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Miteinander vereinbar? 

Der Bischof hat als einziger in seiner Diözese entscheidendes Stimmrecht, während Priester und Laien zur Beratung dienen. Der Synodale Weg hebt Bischöfe und Laien bei Entscheidungsprozessen aber auf eine Stufe und läuft damit Gefahr, enttäuschende Erwartungen zu wecken.
Georg Bätzing und Thomas Sternberg
Foto: Julia Steinbrecht (KNA) | Bischof Georg Bätzing (l.), Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), und Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), leiten die Online-Konferenz des Synodalen Weges am 4.

Das Bischofsamt, seine Vollmachten, Aufgaben und seine Beziehung zum Papst war eines der beherrschenden und viel diskutierten Themen des Zweiten Vatikanischen Konzils. Im Verlauf der Debatten und Entscheidungen wurde nicht nur die Sakramentalität der Bischofsweihe definiert, sondern auch festgestellt: „Die Bischofsweihe überträgt mit dem Dienst der Heiligung auch die Dienste der Lehre und der Leitung, die jedoch ihrer Natur nach nur in der hierarchischen Gemeinschaft mit Haupt und Gliedern des Kollegiums ausgeübt werden können“ (LG 21). 

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Der Bischof hat die Ordnung der Kirche zu wahren

Die Wertschätzung für das Bischofsamt geht so weit, dass sie als „Stellvertreter und Gesandte (vicarii et legati) Christi“ (LG 27) in ihrer Diözese bezeichnet werden. Diese Aussage übernimmt das Kirchenrecht zwar nicht, stellt aber fest: „Die Bischöfe, die kraft göttlicher Einsetzung (ex divina institutione) durch den Heiligen Geist, der ihnen geschenkt ist, an die Stelle der Apostel treten, werden in der Kirche zu Hirten bestellt, um auch selbst Lehrer des Glaubens, Priester des heiligen Gottesdienstes und Diener der Leitung zu sein“ (can. 375 §1 CIC). 

Jedem Diözesanbischof „kommt in der ihm anvertrauten Diözese alle ordentliche, eigenberechtigte und unmittelbare Gewalt zu, die zur Ausübung seines Hirtendienstes erforderlich ist; ausgenommen ist, was von Rechts wegen oder aufgrund einer Anordnung des Papstes der höchsten oder einer anderen kirchlichen Autorität vorbehalten ist“ (can. 381 §1). Er hat in seinem Zuständigkeitsbereich die Ordnung der Kirche zu wahren und bleibt in seiner Diözese im Rahmen des universalen Rechts auch einziger Gesetzgeber (vgl. cann. 391-392 CIC). 

Alle Gläubigen tragen Verantwortung in der je eigenen Position

Dies schließt nicht aus, dass er sich bei der Gesetzgebung beraten lässt oder auch in bestimmten Fällen die Zustimmung Anderer einholen muss. Auch bei einer Diözesansynode bleibt der Bischof einziger Gesetzgeber, „während die anderen Teilnehmer der Synode nur beratendes Stimmrecht haben“ (can. 466 CIC). Das widerspricht nicht der gemeinsamen Verantwortung in der Kirche, in der alle Gläubigen, „gemäß der ihnen je eigenen Stellung zur Ausübung der Sendung berufen [sind], die Gott der Kirche zur Erfüllung in der Welt anvertraut hat“ (can. 204 §1; vgl. can. 208 CIC). Diese Verantwortung und Teilhabe ist gestuft zu verstehen. Den Bischöfen kommt in der communio des Volkes Gottes eine andere Verantwortung und Vollmacht zu, als den Priestern und den Laien. 

Die gestufte Verantwortung spiegelt sich auch in den Normen wieder, die der CIC im Hinblick auf eine Synode auf Ebene eines Landes aufstellt. An einem sogenannten Plenarkonzil nehmen nur die Bischöfe mit entscheidendem (beschließendem) Stimmrecht teil, die Priester und Laien aber mit beratendem Stimmrecht (vgl. c. 443 CIC). Beratung und Entscheidung sind daher innerhalb einer Synode zu unterscheiden. 

Von stimmiger Sichtweise auf Synodalität bleibt beim Synodalen Weg kaum etwas übrig

Dabei muss, wie die Internationale Theologenkommission in ihrem Dokument zur Synodalität feststellt, auf allen Ebenen der Kirche „zwischen dem Prozess der Erarbeitung einer Entscheidung (decision-making) durch gemeinsame Unterscheidung, Beratung und Zusammenarbeit und dem pastoralen Treffen einer Entscheidung (decision-taking) unterschieden werden. (… .) Die (… ) Entscheidung ist eine Verantwortung des Amtes“ (Nr. 69). 

Weder von dieser nuancierten, theologisch und kirchenrechtlich stimmigen Sichtweise von Synodalität, noch von dem im Sakrament begründeten Verständnis der Bischöfe, wie es das Zweite Vatikanische Konzil und der CIC beschreiben, bleibt in der Satzung des Synodalen Weges viel übrig. Im Gegenteil. 

