In einem großangelegten Beitrag für die heute erschienene ZEIT-Beilage „Christ und Welt“ fordert die Präsidentin des „Zentralkomitees der deutschen Katholiken“ (ZdK), Irme Stetter-Karp, allen Ernstes „sicherzustellen, dass der medizinische Eingriff eines Schwangerschaftsabbruch flächendeckend ermöglicht wird“. Das sei, beklagt Stetter-Karp in „Christ und Welt“ weiter, „derzeit nicht der Fall, weil insbesondere im ländlichen Raum – unabhängig von seiner konfessionellen Prägung – die gynäkologische Versorgung fehlt“. Und weiter: „Eine Reflexion darüber, wie das Angebot sichergestellt werden kann, steht an – was auch die Schulung von Ärzt*innen in der Ausbildung umfasst.“
Öffentliches Ärgernis, das keinen Vergleich scheuen muss
Dass die oberste Repräsentantin der deutschen Laienkatholizismus ernsthaft die Sicherstellung flächendeckender Abtreibungen fordert und eine Reflexion darüber anregt, wie man Ärzten beibringen könne, ungeborene Kinder im Mutterleib zu töten, ist ein handfester Skandal.
Im Kontext der letzten Tage ist es ein öffentliches Ärgernis, das keinen Vergleich scheuen muss: Da fordert das Europäische Parlament, ein „Recht auf Abtreibungen“ in die Grundrechtecharta der Europäischen Union aufzunehmen, da kündigt US-Präsident Joe Biden an, nach Möglichkeiten zu suchen, ein solches Recht in einem Bundesgesetz zu verankern, da schlägt Frankreichs Präsident, Emmanuel Macron, vor, es gar in die Verfassung aufnehmen lassen. Um es frei nach dem Hamburger Edel-Hip-Hopper Jan Delay zu sagen: „Und immer wenn Du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp her“.
Der Lack ist ab, Demission die einzig richtige Lösung
Liest man gesamten Text und nicht bloß dessen Schluss, glaubt man zu ahnen, was die ZdK-Präsidentin bewogen haben mag, sich vor der Ampelregierung derart in den Staub zu werfen. Denn macht die selbsternannte „Fortschrittskoalition“ ihren Plan wahr, vorgeburtliche Kindstötungen zum Bestandteil einer ordentlichen Gesundheitsversorgung von Frauen zu machen und deren Vornahme außerhalb des Strafgesetzbuches zu regeln, dann steht natürlich auch die Pflichtberatung und damit die Schwangerschaftsberatung katholischer Träger zur Disposition und vor dem Aus.
Dass die ZdK-Präsidentin dagegen etwas hat, kann man verstehen. Ein Grund zu fordern, ein „abscheuliches Verbrechen“ (II. Vatikanische Konzil) wie die Abtreibung müsse flächendeckend ermöglicht werden und „Ärzt*innen“ müsse beigebracht werden, wie sie es begehen können, ist das trotzdem nicht. Mit ihrer Positionierung hat Stetter-Karp das gesamte ZdK kompromittiert. Der Lack ist ab. Restlos. Eigentlich kann Stetter-Karp jetzt nur noch zurücktreten.
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.