die grausamen Übel unserer moralischen Welt sein.“
Dass die Herz-Jesu-Verehrung „in das gesellschaftliche Leben der Völker der Welt Einzug hält“ – davon sind wir heute weit entfernt. Und doch gibt es überall auf der Welt, in jeder Gesellschaft, Menschen, die sich am Herzen Jesu, an seiner Liebe und Barmherzigkeit und an Maria, der Friedenskönigin, orientieren. Diese Menschen können einen Unterschied machen: Indem sie sich dafür einsetzen, dass sich in der Welt Wärme, Güte, Mitgefühl und Vergebungsbereitschaft verbreiten.
Der Autor ist Bischof von Hildesheim.
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