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Unions-Platzhirsche bremsen die jungen Konservativen

Das konservative Gesicht der CDU ist eher jung und auch oft weiblich. Das passt allerdings der mittleren Generation nicht ins Konzept.
Die ehemalige Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner
Foto: IMAGO (www.imago-images.de) | Die ehemalige Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, Jahrgang 1972, trug ihren Teil dazu bei, dass das Partei-Establishment sich durchsetzt.

„Bock auf Diskutieren“ – wenn man im Slang des engagierten Schülersprechers die ach so intensive neue Debattenkultur in der Union rund um ihr Grundsatzprogramm lobt, dann gilt so eine Formulierung als frech und flott. Zumindest im Parteiestablishment. Deswegen erntet Serap Güler, auch schon Anfang 40, mit solchen Aussagen im Talk auf der Bühne mit CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann Zustimmung. Dabei weiß man gar nicht, ob die Formel eher Ende der 80er oder vielleicht auch noch Anfang der 90er Jahre als cool galt. Jetzt schießt man bei der jungen Generation, die damals noch gar nicht auf der Welt war, wohl eher einen Bock.     

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Zu diesen tatsächlich jungen Delegierten zählt auch Lisa Schäfer. Sie hat schon in den vergangenen Monaten für ein breites Medienecho gesorgt. Die Hessin ist nämlich jung, weiblich – bis hierhin würde das Establishment noch freundlich nicken – und dezidiert konservativ. Und das zeigt sich vor allem an ihrem frauenpolitischen Engagement. Seit den Zeiten von Rita Süssmuth gilt aber dieses Politikfeld als Erbhof des liberalen Flügels. Süssmuth, die am Montag feierlich als Ehrengast im Plenum begrüßt wurde, hat für viele Christdemokraten Ikonen-Status. Für die „Generation Laschet plus“ gilt sie wahrscheinlich als Inbegriff einer emanzipierten Christdemokratin. Unvergessen der Ausspruch von Jürgen Habermas, der einst auf die Frage, was denn von 1968 übriggeblieben sei, den Namen der damaligen Bundestagspräsidentin nannte. Aber diese Zeiten scheinen für junge Frauen wie Schäfer so weit weg wie der Dreißigjährige Krieg. 

Eine 23-Jährige streitet gegen die Gleichmacherei

Am Dienstagmorgen steht die 23-Jährige vor dem Plenum und streitet gegen die Gleichmacherei. Damit greift sie eine Debatte auf, von der das Parteiestablishment gehofft hatte, dass sie begraben sei. Gleichstellung oder Gleichberechtigung – was ist der richtig Begriff, um das gewünschte Verhältnis zwischen den Geschlechtern zu formulieren? Schon vor zwei Jahren war erbittert beim Parteitag in Hannover über die Frage gestritten worden. Schon damals hatten Lisa Schäfer und ihre Mitstreiterinnen gegen das Wort von der „Gleichstellung“ gekämpft.  Aber der liberale Flügel hatte schließlich gesiegt. Und so steht nun auch „Gleichstellung“ in der sogenannten Grundwertecharta, die dem neuen Programm als eine Art Vorwort vorgeschaltet ist. 

Aber Schäfer ließ sich nicht so schnell unterkriegen. Heute meldete sie sich wieder zu Wort. Und zwar deutlich: Gleichstellung, das zeuge von Gleichmacherei, das sei letztlich sozialistisch. Deswegen solle diese Formulierung dort nicht stehen bleiben. In dem Programm stehe schließlich die „Freiheit“ im Mittelpunkt, da müsse so ein „Schönheitsfehler“ beseitigt werden. Schäfer wird in der Debatte von Sarah Beckhoff sekundiert sie stammt aus Dortmund und sitzt im JU-Bundesvorstand.

Julia Klöckner schlägt zurück

Aber das Imperium schlägt zurück. Julia Klöckner geht in die Bütt. Die ehemalige Bundeslandwirtschaftsministerin, Jahrgang 1972, weist die junge Frau im Ton der Oberlehrerin scharf zurecht – „Leute, Leute“ ruft sie mit aufgesetzter Fassungslosigkeit. Ob das denn konservativ sei, einen bereits getroffenen Parteitagsbeschluss wieder in Frage zu stellen. Und dann die Abstimmung: Schäfers Änderungswunsch wird abgeschmettert. Der Status quo siegt, auch irgendwie konservativ. Aber wie war das mit „Bock auf Diskutieren“?

Lesen Sie weitere Hintergründe zum CDU-Parteitag in der kommenden Ausgabe der "Tagespost".

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Sebastian Sasse CDU Julia Klöckner Jürgen Habermas Rita Süssmuth Serap Güler

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