Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kommentar um „5 vor 12“

Realitätsferne, brandgefährliche Sandkastenspiele

Donald Trump hört einfach nicht zu: Amerikas arabische Verbündete akzeptieren keine Massenumsiedlung der Palästinenser.
Donald Trump begrüßt Abdullah II. von Jordanien
Foto: IMAGO/Hu Yousong (www.imago-images.de) | Das sieht doch ganz nett aus: Donald Trump begrüßt den jordanischen König Abdullah II. im Weißen Haus. Ob der zu ihm durchdringt, ist aber fraglich.

Der König von Jordanien kann einem leid tun. Seit Jahren hält Abdullah II. mit erstaunlichem Engagement und ebensolchem Geschick sein Land aus allen Eskalationsspiralen des Orients heraus, wahrt den inneren Frieden wie auch den mit Israel – und dann setzt ausgerechnet der US-Präsident an, die mühsam aufgebaute Architektur in seinem Furor niederzureißen. Am Dienstag saß König Abdullah II., ein treuer Freund Amerikas, Donald Trump im Weißen Haus in Washington gegenüber, um ihm die Lage in Nahost zu erklären. Vergeblich!

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Trump hört einfach nicht zu. Abgesehen von den radikalen Teilen der Regierung Netanjahu sind in Nahost alle gegen seinen Plan, zwei Millionen Palästinenser aus dem Gazastreifen nach Ägypten und Jordanien „umzusiedeln“, also neuerlich zu vertreiben: die mit den USA eng verbundenen Regierungen in Kairo, Amman und Riad ebenso wie der NATO-Staat Türkei und die Betroffenen selbst. Der Preis einer solchen Massenvertreibung ist Trump offenbar nicht bewusst. Die Radikalisierung, die eine „Umsiedlung“ der verarmten und heimatverbundenen Palästinenser zweifellos mit sich brächte, würde nach Ägypten und Jordanien getragen und das stets fragile innere Gleichgewicht dieser Länder untergraben.

Wiederaufbau ohne Vertreibung

Humanitär hat sich König Abdullah stets für die Palästinenser engagiert, und er tut das auch jetzt, indem er 2.000 kranke Kinder in seinem Königreich aufnehmen will. Doch Hunderttausende oder gar Millionen würden das Haschemitische Königreich, das in Summe bereits Millionen palästinensische und syrische Flüchtlinge zu versorgen hat, völlig überfordern. Gemeinsam mit Ägypten und Saudi-Arabien will Abdullah II. nun einen eigenen Plan erarbeiten, für einen Wiederaufbau des Gazastreifens, aber auch um die eigene Stabilität zu wahren und ein neues Chaos in Nahost zu verhindern. Denn eine Destabilisierung Jordaniens und Ägyptens würde nur den radikal-sunnitischen Islamisten in die Hände spielen – den erklärten Feinden Israels und Amerikas.

Wie George W. Bush 2003 mit erlogenen Argumenten und trotz aller warnenden Stimmen (darunter jener von Papst Johannes Paul II.) den Irak überfiel und davon träumte, dort eine Demokratie zu errichten, so träumt Trump davon, den Gazastreifen zu „besitzen“ und zu „übernehmen“, um dort eine „Riviera in Nahost“ aufzubauen und den bisherigen Bewohnern „ein Stück Land in Jordanien, ein Stück Land in Ägypten, vielleicht noch irgendwo anders“ zu geben. Realitätsferne, aber brandgefährliche Sandkastenspiele überforderter Präsidenten, die den Orient nicht kennen, aber in ihrer Hybris nicht auf die Partner vor Ort hören wollen. Unter Bushs Irak-Krieg leidet das Land (vor allem seine christliche Bevölkerung) noch immer, aber Trumps völkerrechtswidriges und menschenverachtendes Vorhaben in Gaza könnte einen noch größeren Schaden anrichten: humanitär wie geopolitisch.

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