Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Jahrestag des Hamas-Angriffs

Soll Israel sich etwa nicht verteidigen?

Heute ist das Undenkbare wieder Realität, sagt Gebetshausgründer Johannes Hartl: Juden sind in Deutschland nicht mehr sicher. Christen sieht er zu besonderer Loyalität verpflichtet.
Opfer des Nova Musikfestivals
Foto: IMAGO/Nir Alon (www.imago-images.de) | Auslöser des aktuellen Krieges: das Hamas-Massaker vom 07. Oktober 2023. Soldatinnen betrachten ein Plakat mit den Opfern des Nova Musikfestivals, das vor einem Jahr von Terroristen angegriffen wurde.

Drängt sich für Christen ein spezifischer Blickwinkel auf den Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 auf? Und wie sollten sich Katholiken zu all dem Leid im Nahen Osten verhalten? Papst Franziskus hat letztere Frage am gestrigen Sonntagabend vordergründig beantwortet: In der Marienbasilika Santa Maria Maggiore betete der Pontifex einen glorreichen Rosenkranz. Auch für den heutigen Jahrestag des Massakers hat Franziskus alle Katholiken zu einem Tag des Fastens und Betens um Frieden aufgerufen; der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Naher und Mittlerer Osten, Erzbischof Udo Bentz, fügte am heutigen Montag in einer Pressemitteilung die Bitte an die Gläubigen hinzu, mit besonderer Intensität für die noch gefangenen Geiseln, für die Menschen in Israel, Gaza, dem Westjordanland und im Libanon zu beten. Doch ist damit – gerade für deutsche Katholiken – schon alles gesagt?

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Der Gebetshausgründer Johannes Hartl hat sich im vergangenen Jahr häufiger zum Krieg im Nahen Osten geäußert. Auf Anfrage dieser Zeitung schreibt Hartl, Christen müssten mit den Leiden der Betroffenen auf beiden Seiten mitfühlen und für beide Seiten beten. „Als Bürger in einer freien, westlichen Gesellschaft müssen wir darüber hinaus aber Täter- und Opferseite klar unterscheiden“, so Hartl weiter. Während Israel grundsätzlich das Existenzrecht aller Palästinenser anerkenne, täten Hamas und Hisbollah genau das Gegenteil: Sie träumten von der Vernichtung aller Juden. Beides seien islamistische Organisationen, die neben Israel auch Feinde aller freien, westlichen Gesellschaften sind.

Wenn Juden sich wehrlos schlachten lassen, heißt es „nie wieder“

„Selbstverständlich“, so Hartl weiter, seien Christen „generell und Deutsche im Besonderen zu besonderer Loyalität gegenüber dem jüdischen Volk verpflichtet.“ Das stehe nicht im Gegensatz zur tiefen Solidarität mit Christen im Nahen Osten, die seit Jahrzehnten sowohl unter der Zunahme des Islamismus als auch unter Israels scharfem Vorgehen dagegen litten: „Allen Christen im Nahen Osten würde es bedeutend besser gehen, wenn Hamas und Hisbollah nicht mehr an der Macht wären.“

Was bedeutet das für uns? Wir sollten, schreibt Hartl, mit Juden solidarisch sein, die „um ihr Leben kämpfen“ – wie aktuell in Israel. Und in Deutschland sollten wir solidarisch mit Juden sein, die nicht mehr sicher leben können. Ihn persönlich habe die Erfahrung ernüchtert, wie verbreitet Antisemitismus in unserer Gesellschaft sei: „Meiner subjektiven Einschätzung nach haben der Großteil aller im Westen lebenden Muslime deutliche Ressentiments gegen Juden und eine extrem einseitige, nicht selten hasserfüllte Sicht auf den einzigen jüdischen Staat dieser Welt. Darüber hinaus gibt es in der ,postkolonialen’ Linken und von dort weit hinein in Universitäten und die Szene der Kulturschaffenden die eigenartige Überzeugung, die Welt würde ein besserer Ort, wenn Israel (oder der Westen) sich gegen islamistische Mörderbanden nicht verteidigen würde. Die Kombination aus beidem macht das vorher Undenkbare heute Realität: jüdischen Leben in Deutschland ist einmal mehr nicht sicher. Offenbar gilt nach wie vor: wenn Juden sich wehrlos schlachten lassen, gilt das ,nie wieder!’, wenn sie sich aber wehren, protestiert der freie Westen weltweit nicht gegen die Terroristen, sondern gegen Israel.“ DT/jra

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