Für die theologisch wie pastoral zweifelhafte Erklärung „Fiducia supplicans“ erhielt Papst Franziskus jüngst deutliche Gegenrede von frommen Katholiken aus der ganzen Welt. Gerhard Ludwig Kardinal Müller argumentierte sogar, das Dokument, das unter bestimmten Bedingungen auch die Segnung homosexuell lebender Paare vorsieht, sei zwar nicht direkt häretisch, führe aber „logisch zur Häresie“.
Wer Sorge hatte, der Papst könnte die durch göttliche Offenbarung und die natürliche Ordnung vorgegebene Beziehung der Geschlechter in Frage stellen, darf vorerst beruhigt sein. Denn Franziskus hat sich nun im Rahmen einer Audienz für die Teilnehmer einer wissenschaftlichen Tagung mit dem Titel „Mann-Frau-Gottesbild. Für eine Anthropologie der Berufungen“ in einer Deutlichkeit und Schärfe gegen die „Genderideologie“ gewandt, die – anders als es bei ihm leider oft der Fall ist – keinen Spielraum für Zweideutigkeiten lässt.
Die „hässlichste Gefahr“ unserer Zeit
Franziskus nannte den Genderismus unumwunden „die hässlichste Gefahr“ unserer Zeit, weil er die Unterschiede zwischen Mann und Frau auszulöschen versuche und dadurch „alles gleich macht“. Diese Unterschiede, vor allem die „fruchtbare ‚Spannung‘“ zwischen den Geschlechtern, gehören laut Papst aber gerade zum Kernbestand des Menschseins.
Progressisten mögen nun protestieren, dass der Pontifex hier einem Zerrbild der Gendertheorie, der es doch nur um die Erforschung von Diversität in der Bemühung um Akzeptanz und Gleichberechtigung ginge, auf den Leim gegangen sei. Das jedoch wäre selbst nur ein leicht zu durchschauendes Täuschungsmanöver. Denn gerade auch die sich wissenschaftlich gebende Gendertheorie ist in Wahrheit ein Hort der Irrationalität. Um das zu sehen, muss man sich etwa nur einmal mit den Texten von Judith Butler, der wohl einflussreichsten Vertreterin der Gendertheorie, beschäftigen.
Das magische Denken der Gendertheorie
Anders als man gemeinhin meint, geht es Butler nämlich nicht um die Unterscheidung zwischen dem natürlichen Geschlecht (sex) und sozial bedingten Geschlechterrollen (gender). Stattdessen leugnet sie gegen jegliche wissenschaftliche Evidenz und den gesunden Menschenverstand die Existenz des Ersteren. So schreibt sie in ihrem Buch „Körper von Gewicht“: „Das ‚biologische Geschlecht‘ wird nicht mehr als ein körperlich Gegebenes ausgelegt, dem das Konstrukt des sozialen Geschlechts künstlich auferlegt wird, sondern als eine kulturelle Norm, die die Materialisierung von Körpern regiert.“ Ein klarer Fall von magischem Denken, vorgetragen in kompliziertem Geisteswissenschafler-Jargon.
Es ist genau, wie Franziskus sagt: Eine derartige Genderideologie ebnet die fruchtbar-spannungsreichen Unterschiede zwischen den Geschlechtern ein, auf die der Erhalt jeder Gesellschaft und der Menschheit im Ganzen fußt. Was bei der Genderideologie herauskommt, ist daher auch nicht wie von ihren Befürwortern behauptet bereichernde Vielfalt, sondern unterschiedslose Einfalt. Wo die anthropologischen Grundkategorien von Mann und Frau aufgelöst werden sollen, droht das Gegenüber in seiner Andersartigkeit verloren zu gehen und der Mensch in die „Isolation eines selbstbezogenen Ichs“ zu geraten.
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