Nach Ansicht des Politikwissenschaftlers und USA-Experten Josef Braml übt der ehemalige US-Präsident Donald Trump noch immer großen Einfluss auf seine Partei, die Republikaner, aus. Gut eine Woche vor den wegweisenden Kongresswahlen betont Braml im Gespräch mit der „Tagespost“, dass sich kaum ein republikanischer Politiker traue, sich offen gegen Trump zu positionieren.
"Jeder fürchtet den Zorn Trumps"
Wörtlich meint Braml: „Jeder fürchtet den Zorn Trumps.“ Der 54-Jährige verweist auf den Fall der langjährigen Abgeordneten Elizabeth Cheney, die stets mit großen Abständen die Wahlen um einen Sitz im Repräsentantenhaus gewonnen hatte. „Jetzt ist sie in den Vorwahlen rausgekegelt worden, nur weil sie sich gegen Trump gestellt hat.“
Den Einfluss des Ex-Präsidenten könne man auch daran erkennen, „dass sich der aussichtsreichste Republikaner nach Trump, Floridas Gouverneur Ron DeSantis, nicht traut, seine Kandidatur bekanntzugeben“. DeSantis werde wohl nur seinen Hut in den Ring werfen, „wenn Trump wirklich sagen sollte, ich trete nicht an“. Dass Trump sich 2024 noch einmal um das Präsidentenamt bewerben werde, hält Braml für „wahrscheinlicher als das Gegenteil".
Gleichzeitig macht Braml im republikanischen Bewerberfeld für die am 8. November anstehenden Kongresswahlen auch Schwachstellen aus, insbesondere was die von Trump unterstützten Kandidaten für die Senatswahlen betrifft. Dort könnten Trumps Interventionen die Republikaner eine mögliche Mehrheit kosten, da sich eine „diversere Wählerschaft in den meisten Einzelstaaten“ meist für gemäßigtere Kandidaten in der politischen Mitte entscheide. „Trump hat schon einmal dafür gesorgt, dass die Republikaner bei Nachwahlen den Senat verloren haben, da er die falschen Kandidaten unterstützte. Auch diesmal könnte es sein, dass republikanische Kandidaten nicht gewinnen, weil sie zu extrem sind oder zu wenig politisches Gewicht haben“, hebt Braml hervor.
Kritik an Bidens Wirtschaftspolitik
Kritisch sieht Braml, der Generalsekretär der Deutschen Gruppe der Denkfabrik Trilaterale Kommission ist, die bisherige Wirtschaftspolitik des amtierenden Präsidenten Joe Biden. Indem der Demokrat die Ölsanktionen forciert habe, habe er kurzsichtig gehandelt und die Inflation weiter angetrieben. Dies zwinge die US-Notenbank, die Gelddruckmaschine zu entschleunigen und die Zinsen zu erhöhen, „was im besten Fall zu einer Rezession führen wird, im schlimmsten Fall zu einem größeren Wirtschaftsgau“, befürchtet Braml. Dies helfe ironischerweise den Republikanern, „da man ihnen bei wirtschaftlichen Themen größere Kompetenzen zutraut“. DT/mlu
Warum sich Biden mit seiner Ukrainepolitik in der Heimat nicht profilieren kann und die Wähler den Demokraten in wirtschaftlichen Fragen die größere Kompetenz zusprechen, erfahren Sie in der kommenden Ausgabe der "Tagespost".