Fragwürdige Gleichstellung von DBK und ZdK 

Der Synodale Weg wird gemeinsam von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und dem Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZdK) verantwortet und veranstaltet. Beide Organe werden auf die gleiche Stufe gestellt, was ekklesiologisch zu einer Schieflage führt. Diese Gleichstellung kommt nicht nur in der Besetzung der Synodalversammlung zum Ausdruck, sondern vor allem darin, dass sich DBK und ZdK das Präsidium des synodalen Weges teilen. Da diesem Synodenpräsidium im Hinblick auf die Durchführung und Gestaltung des Synodalen Weges erhebliche Vollmachten zugesprochen werden, ist das eine erstaunende Vorentscheidung, nicht nur – aber auch – aus kirchenrechtlicher Perspektive. 

In die gleiche Richtung weist auch eine andere Tatsache: Nach allgemeinem Kirchenrecht wäre es nicht nur Aufgabe der Bischofskonferenzen gewesen, ein Plenarkonzil als synodale Versammlung einzuberufen (vgl. can. 441, Nr. 1 CIC) und nicht gemeinsam mit dem ZdK zum synodalen Weg einzuladen, sondern auch seine Geschäftsordnung und die Beratungsgegenstände festzulegen (vgl. can. 441, Nr. 4). Die Geschäftsordnung wurde von der Synodenversammlung selbst verabschiedet, die Satzung gleichberechtigt von DBK und ZdK.

Unterscheidung des Stimmrechts beim Synodalen Weg aufgehoben

Dabei hat die Bischofskonferenzen nicht – wie bei der Würzburger Synode – um eine Approbation der Statuten durch den Heiligen Stuhl nachgesucht. Dadurch sind sie weder hoheitlich gesetztes noch autonomes Satzungsrecht und können – wie Heribert Hallermann festgestellt hat – nur als bloße zwischen DBK und ZdK vereinbarte Konventionalordnung ohne wirkliche Rechtswirkung im kirchlichen Bereich qualifiziert werden. 

Innerhalb der Versammlung des Synodalen Weges haben alle (Bischöfe, Priester und Laien) gleiches Stimmrecht (vgl. Satzung, Art 3 Nr. 2). Die vom allgemeinen Recht der Kirche vorgesehene Unterscheidung zwischen dem beschließendem Stimmrecht der Bischöfe und dem beratenden Stimmrecht der anderen Teilnehmer findet sich nicht. Im Gegenteil: Artikel 11 Nr. 2 der Statuten scheint eher ein demokratisches und nicht sakramentales Verständnis von Synodalität im Blick zu haben. Dort heißt es, dass die Beschlüsse der Synodalversammlung eine 2/3 Mehrheit der anwesenden Mitglieder erfordern, „die eine Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz enthält.“ Wie sich das konkret gestaltet, wird sich zeigen. 

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Soll Druck auf die Bischöfe ausgeübt werden?

Aus kirchenrechtlicher Perspektive ist zudem Nr. 5 des Artikels 11 verwunderlich. Dort heißt es: „Beschlüsse der Synodenversammlung entfalten aus sich keine Rechtswirkung. Die Vollmacht der Bischofskonferenzen und der einzelnen Diözesanbischöfe, im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit Rechtsnormen zu erlassen und ihr Lehramt auszuüben, bleibt durch die Beschlüsse unberührt.“ 

Es sei einmal dahingestellt, dass die Bischofskonferenzen nur eine geringe Lehrautorität und Gesetzgebungskompetenz hat. Im Hinblick auf die Freiheit der Diözesanbischöfe bei der Umsetzung der Beschlüsse stellt sich aber die Frage, wie weit diese Freiheit wirklich gewährleistet ist, zumal Art. 13 der Statuten drei Jahre nach Abschluss des Synodalen Weges eine „Evaluation der Umsetzung der Ergebnisse“ vorsieht. Dient diese Evaluation dazu, Druck aufzubauen? Und wie wird sie sich das auf die Beschlüsse auswirken, die nach Art. 12 Nr. 2 der Statuten – mangels Zuständigkeit der Kirche in Deutschland – als Voten an den Heiligen Stuhl geschickt werden? 

Weg in die Enttäuschung statt Erneuerung des Glaubens

Diese und viele andere Fragen bleiben offen. Die Entscheidung, beim Synodalen Weg in Deutschland ein neues Modell der Synodalität ins Leben zu rufen, und nicht auf die im Kirchenrecht bewährte Erfahrung der Kirche zu setzen, bleibt ein Wagnis mit offenem Ausgang. Die unsichere Rechtslage und die Weite der zu behandelnden Themen lassen befürchten, dass der Synodale Weg nicht zu einer Erneuerung des Glaubenslebens führt, sondern in die Enttäuschung, und dass das Bischofsamt dabei Schaden nimmt. 

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