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Nach Gutachten: ZdK kritisiert „Fehlverhalten“ Benedikts

Die ZdK-Vorsitzende Stetter-Karp äußert sich kritisch zum Verhalten des emeritierten Papstes und von Kardinal Marx. Auch Jesuit Zollner spricht von möglicher Neubewertung des Pontifikats.
Papst-Benedikt-Statue in Altötting
Foto: Peter Kneffel (dpa) | Eine Figur des emeritierten Papstes Benedikt XVI. hängt an einer Fassade am Kapellenplatz in Altötting. Benedikt habe Missbrauchstäter im Priesteramt belassen und immer wieder versetzt, beklagt Stetter-Karp.

Nach der Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachtens hat die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, mit deutlichen Worten Konsequenzen gefordert – und auch das Verhalten des emeritierten Papstes Benedikt XVI. kritisiert. 

Das am Donnerstag von der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl vorgestellte Gutachten erhalte „klare Hinweise“ darauf, dass Benedikt XVI. in seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising in vier Fällen ein Fehlverhalten nachzuweisen sei, betonte Stetter-Karp in einer am Donnerstagnachmittag veröffentlichten Stellungnahme. Der emeritierte Papst habe Missbrauchstäter im Priesteramt belassen und immer wieder versetzt. Dass Benedikt in einer Stellungnahme vom 14. Dezember 2021 offenbar nach wie vor kein Fehlverhalten einräume, sei „erschreckend“, so die ZdK-Präsidentin.

Stetter-Karp: Kirche hat systemische Problem

Auch mit dem Münchner Kardinal und Erzbischof Reinhard Marx geht Stetter-Karp ins Gericht. Dass diesem offenbar nur in zwei Fällen ein fehlerhaftes Verhalten nachgewiesen werde, mache die drängende Frage nach den Konsequenzen aus dem Gutachten nicht unwichtiger: „Es ist klar, dass die katholische Kirche ein systemisches Problem hat. Sie muss sich endlich dieser Wahrheit stellen.“ Zum wiederholten Mal zeige sich, dass Verantwortliche in der katholischen Kirche ihre Verantwortung nicht wahrgenommen hätten. „Wann folgen endlich Konsequenzen, die der dramatischen Lage gerecht werden?“

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Den Synodalen Weg sieht Stetter-Karp daher wenige Wochen vor der dritten Synodalversammlung an einem Scheideweg: Es brauche „klare Voten für ein Ende des Machtmissbrauchs – gerade auch von Bischöfen“. Zudem sei es höchste Zeit, „dass Betroffene zu Beteiligten gemacht werden“.

Indes bemerkte der Jesuitenpater und Kinderschutzexperte Hans Zollner, das nun veröffentlichte Gutachten lasse eine Neubewertung des Pontifikats des emeritierten Papstes notwendig werden. Im Interview mit „BR24 Extra“ erklärte Zollner, für die Kirche und alle Menschen, die Benedikt schätzten, sei es wichtig, dass dieser, sollte er Fehler gemacht haben, diese auch benenne. „Es wäre wichtig, dass Papst Benedikt sich entschuldigt“, so Zollner, Mitglied in der Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen ist.

Overbeck: Benedikt muss sich zu Gutachten "verhalten"

Gleichzeitig äußerte sich Zollner positiv zur Präventionsarbeit zu sexuellem Missbrauch, die die katholische Kirche seit einiger Zeit leiste. In den letzten Jahren sei viel passiert, man könne Menschen jedoch nur schulen, wenn man sich die „Fehler und Verbrechen der Vergangenheit“ anschaue. Er räumte aber auch ein, dass für viele in der Kirchenleitung, aber nicht nur dort, das Ansehen der Kirche eine höhere Priorität habe als Würde, Respekt und Zuwendung zu den Geschädigten. 

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck forderte den emeritierten Papst auf, sich zu den Ergebnissen des Münchner Gutachtens „zu verhalten“. In einer ZDF-Sondersendung zur Veröffentlichung des Missbrauchsgutachten betonte er, dass nun Verantwortung übernommen werden müsse. Diese sei „immer personal“. Auch im Erzbistum München-Freising müsse man Konsequenzen ziehen. 

In dem am Donnerstag vorgestellten Gutachten werfen die Anwälte dem derzeitigen Münchener Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, Fehlverhalten in zwei Fällen vor. Sie halten ihm vor, sich lange nicht persönlich um Missbrauchsfälle gekümmert und in erster Linie dem Generalvikar sowie dem Ordinariat überlassen zu haben. Erst ab 2018 habe sich dies geändert.

Auch dem emeritierten Papst wirft die Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl konkret in vier Fällen Pflichtwidrigkeiten vor. Darunter befindet sich der Fall eines Essener Pfarrers, der sich des Missbrauchs schuldig gemacht hatte und dann nach München versetzt wurde, um sich dort einer Therapie zu unterziehen. In München beging er weitere Missbrauchstaten und wurde mehrfach versetzt.

Der Fall schlägt seit Wochen hohe Wellen in den Medien und nimmt eine Sonderstellung im Gutachten ein. Es enthält eine umfangreiche Stellungnahme Benedikts, der stets dementiert hatte, über die Untaten des Geistlichen informiert gewesen zu sein.  DT/mlu

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