Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Umstrittene „Agrarstudie“

Dicke Luft zwischen Bauern und Bischöfen

Die Bischöfe Marx und Voderholzer distanzieren sich von einer von der DBK beauftragten Studie nach Kritik durch Bauernverbände. Der Dialog soll weitergehen.
Ein Bauer beim Mistfahren
Foto: Martin Wagner via www.imago-images.de (www.imago-images.de) | Da dampft der Mist: Auch bei der Diskussion um die „Agrarstudie“ geht es heiß her.

Ernährungssicherheit, Klimaschutz und Biodiversität: Hehre Ziele hat sich die von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) in Auftrag gegebene Studie zur Landwirtschaft in den Titel geschrieben. Doch kurz nach der Veröffentlichung am 11. September hagelte es vonseiten der Landwirte bereits Kritik. Jetzt haben sich auch Kardinal Reinhard Marx und Bischof Rudolf Voderholzer von der Studie distanziert und plädieren für weiteren Dialog.

„Schluss mit dem Bauern-Bashing!“, forderte der Regensburger Bischof Voderholzer gegenüber Vertretern des Bayerischen Bauernverbandes und dem Verein „Landwirtschaft verbindet Bayern e.V.“ am Dienstag. Der Bischof betonte, dass es sich bei dem Diskussionspapier nicht um eine Veröffentlichung der Deutschen Bischofskonferenz handelt: „Die Studie vertritt nicht meine Position. Ich wehre mich gegen die darin enthaltenen undifferenzierten Darstellungen von konventioneller und biologischer Landwirtschaft.“

Auch in München wollte man die Bischofskonferenz aus der Schusslinie halten. Kardinal Marx stellte am gleichen Tag in einem Gespräch mit der Landesbäuerin Christine Singer heraus, dass es sich bei der Studie um den Text einer Sachverständigengruppe, nicht um eine Positionierung der deutschen Bischöfe handele, und versicherte den Bäuerinnen und Bauern hohe kirchliche Wertschätzung für ihre Arbeit. Die DBK zog nach und bestätigte am Donnerstag: „Es handelt sich nicht um eine Verlautbarung der Deutschen Bischofskonferenz, sondern um den wissenschaftlichen Beitrag eines Expertengremiums“.

Bauern sehen sich als Sündenbock

Die Studie „Ernährungssicherheit, Klimaschutz und Biodiversität: Ethische Perspektiven für die globale Landnutzung“ solle, so die Bischofskonferenz, nachhaltige Entwicklung und Transformationsfragen im Licht der päpstlichen Enzyklika „Laudato si“ beleuchten. Die Bauern hatten daraufhin allerdings das Gefühl, den schwarzen Peter zugespielt zu bekommen. „Man versucht den Bäuerinnen und Bauern zu unterstellen, dass sie hauptverantwortlich seien für schwere Fehler im Umwelt- und Naturschutz und für den Rückgang der Biodiversität“, so Gabriele Eberl, Kreisbäuerin im Landkreis Altötting gegenüber dem Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt. Nach der Veröffentlichung der Studien hatten viele Bauern beim Erntedankfest auf die sonst traditionellen Kirchendekorationen verzichtet.

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Laut dem Diakon und Landwirt Jürgen Donhauser aus dem bayrischen Kümmersbruck würden in der Studie „pauschale Vorwürfe in Bezug auf Tierhaltung, Dünger und Pflanzenschutz, die längst widerlegt wurden“ wieder aufgewärmt. In einem offenen Brief an den DBK-Vorsitzenden, den Limburger Bischof Georg Bätzing, hatte Donhauser beklagt, dass neben handwerklichen und sachlichen Fehlern der Eindruck entstehe, die Kirche stehe für Enteignung, Verstaatlichung und Kommunismus. Landwirt Willi Kremer-Schillings, der im Internet und auf seinem Blog als „Bauer Willi“ publiziert, monierte gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), dass in der Studie indirekt Methoden des Ökolandbaus als „Vorreiter“ dargestellt würden, während konventionelle Praktiken kritisiert würden. „Sowohl die Kirchen als auch eine CDU-Politikerin wie Ursula von der Leyen blasen mittlerweile in das gleiche Horn wie die NGOs“, findet Kremer-Schillings.

„Verkürzt und fehlinterpretiert“

Die Deutsche Bischofskonferenz wehrte sich gegen die Vorwürfe. „Das Dokument wurde teilweise verkürzt und fehlinterpretiert dargestellt“, so die Bischöfe in einer Pressemitteilung. Die Kritik, die Studie stelle die Bauern unter Generalverdacht, treffe nicht zu. Es werde vielmehr mehrfach unterstrichen, dass das Thema gesamtgesellschaftlich anzugehen sei.

Im Zuge des Treffens des Arbeitskreises Kirche und Landwirtschaft in München betonte Johannes Wallacher, Professor für Sozialwissenschaften und Wirtschaftsethik noch einmal, dass es in der Studie nicht darum gehe, Bauern „als Einzelne oder in ihrer Gesamtheit an den Pranger zu stellen, grundsätzliche Kritik an der kleinbäuerlichen Landwirtschaft zu üben oder sogar das Eigentum an Böden infrage zu stellen. Carl von Butler, Generalsekretär des Bayerischen Bauernverbands erklärte, die Kritik sei im Kontext vielfältiger Belastungen und dem Gefühl fehlender Wertschätzung zu sehen. Am Schluss wurde es versöhnlich: Die Teilnehmer der Sitzung wollten den Dialog weiterführen, die Debatte versachlichen.

Auch Marx und Singer kamen auf einen gemeinsamen Nenner: „Der Kirche liegt die Landwirtschaft und der vielen kleinbäuerlichen Familienbetriebe in Bayern sehr am Herzen“, versicherte der Kardinal. Singer wünschte sich von der Kirche, „uns bei diesen Themen in Zukunft besser mitzunehmen“. In Regensburg beteuerte Voderholzer, die Ängste und Nöte der Landwirte aus zahlreichen persönlichen Begegnungen zu kennen und diese ernstzunehmen und dankte den Bauern für ihren Beitrag zur Ernährungssicherheit und ihrer Arbeit in den Pfarrgemeinden. Der vielbeschworene Dialog wird sich digital manifestieren: Am 22. Oktober lädt der Bayerische Bauernverband und das Bistum Eichstätt zu einer Vorstellung und Diskussion der „Agrarstudie“ ein.

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