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Frankreichs Katholiken sind selbstbewusster geworden

Wie Laien in Frankreich die Kirche reformieren und was wir davon lernen können.
"Manif pour tous" (Demo für alle) hat hunderttausende 2014 auf die Straßen gebracht
Foto: dpa | Viele Katholiken setzten sich für den Schutz der traditionellen Ehe von Mann und Frau ein.

Menschlich betrachtet einfacher ist die Situation im französischen Nachbarland sicher nicht: Kirchensteuer ist hier ein Fremdwort. Über Jahrzehnte hinweg hat der staatliche Laizismus die Kirche aus dem öffentlichen Raum beinahe verschwinden lassen. Doch spätestens seit der „Manif pour tous“ (Demo für alle) 2012 hat der französische Katholizismus neues Selbstbewusstsein gewonnen: die Zeiten, in denen sich die französischen Katholiken hinter die Grenzen eines Kulturchristentums zurückgezogen haben, sind einem neuen Frühling der Evangelisierung gewichen.

Evangelisierung quer durch alle Schichten

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Bei katholischen Laien, vor allem auch bei jungen Menschen, hat sich die entscheidende Erkenntnis Bahn gebrochen: Wir dürfen nichts unversucht lassen, die schönste, zutiefst glückbringende Botschaft, die existiert, mit den Menschen unserer Zeit zu teilen. Die Zahl der von Initiativen zur Neuevangelisierung im digitalen Raum sowie in der realen Welt schießt stetig nach oben: in Diakonie und Arbeitswelt, Politik und Gesellschaft, Kunst und Kultur, durch die Medien und im öffentlichen Raum. Evangelisierung quer durch alle Schichten, Lebensbereiche und Altersgruppen.

Das Evangelium zu verkünden, bedarf keiner finanzielle Zuschüsse oder  Weihen

Erlebbar werden diese Aufbrüche beim „Congres Mission“, der seit 2015 jedes Jahr am letzten Septemberwochenende stattfindet – ein wahres Fest der Neuevangelisierung. Das dreitägige Programm beinhaltet nicht nur Vorträge und Diskussionsrunden mit prominenten Rednern aus Kirche und Gesellschaft, sondern legt den Fokus auf das Handeln: in weit über 100 Workshops bieten die teilnehmenden Organisationen einen praktischen Einblick in ihre jeweilige Arbeit. Auch kurze Trainingseinheiten stehen für die Teilnehmer zur Auswahl, von der Gemeindemission über Medientraining hin zur Nutzung digitaler Werkzeuge. Das „Dorf der Initiativen“ bietet mit Dutzenden Ständen ein breites Panorama der unterschiedlichsten missionarischen Aktivitäten. 7 000 Teilnehmer wurden erwartet, aufgrund von Corona musste die Teilnehmerzahl stark reduziert werden. Der Pariser Erzbischof Michel Aupetit sowie der bekannte Philosoph Alain Finkielkraut sind dieses Jahr unter den Teilnehmern.

Anstatt danach zu fragen, wer in der Kirche was (nicht) darf, gibt die französische Unverfrorenheit auf dem Congres Mission eine überzeugende Antwort auf den Ruf Jesu, Seine Botschaft immer wieder neu an die Ränder der menschlichen Existenz zu tragen: Wer dafür brennt, seine Mitmenschen für Jesus zu begeistern, wartet damit weder auf finanzielle Zuschüsse, noch auf Weihe. Nur mit dem entschiedenen, großzügigen und innovativen Einsatz der Laien kann die Kirche ihre Sendung erfüllen.


Die Autorin lebt seit 2014 in Frankreich und ist dort in verschiedene Projekte zur Neuevangelisierung involviert.

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