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Prophetische Stimme für den Frieden

Papst Franziskus mahnt mit Recht, die vielen stillen Kriege nicht zu übersehen. Sein Wort vom Dritten Weltkrieg, der stückweise geführt wird, bewahrheitet sich dramatisch.
Papst Franziskus bei einer Messe im John Garang Mausoleum im südsudanesischen Juba
Foto: IMAGO/VATICAN MEDIA / ipa-agency.net (www.imago-images.de) | Papst Franziskus bei einer Messe im John Garang Mausoleum im südsudanesischen Juba.

Der Papst spricht anders als die geschulten Diplomaten und die von PR-Beratern und Spin-Doktoren geführten Politiker. Franziskus spricht unbefangen, direkt, manchmal mehrdeutig, mitunter verwirrend, oft prophetisch. Gerade dann, wenn es um Fragen des Friedens und der Gerechtigkeit geht. Seit Jahren warnt er eindringlich vor „einer Art Drittem Weltkrieg, der stückweise geführt wird“. Und damit hat er – erschreckend und prophetisch – Recht!

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Wie viele seiner Reisen „an die Ränder“ war auch der Besuch im Kongo und im Südsudan von prophetischer Zeichenhaftigkeit. Das ausgebeutete, von widerstreitenden Interessen zerrissene und von vielen Tragödien verwundete Afrika ist längst nicht mehr der vergessene Kontinent. China, Russland, die USA, Saudi-Arabien und andere Mächte streiten um die Ressourcen Afrikas. Heiße und kalte, offene und verborgene, imperialistische und kapitalistische Kriege toben hier.

Lärmende und stille Kriege

Prophetisch hat Papst Franziskus beim Rückflug aus dem Südsudan gemahnt, angesichts jener Kriege, „die wichtiger scheinen, weil sie mehr Lärm machen“, die zahlreichen anderen Kriege nicht zu vergessen. Tatsächlich scheint die globale Öffentlichkeit die blutigen Kriege um Syrien und den Jemen fast vergessen zu haben. Die Stellvertreterkriege Saudi-Arabiens und des Iran in diesen beiden Staaten bringen seit über einem Jahrzehnt Tod, Vertreibung, Leid und Hunger über Millionen Menschen. Und sie haben das Potenzial, noch weitere schiitisch-sunnitische Kriege und Konfrontationen auszulösen.

Auch in anderen Weltgegenden brodelt es bedrohlich, zündeln nationalistische oder pseudoreligiöse Machtmenschen. Auf der globalen Ebene schickt sich das kommunistische China an, die USA als führende Weltmacht abzulösen: Mit einem breiten Repertoire wirtschaftlicher, diplomatischer, propagandistischer, geheimdienstlicher und gewiss – wo nötig scheinend – auch militärischer Kriegsführung dehnt China seinen Einfluss in der Welt aus. Der Kolonialkrieg Putins gegen die Ukraine macht, um die Wortwahl des Papstes aufzugreifen, viel mehr Lärm, aber die vielen stillen Kolonialkriege Chinas in Afrika, Asien und sogar Lateinamerika sind viel erfolgreicher.

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Stephan Baier Papst Franziskus Päpste Wladimir Wladimirowitsch Putin

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