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Die letzte Patrone der Woelki-Gegner

Was an der kirchenrechtlichen Anzeige gegen den Kölner Kardinal dran ist.
Im Kreuzfeuer der Kritik: der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki
Foto: IMAGO/Maria Grazia Picciarella (www.imago-images.de) | Dass Woelkis Falschaussagen in einem presserechtlichen Verfahren Auswirkungen auf die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen gehabt hätten, ist nicht bewiesen.

Wer vermutete, die Gegner von Kardinal Rainer Maria Woelki würden nach der Einstellung des Ermittlungsverfahrens der Kölner Staatsanwaltschaft im Mai die Waffen strecken, wurde schon Ende Mai von Wolfgang Rothe, Mitglied im DBK-Betroffenenbeirat eines Besseren belehrt: Der im Erzbistum München wirkende Priester und Initiator des „Segnungsgottesdienstes für Liebende“ am Fuße des Kölner Domes im September 2023 forderte den frisch ins Amt gewählten Papst Leo XIV. auf, den Kardinal abzusetzen – vergeblich.

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In Rom hielt sich das Interesse an der Petition in Grenzen. So zückt man nun die letzte Patrone: eine kirchenrechtliche Anzeige. Keiner der ambitionierten Kirchenrechtler, die den Erfolg der Aktion prophezeien, erklärt allerdings die Auffälligkeiten im Vorgehen: Kirchenrechtlich relevant sind keine allgemeinen Beschuldigungen („Retraumatisierung“), sondern es müssen kirchenrechtlich normierte Straftatbestände angesprochen und durch entsprechende Beweise erhärtet werden.

Gerechtigkeit und Wahrheit oder öffentliche Aufmerksamkeit?

Dass Woelkis unzutreffende Angaben – die Staatsanwaltschaft zufolge machte der Kardinal sie nicht vorsätzlich, sondern fahrlässig – in einem presserechtlichen Verfahren Auswirkungen auf die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen gehabt hätten, ist nicht bewiesen. So fragt sich mancher Beobachter in diesen Tagen, ob es hier eigentlich um Gerechtigkeit und Wahrheit oder doch nur um öffentliche Aufmerksamkeit geht. Dass Missbrauchsbetroffene, die Woelki dankbar für seine Aufarbeitung sind, nicht in die Tagesschau kommen, gehört zur Strategie.

Die Anzeige gegen Woelki ist zugleich eine Steilvorlage für das Bistum Trier. Bischof Stephan Ackermann, der als dienstältester Bischof nun entscheiden muss, ob er den Vorgang nach Rom weiterleitet oder einen Schlussstrich darunter zieht und das Ganze zu den Akten legt, ist seit Jahren mit der zähen Missbrauchsaufarbeitung im eigenen Bistum beschäftigt. Die Konstellation in Trier ist deutschlandweit einmalig: Drei amtierende Bischöfe, darunter der derzeitige Vorsitzende der deutschen Bischöfe, Georg Bätzing, und seine Vorgänger Reinhard Marx, haben aus Sicht von Trierer Missbrauchsbetroffenen Schuld auf sich geladen.

Viel Wind um Woelki könnte genug Staub aufwirbeln, um von Rücktrittsforderungen an die Mitbrüder in Trier, Limburg und München abzulenken. Die letzte Patrone gegen den Kölner Erzbischof kommt manchen gerade recht. 

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