Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kommentar zu den Landtagswahlen in Bayern und Hessen

Wird die Ampel vom Stromnetz abgeschaltet?

Die Verliererin dieser Landtagswahlen ist die Ampel. Besonders schlimm trifft es die SPD. Die Union hält den Status quo. Gewinnerin aber ist die AfD.
Landtagswahl Hessen, Nancy Faeser
Foto: IMAGO (www.imago-images.de) | Die SPD, im Bild die hessische Spitzenkandidatin Nancy Faeser, wird sich einmal die Frage stellen müssen, ob das Datum ihres vermeintlich großen Sieges nicht den Anfang der letzten Dekade in ihrer Geschichte ...

Richtig gestrahlt hat die Ampel noch nie, aber nun droht ihr, dass sie vom Stromnetz abgeschaltet wird. Ohne die Energiezufuhr vom Wähler, dem Souverän in unserer Demokratie, kann keine Regierung überleben. Zwei Jahre nach der letzten Bundestagswahl haben nun die Bürger in Bayern und Hessen der Bundesregierung mehr als ein bloßes Zwischenzeugnis ausgestellt. Mit ihrem Votum haben die Wähler endgültig die hochtrabenden Ambitionen von SPD, Grünen und FDP durchkreuzt, eine Art neues Deutschland zu schaffen. 

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Das rote Licht flackert nur noch unregelmäßig, das gelbe ist fast verloschen, alleine die Grünen leuchten noch. Die Ampel ist kein Modell für ganz Deutschland. Anders als früher bei Rot-Gelb, Schwarz-Gelb oder eben auch Rot-Grün geht von dieser Konstellation kein Zauber aus, der auch auf die Bundesländer ausstrahlt. 

Deutliche Mehrheit rechts von SPD und Grünen

Die SPD, die große Verliererin, wird sich einmal die Frage stellen müssen, ob das Datum ihres vermeintlich großen Sieges nicht den Anfang der letzten Dekade in ihrer Geschichte eingeläutet hat. Als Juniorpartnerin in der Großen Koalition ging es ihr besser. Nun stellt sie zwar den Kanzler, aber es gelingt ihr nicht ansatzweise, eine Idee davon zu entwickeln, was sozialdemokratische Politik eigentlich heute heißen könnte. Stattdessen hängt sie am Gängelband der Grünen.

Die sind es denn auch, die einigermaßen stabil das tatsächliche Stammklientel der Ampel hinter sich vereinen. Die gut 15 Prozent in Bayern und Hessen für sie, das sind diejenigen, für die gilt: einmal Ampelmännchen, immer Ampelmännchen. 

Aber der Rest? Es gibt eine deutliche Mehrheit rechts von SPD und Grünen. Das kann die Union aber nicht freuen. Denn dieses Potential greift sie nicht alleine ab. Die AfD ist in Bayern trotz ihres starken Mitbewerbers um Proteststimmen, den Freien Wählern, klar gewachsen. Und auch in Wiesbaden werden starke Blaue ins Parlament einziehen. Das AfD-Hoch ist, wenn auch in anderer Größenordnung, kein rein ostdeutsches Phänomen.

Protestieren, ohne sich schämen zu müssen

Das Problem der Union: Wollte sie wirklich dieses gesamte Spektrum rechts der Mitte abgreifen, würde sie ihre Siegesposition, die sie jetzt in Bayern und Hessen erreicht hat, gefährden. Die Union gewann, weil sie gegen die Ampel steht, aber auch weil sie eben nicht Protest-, sondern solide Status-quo-Partei ist. Bei ihr kann man protestieren, ohne sich später schämen zu müssen. Das zeigt die große staatspolitische Aufgabe für die Union. Auch wenn so eine Position zwar nicht unbedingt sexy ist, sondern langweilig, sie sorgt für Stabilität. Wenn das nicht konservativ ist?

Schließlich: Die Ampel wird abgelehnt wegen ihrer Fehler in der Energie- und Migrationspolitik. Ihre gesellschaftspolitischen Ambitionen, ihr Kampf gegen christliche Anthropologie und die klassische Familie, spielen kaum eine Rolle. Die meisten Wähler halten dies wohl eher für „Gedöns“. Und wundern sich höchstens, warum solche Fragen angesichts der für sie greifbaren Krisen immer noch so viel Aufmerksamkeit bekommen. Die Menschen sehen sich in keinem Kulturkampf. Christen, die diese Themen aber besonders umtreiben müssen, können sich trotz der desaströsen Entwicklung für die Ampel nicht entspannt zurücklehnen. Ihre Aufgabe wird es sein, dafür zu sorgen, dass die Öffentlichkeit erkennt, wie relevant die „Ökologie des Menschen“ für unsere Zukunft ist.

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