Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump beabsichtigt, Nigeria wegen schwerer Verletzungen der Religionsfreiheit erneut als „Land von besonderer Bedeutung“ (Country of Particular Concern, CPC) einzustufen. Trump kündigte dies in sozialen Medien an und verwies auf Berichte über massive Übergriffe auf Christen. Die CPC-Kennzeichnung ist Teil des US-Gesetzes zur internationalen Religionsfreiheit von 1998. Sie kann diplomatische Schritte bis hin zu wirtschaftlichen Sanktionen nach sich ziehen; ob solche Maßnahmen ergriffen werden, ist bislang allerdings offen. In seinem Posting vom vergangenen Freitag schreibt Trump, die Einstufung sei noch „das Geringste“. Man sei bereit, willens und fähig, „unsere großartige christliche Bevölkerung rund um den Globus zu retten“.
Trump begründete den Schritt mit Verweisen auf die nigerianische NGO „International Society for Civil Liberties and Rule of Law“, wonach seit 2009 Zehntausende Christen getötet und zahlreiche Kirchen und Schulen zerstört worden seien. Andere Untersuchungen zeichnen jedoch ein komplexeres Bild: Neben religiös motivierten Gewalttaten spielen auch Konflikte zwischen Viehhirten und Bauern, kriminelle Banden, lokale Rivalitäten und extremistische Gruppen eine Rolle. Experten betonen, dass neben Christen auch viele Muslime Opfer der Gewalt werden, insbesondere im Norden.
Die nigerianische Regierung weist den Vorwurf einer gezielten Christenverfolgung zurück. Präsident Bola Ahmed Tinubu erklärte, Nigeria garantiere Religionsfreiheit und werbe für Toleranz. Die Sicherheitslage sei zwar ernst, aber kein gezielter Feldzug gegen eine einzelne Glaubensgemeinschaft. Das Außenministerium versicherte, alle Bürger unabhängig von Religion oder Herkunft zu schützen.
52.000 Christen getötet?
Nigeria war 2020 bereits einmal auf die US-CPC-Liste gesetzt worden; 2023 wurde die Einstufung aufgehoben. Eine erneute Einstufung eröffnete Washington formal die Möglichkeit zusätzlicher Maßnahmen. Ob und in welchem Umfang die USA Sanktionen verhängen, dürfte von politischen und strategischen Abwägungen abhängen.
Den Angaben der von Trump angeführten International Society for Civil Liberties and Rule of Law (2023) zufolge haben Islamisten wie Boko Haram und externe Terroristengruppen wie ISIS seit 2009 mehr als 52.000 Christen getötet, rund fünf Millionen Menschen vertrieben, rund 18.000 Kirchen zerstört und 2200 Schulen in Brand gesetzt.
Der „Bericht zur Religionsfreiheit 2025“ des Hilfswerks „Kirche in Not“ nennt Nigeria als Land mit gravierenden Verletzungen der Glaubensfreiheit. Er beschreibt ein komplexes Sicherheitsumfeld, in dem religiöse, ethnische und wirtschaftliche Konflikte ineinandergreifen und sowohl staatliche als auch nichtstaatliche Akteure beteiligt sind. Die Gewalt richtet sich demnach nicht exklusiv gegen eine Religionsgemeinschaft, sondern speist sich aus einer Vielzahl von Motiven – von Extremistengruppen über bewaffnete Milizen bis hin zu staatlichen Sicherheitslücken. (DT/jg)
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