Heiligenkreuz im Wienerwald

Eine volle Kirche mit jungen Menschen

Die Jugendvigil im Stift Heiligenkreuz. Was wird da gemacht?
Jugendvigilien im Stift Heiligenkreuz
Foto: Stift Heiligenkreuz | Die Jugendvigilien geben Raum für Gebet und Begegnung.

Sie ist eine feste Institution: die Jugendvigil im Stift Heiligenkreuz. Jugendvigil ist jeden ersten Freitag im Monat (Herz-Jesu-Freitag) ab 20.15 Uhr in der Kreuzkirche in Heiligenkreuz (seit Corona findet sie in der Abteikirche statt, da dort Abstandsregeln besser eingehalten werden können). Mittlerweile gibt es auch in unseren Prioraten in Stiepel und in Neuzelle Jugendvigilien!

Was ist die Jugendvigil? Die Jugendvigil ist eine Gebetsfeier (keine Messe!) von den Mönchen von Stift Heiligenkreuz gemeinsam mit jungen Leuten. Wir Mönche beten und laden Jugendliche dazu ein. Die Jugendlichen kommen gerne. Was tun wir? Beten: Lobpreis, Bittgebet, Dankgebet, Rosenkranz, eucharistische Anbetung ...

Wie läuft die Jugendvigil ab? Die Kirche ist voll mit Jugendlichen, etwa 200 bis 300 kommen jedes Mal – allein das ist schon ein Erlebnis für die jungen Christen, die in ihren Pfarreien oft alleine sind. Da sehen sie: ich bin nicht alleine. Es gibt noch andere, die gläubig sind. Gemeinschaft stärkt. Die ganze Zeit über ist Beichtgelegenheit bei mehreren Priestern. Jedes Mal wird auf die Beichtmöglichkeit hingewiesen und erklärt, worum es da geht („Mini-Beicht-Katechese“). Vor den Beichtstühlen stehen regelmäßig Warteschlangen.

Ruhige und geistig dichte Atmosphäre

Lesen Sie auch:

Bevor es losgeht, sind Einsingen und Einstimmung mit der Band und dem Jugendseelsorger. Die Lieder, die gesungen werden, werden eingeübt – gute Musik ist wichtig! –, es wird in Erinnerung gerufen, worum es beim Beten geht und wie man gut beten kann („Mini-Gebets-Katechese“), gelacht wird auch, dann aber werden Konzentration und Stille eingeübt, um in gesammelte Gebetsatmosphäre zu kommen. Es beginnt damit, dass die Choralschola zur Eröffnung ein Stück singt: Lateinischen Gregorianischen Choral finden die Jugendlichen cool und er schafft eine besondere geistlich-dichte Emotion. Mit der Kreuzreliquie geht es in Prozession, nur mit brennenden Kerzen in den Händen, durch einen engen Stiegenabgang hinunter die mittelalterliche Abteikirche. Dort werden stimmungsvolle, ruhige Lieder gesungen, bis alle beisammen sind. Nach einer kurzen Einführung (noch einmal: „Mini-Gebets-Katechese“) beten wir ein Gesätzchen vom Rosenkranz und gehen dabei durch den frühgotischen Kreuzgang des Klosters. Beim großen Kreuz angekommen, liest einer der jungen Mönche eine Geschichte vor. Die Geschichte greift eine Lebenssituation junger Menschen heute auf und deutet sie im Licht des Glaubens (Bezug des Glaubens zur Lebenswelt der Jugendlichen). Mit Liedern geht es wieder zurück in die Kreuzkirche, wo dann das Evangelium verkündet und die Predigt gehalten wird. Zur Predigt sind in der Regel junge Priester mit Predigttalent eingeladen. Die Predigt soll kurz aber kräftig, ermutigend und lebendig sein. Selten, aber doch manchmal, laden wir auch Nicht-Priester zu einem Glaubenszeugnis sein.

Lesen Sie auch:

Nach der Predigt wird das Allerheiligste ausgesetzt und die Jugendlichen beten gemeinsam mit den Mönchen Jesus an. Auch hier wird immer implizit eine „Mini-Eucharistie-Katechese“ eingefügt. Zuerst ist eine Zeit der Stille, dann können Bitten oder Dank laut ausgesprochen werden. Es folgen der eucharistisch Segen, das Vaterunser, Ansagen und Einladungen von Jugendlichen zu Jugendveranstaltungen anderswo und ein Marienlied. Ausklang ist danach im Jugendraum (seit Corona im Innenhof!) mit Brezeln und Apfelsaft. Manche bleiben dann noch über Nacht im Kloster. Das ist für Jugendliche bei uns ganz unkompliziert in der Jugendherberge möglich. Am Samstag gibt es dann noch ein weiteres Vertiefungsangebot für alle, die mehr wollen. Die Gruppe der „Brennenden Herzen“ wird von Mönchen betreut: es gibt eine gute Katechese, Austausch, Vertiefung, Lobpreis und Gebet bis zum Samstagmittag.

