Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Gewalt gegen Christen

Frankreichs Christen fühlen sich im Stich gelassen

In Frankreich nimmt die antichristliche Gewalt deutlich zu, doch offizielle Reaktionen bleiben selten. 85 Senatoren fordern deshalb besseren Schutz für Christen und ihre Kultstätten.
Antichristliches Graffito in Poissy
Foto: IMAGO/Sébastien Birden (www.imago-images.de) | Feindseliges Graffito auf einer Kirchenmauer in Poissy: "Jesus NTM", übersetzbar mit "Jesus, f* deine Mutter".

In den vergangenen Monaten verbreitet sich in Frankreich eine Welle antichristlicher Gewalt, die unter den Gläubigen ein wachsendes Gefühl der Verlassenheit erzeugt. Laut Polizei wurden in den ersten fünf Monaten 2025 bereits 322 antichristliche Vorfälle verzeichnet, 13 Prozent mehr als im Vorjahr. 2024 gab es 820 liturgische Diebstähle, nach 633 im Jahr 2022. Die Delikte reichen von Vandalismus und Brandstiftung bis zu Körperverletzungen. In der Region Landes wurden 27 Kirchen beschädigt, in Nizza ein Straßenkreuz entweiht und in Saint-Omer brannte die neugotische Kirche der Unbefleckten Empfängnis vollständig aus. Besonders erschütternd war der Mord an Ashur Sarnaya, einem 45-jährigen irakischen Christen im Rollstuhl, der vor Verfolgung aus seiner Heimat geflohen war und am 10. September während eines Livestreams vor seinem Wohnhaus ermordet wurde.

85 Senatoren, vorwiegend aus der Fraktion „Les Républicains“, veröffentlichten deshalb Ende September einen offenen Brief auf der Website „Boulevard Voltaire“. Darin üben sie Kritik an der ungleichen medialen Darstellung: Während antisemitische und antimuslimische Taten oft großes öffentliches Echo finden, bleiben Angriffe auf Christen vielfach unbeachtet. So verursachten Schweineköpfe vor Pariser Moscheen im Sommer 2025 Empörung, doch eine Brandstiftung an einer Marienstatue in Guingamp wurde kaum wahrgenommen: „Diese unterschiedliche Behandlung verstärkt bei vielen Gläubigen das Gefühl, dass bestimmte Opfer religiöser Gewalt mehr Beachtung finden als andere.“

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Die Senatoren stellen außerdem fest, dass der französische Staat im Kampf gegen Antisemitismus und antimuslimische Hassverbrechen Hotlines, Meldeportale und Unterstützungssysteme für Opfer eingerichtet hat. Für Christen hingegen gibt es keine vergleichbare Infrastruktur. Daher fordern sie die Einrichtung eines nationalen Meldesystems für antichristliche Vorfälle, das Opfern schnelle Anzeige- und Hilfsmöglichkeiten bietet.

Antichristliche Übergriffe nicht verharmlosen

Der Appell der Senatoren verurteilt jede Form von Versuch, Opfer religiöser Gewalt gegeneinander auszuspielen. Stattdessen betonen sie, dass der Schutz der Christen Teil einer umfassenden Verteidigung des nationalen Zusammenhalts ist. „Wenn eine Synagoge geschändet, eine Moschee angegriffen oder eine Kirche verwüstet wird, ist stets die gleiche grundlegende Freiheit bedroht.“ Dennoch beklagen die Senatoren, dass sich viele Christen zunehmend alleingelassen fühlen, da antichristliche Übergriffe in der öffentlichen Wahrnehmung oft verharmlost werden.

Auch strukturelle Entwicklungen tragen zum Problem bei: Viele der rund 40.000 französischen Kirchen bleiben aus Tradition offen, obwohl der Gottesdienstbesuch sinkt. Diese mangelnde Überwachung macht sie zu leichten Zielen für Vandalen und Brandstifter. Zudem fordern säkularistische Gruppen die Entfernung christlicher Symbole aus dem öffentlichen Raum. Organisationen wie „Libre Pensée“ oder „Ligue des droits de l’homme“ klagen regelmäßig gegen Statuen von Heiligen oder religiöse Darstellungen in Städten. Die Senatoren werten dies als „intellektuellen Hass“, der das gesellschaftliche Klima vergifte.

Vor diesem Hintergrund sei der Staat gefordert, seine Rolle als Garant der Religionsfreiheit ernst zu nehmen. Die Senatoren machen deutlich, dass sie keine Sonderrechte für Christen verlangen, sondern gleiche Rechte und Schutzmaßnahmen für alle Gläubigen. In einer Zeit, in der internationale Spannungen und gesellschaftliche Brüche die Solidarität herausfordern, solle Frankreich zeigen, dass es keinen Hass toleriere und allen Gläubigen die gleiche Sicherheit gewähre.

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