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Oh weh, die AfD: Die Geschichte vom Kaninchen und der Schlange

Die Blauen ziehen mit der SPD gleich. Grund zur Panik?
Kundgebung der AfD
Foto: IMAGO/KH (www.imago-images.de) | Die AfD befindet sich gerade in einem fast ungebremsten Aufwind. Im Bild: Zukunft für Deutschland - Demo der AfD in Erfurt

Die einen stellen den Bundeskanzler, die anderen würden ganz gewiss gerne einmal an die Fleischtöpfe der Macht, es ist aber völlig unrealistisch. 18 Prozent – beim aktuellen ARD-Deutschlandtrend liegen AfD und SPD mit jeweils 18 Prozent gleichauf. Tino Chrupalla jubelt und sieht den Kurs bestätigt. Bei den anderen Parteien bereitet sich hingegen schon Panik aus. „Oh weh, die AfD“ – die Parole der Stunde? Der AfD-Chef jedenfalls gibt sich selbstbewusst und verkündet schon einmal, dass sich nun endgültig zeige, dass man keine bloße Protestpartei sei.

Vielmehr würden die Blauen wegen ihren eigenen Inhalten gewählt.

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Die „Martenstein-Theorie“

Die Umfrage lässt aber auch andere Schlüsse zu. Die Befragten sollten nämlich erläutern, warum sie bei der AfD ihr Kreuz machen würden. 67 Prozent der AfD-Anhänger erklärten hier, sie handelten aus Enttäuschung über die anderen Parteien. Dem stehen 32 Prozent gegenüber, die sagten, sie unterstützten die AfD aus Überzeugung. Das entspricht einem Ansatz, den man vielleicht die „Martenstein-Theorie“ nennen könnte. Harald Martenstein schrieb vor einigen Wochen in seiner Kolumne für die „Welt am Sonntag“, der Umfragen-Aufschwung der Partei habe nichts mit Nazi-Nostalgie oder einer besonderen Putin-Liebe zu tun. Die Menschen seien einfach frustriert darüber, wie vom Geschlechterwechsel bis zur Gebäudeenergie die deutsche Gesellschaft von rechts auf links gedreht würde. Und die Union zeige sich unfähig, diesen Unmut aufzufangen. 

Dass Martenstein damit zumindest eine Grundstimmung rechts der Mitte trifft, beweist, dass sein Beitrag immer noch fleißig in den sozialen Medien geteilt wird. Vor allem auch von solchen Bürgern, die sich nach der Wahl von Friedrich Merz zum CDU-Vorsitzenden eine inhaltliche Wende bei den Schwarzen gewünscht haben. Die Union führt zwar beim Deutschlandtrend deutlich mit 29 Prozent. Aber das kann diese Klientel nicht wirklich beruhigen. Zu mau ist für sie der Kurs, den die größte Oppositionsfraktion gegenüber der Ampel fährt.

AfD verbrennt die Themen

Sasses Woche in Berlin
Foto: privat / dpa | Woche für Woche berichtet unser Berlinkorrespondent in seiner Kolumne über aktuelles aus der Bundeshauptstadt.

CDU-Generalsekretär Mario Czaja hat zwar versichert, er sehe die Möglichkeit einige derjenigen, die jetzt ihren blauen Sympathien Ausdruck gegeben haben, zurückholen zu können.  Aber das funktioniert nicht, wenn alle auf die AfD wie das Kaninchen auf die Schlange schauen. Dann kann nämlich schnell der Hase und Igel-Effekt einsetzen. So sehr sich der Hase Union auch abstrampelt, immer wenn er ein Thema besetzen will, ist der Igel AfD schon da. Und bisher gilt viel zu oft: Wenn die Blauen gesagt haben: „Das ist unser Thema“, dann ist es für die anderen verbrannt. Der ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Uwe Witt erzählte einmal gegenüber dieser Zeitung, wie sich seine Fraktion darum bemüht habe, Deutsch als Sprache im Grundgesetz zu verankern.  Danach sei ein CSU-MdB zu ihm gekommen und habe gesagt, sie hätten auch schon den Plan gehabt, doch jetzt wo sie das Thema angefasst hätten, sei es verbrannt. „Manchmal habe ich den Eindruck, die AfD ist von den Linken erfunden worden, um echte konservative Politik zu verhindern“, sagte Witt damals.

Solange dieser Effekt immer noch gilt, können sich die Union und andere bürgerliche Kräfte von der AfD so sehr abgrenzen wie sie wollen, sie sorgen dafür, dass sie durch die Hintertür politisch noch viel einflussreicher ist. Sie bestimmt negativ die Themen-Agenda mit. Diese toxische Wirkung der AfD ist die eigentliche Gefahr für unsere politische Kultur.

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