Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kommentar um "5 vor 12"

Das Heilige Jahr als ökumenische Chance

Die Vorbereitungen des Heiligen Jahres 2025 sind eine Chance, die Kirche in den Augen der Öffentlichkeit zu profilieren. Und auch im Hinblick auf die Ökumene eröffnet sich Spielraum.
Papst spendet Segen «Urbi et Orbi» zu Weihnachten
Foto: Gregorio Borgia (AP) | Es gehört zur Paradoxie des Pontifikats von Papst Franziskus, dass der auf viele so unorthodox wirkende Papst gerade im katholisch-orthodoxen Dialog sehr erfolgreich arbeitet.

Der Päpstliche Rat zur Förderung der Neuevangelisierung tritt öffentlich selten in Erscheinung. Nun bekommt er eine Mammutaufgabe und zugleich eine Chance, die katholische Kirche in den Augen der Öffentlichkeit zu profilieren.

Kontinuität zwischen Franziskus und seinen Vorgängern demonstrieren

Denn der Auftrag des Papstes, das Heilige Jahr 2025 vorzubereiten, wirkt auf den ersten Blick zwar wie ein Teil der römischen Routine: Alle 25 Jahre feiert die Kirche ein Heiliges Jahr, darin hat der Vatikan langjährige Übung. Doch vor einem Vierteljahrhundert – der Neuevangelisierungsrat wurde erst 2010 von Benedikt XVI. ins Leben gerufen – segelte das Schiff der Kirche im Pontifikat Johannes Pauls II. bei relativer Windstille durch das Jubeljahr. Die Missbrauchskrise hatte bis dahin erst vereinzelt Schlagzeilen gemacht. Und den verfolgten Christen hofften die Bischöfe noch, durch interreligiöse Dialoge beispringen zu können. Auch der Begriff Neuevangelisierung selbst war eindeutig besetzt und nicht durch Strukturdebatten verunklart.

Lesen Sie auch:

Gut 20 Jahre später ist die katholische Kirche innerlich viel fragiler und teilweise auch nüchterner geworden. Das Leitmotiv Neuevangelisierung wäre zweifellos glücklich gewählt, um die immer häufiger angezweifelte Kontinuität zwischen den Pontifikaten von Franziskus und seinen Vorgängern zu demonstrieren. Zudem eröffnet sich der katholischen Kirche mit Blick auf das Heilige Jahr ein ökumenischer Spielraum: Denn 2025 steht auch auf der Agenda der orthodoxen Christen, die das Konzil von Nizäa vor 1700 Jahren würdigen. Das gemeinsame Glaubensbekenntnis wieder in den Fokus zu rücken, ist ein Kernauftrag der Ökumene.

Es gehört zur Paradoxie des Pontifikats von Papst Franziskus, dass der auf viele so unorthodox wirkende Papst gerade im katholisch-orthodoxen Dialog sehr erfolgreich arbeitet. Das Heilige Jahr wird dieses Spannungsverhältnis nicht lösen, kann Christen unterschiedlicher Kirchen aber an das gemeinsame Credo erinnern und Gelegenheit zur Selbstvergewisserung bieten.

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Regina Einig Bischof Credo Heiliges Jahr Johannes Paul II. Papst Franziskus Päpste

Weitere Artikel

Kirche

Eine Tagung in Stift Heiligenkreuz mit Erzbischof Georg Gänswein und Kardinal Kurt Koch befasste sich mit der Relevanz des Priestertums heute. 
18.04.2024, 13 Uhr
Leander Lott