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Asia Bibi auch in Deutschland in Lebensgefahr

Berthold Pelster, Experte für die Religionsfreiheit beim päpstlichen Hilfswerk „Kirche in Not“, geht davon aus, dass Asia Bibi in Deutschland möglicherweise eine neue Identität annehmen müsste. Mit Attentatsversuchen religiöser Fanatiker sei immer zu rechnen.
Proteste nach Freispruch von Christin in Pakistan
Foto: Fareed Khan (AP) | Auch in Deutschland bestehe die Gefahr, dass irgendein religiöser Fanatiker auftauche, der durch ein tödliches Attentat für vermeintliche Gerechtigkeit sorgen wolle, so Pelster.

Selbst wenn der aus der Haft entlassenen pakistanischen Christin Asia Bibi Asyl in Deutschland gewährt würde, befände sie sich noch immer in Lebensgefahr. Diese Ansicht vertritt Berthold Pelster, Experte für die Religionsfreiheit des päpstlichen Hilfswerks „Kirche in Not“, im Interview mit dem Kölner Domradio. In Pakistan drohe Bibi die tödliche Gefahr von Seiten der Extremisten „und selbst in Deutschland dürfte sie wahrscheinlich nie ohne Bodyguards auf die Straße gehen“, so Pelster.

"Sie kann nicht einfach als freier Mensch in Deutschland leben"

Der Experte für Religionsfreiheit geht davon aus, dass Asia Bibi in Deutschland möglicherweise eine neue Identität annehmen, ihr Äußeres verändern und untertauchen müsste. „Sie kann nicht einfach als freier Mensch in Deutschland oder auch in einem anderen europäischen Land leben.“ Stets bestehe die Gefahr, dass trotzdem noch irgendein religiöser Fanatiker auftauche, der durch ein tödliches Attentat für vermeintliche Gerechtigkeit sorgen wolle.

Aufgrund des Vorwurfs der Blasphemie war die Katholikin Asia Bibi acht Jahre lang in Pakistan inhaftiert gewesen. Vor knapp zwei Wochen sprach der Oberste Gerichtshof Pakistans die Mutter von fünf Kindern zunächst frei. Daraufhin war es in zahlreichen Städten Pakistans zu heftigen Protesten radikaler Islamisten gekommen. Die pakistanische Regierung beugte sich dem Druck und einigte sich mit der islamistischen Partei Tehreek-e-Labbaik Pakistan (TLP) darauf, einen Berufungsprozess gegen Bibi zuzulassen. Am Mittwoch vergangener Woche wurde die 47-Jährige dann aber doch aus der Haft entlassen und an einen geheimen Ort in Pakistan gebracht.

Dass Bibi Pakistan verlassen wird, hält Pelster für "sehr realistisch"

Dass Bibi Pakistan verlassen wird, hält Pelster grundsätzlich für „sehr realistisch“. Er lobte gegenüber „domradio.de“ die „breite Front an Unterstützern“, die sich für das Schicksal der pakistanischen Christin einsetzten, darunter mehrere deutsche Politiker. Auch der Zentralrat der Muslime in Deutschland hatte sich bemüht, Bibi einen Weg zur Einreise nach Deutschland zu eröffnen.

Pelster warnt aber auch davor, dass Christen in Pakistan nach einer potenziellen Ausreise Asia Bibis in noch größerer Gefahr schwebten. „Die werden sicherlich jetzt höhere Sicherheitsvorkehrungen treffen müssen“, so der Experte von „Kirche in Not“. Daher wies Pelster darauf hin, dass die christliche Minderheit im Land weiterhin Unterstützung benötige. Mit Racheakten sei immer zu rechnen. Zudem dürfe man nicht vergessen, dass momentan noch Dutzende weiterer Opfer der Blasphemiegesetze in pakistanischen Gefängnissen einsäßen und auf ein Gerichtsurteil warteten. „Auch hier müsste man sich noch viel stärker einsetzen. Religionsfreiheit muss auf jeden Fall weiterhin auf der Tagesordnung der Politik bleiben.“

Christen in Pakistan weiterhin in großer Gefahr

Asia Bibi ist die erste katholische Frau, die in Pakistan wegen Gotteslästerung angeklagt und zum Tode verurteilt wurde. Ihr wurde vorgeworfen, den Propheten Mohammed beleidigt zu haben. Nach der Verurteilung im Jahr 2010 wurde das Todesurteil 2014 bestätigt, im Jahr darauf jedoch vorläufig ausgesetzt.

Im islamisch geprägten Pakistan gilt Blasphemie als Verbrechen, das mit der Todesstrafe geahndet wird. Die Auslegung des Begriffs fällt in der Praxis jedoch oft sehr weit aus. So gelten bereits abfällige Äußerungen zum Islam oder dem Koran und dem Propheten Mohammed als blasphemisch. Kritiker erheben immer wieder den Vorwurf, die Blasphemiegesetze würden ausgenutzt, um persönlichen Feinden zu schaden.

DT/mlu

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