„Es ist wichtig, dass die Jungen einmal unbeobachtet
und unter sich sind“

Wer ist zur Jugendvigil eingeladen? Die Jugendvigil ist für Jugendliche ab der Firmung bis 35. Jahre! Firmgruppen dürfen nur kommen, wenn sie eine Erlaubnis dazu haben, weil wir wollen, dass die Jugendlichen freiwillig kommen und sich bewusst auf das Gebet einlassen. Jugendliche, die im Rahmen der Firmvorbereitung verpflichtet kommen, sind oft nicht besonders motiviert und dann auch nicht gut für die Stimmung. Deshalb: ab der Firmung herzlich willkommen! Leute, die älter als 35 sind, haben in der Kirche ohnehin eine Fülle von Angeboten. Es ist wichtig, dass die Jungen einmal unbeobachtet und unter sich sind und so Kirche und Glaube erleben können. Für über 35-Jährige, die als Begleiter und Chauffeure kommen, gibt es ein Parallelangebot in der Katharinenkapelle. Priester und Ordensleute sind immer willkommen – auch wenn sie schon älter sind!

Die Zeugnisse der jungen Leute sind bewegend: Jeder geht gestärkt in seinem Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe nach Hause. Bei der Jugendvigil haben schon viele den Impuls einer möglichen geistlichen Berufung gespürt. Es haben sich bei der Jugendvigil Burschen in Mädchen verliebt und umgekehrt und so manche Ehe und Familie, die heute glücklich ist, hat bei der Jugendvigil ihren Anfang oder Vertiefung bekommen.

Die Jugendvigil ist eine Möglichkeit für junge Leute, Kirche und Glauben authentisch und überzeugend und vor allem mit anderen jungen Menschen zu erleben, Gott und Jesus kennen und lieben zu lernen und Mut zu finden, ihren Weg als Christen in unserer Zeit zu gehen. Wer jung ist und es kennen lernen will, für den gibt es nur eine Möglichkeit: komm? und sieh?!


Pater Johannes Paul Chavanne ist Dozent für Liturgiewissenschaft an der Hochschule Heiligenkreuz und Jugendseelsorger des Stiftes. 

 

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Johannes Paul Chavanne Christen Geistliche und Priester Gregorianischer Gesang Johannes Paul Katechese Kirchen und Hauptorganisationen einzelner Religionen Klöster Mönche Predigten

Weitere Artikel

Seit dem ersten Pfingsten der Kirchengeschichte ist für Christen die Schonfrist vorbei.
04.06.2023, 09 Uhr
Franziska Harter
Mönch und zugleich Graf: Gregor Henckel Donnersmarck über das Leben zwischen Armut und Reichtum und über die Aufgabe des Adels heute. Zweiter Teil der Artikelserie „Adel & Glaube“.
28.08.2022, 15 Uhr
Veronika Wetzel

Kirche

Vor 1300 Jahren fällte der heilige Bonifatius in Hessen die Donareiche.
06.06.2023, 19 Uhr
Michael Karger
Rom sorgt für erstaunliche Meldungen. Die jüngste betrifft die Versetzung des ehemaligen Papstsekretärs als „Privatmann“ nach Freiburg.
04.06.2023, 11 Uhr
Guido Horst
Die ZdK-Vorsitzende sorgt sich um die Zukunft der deutschen Kirchenreform. Doch „wortbrüchig“ sind nicht die Bischöfe, sondern diejenigen, die ihre Vollmacht nun nicht mehr anerkennen wollen.
02.06.2023, 11 Uhr
Jakob Ranke
Abbé Thomas Diradourian spricht mit der „Tagespost“ über die Zukunft der Gemeinschaft Saint Martin in Deutschland.
02.06.2023, 16 Uhr
Manuel Hoppermann
Zwei Ratzinger-Preisträger und fundierte Experten beleuchten einen blinden Fleck der modernen Theologie: den Zorn Gottes.
06.06.2023, 08 Uhr
Vorabmeldung