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Nicaragua: Bischof Álvarez freigelassen und nach Rom abgeschoben

Das Ortega-Regime hat die Bischöfe von Matagalpa und Siuna sowie weitere in Nicaragua zu Unrecht entführte Priester und Seminaristen deportiert.
Bischof Rolando Alvarez
Foto: Wikicommons | Bischof Álvarez sagte immer wieder, er würde das Land nur auf ausdrückliche Anweisung des Vatikans verlassen – was wohl nun geschah. 

Der seit mehr als 500 Tagen seiner Freiheit beraubte nicaraguanische Bischof Rolando Álvarez von Matagalpa ist nun frei. Zusammen mit ihm wurden sowohl der zu Weihnachten inhaftierte Bischof von Siuna, Isidoro Mora Ortega, als auch 13 Priester und drei Seminaristen, die sich im Gefängnis befanden, freigelassen und nach Rom abgeschoben. 

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In einer von der Regierung Nicaraguas unterzeichneten Mitteilung dankt das Ortega-Regime Papst Franziskus sowie dem vatikanischen Staatssekretär, Kardinal Pietro Parolin, und seinem Team für die „sehr respektvolle und diskrete Koordination, die diese Reise ermöglicht hat“.

"Nicht in der Lage war, die Macht Gottes zu überwinden"

Unter den ersten, die auf die Nachricht reagierten, befand sich der im Exil in den Vereinigten Staaten lebende Weihbischof Silvio José Baéz von Managua. Vor dem Abschlusssegen einer heiligen Messe, die er in Miami (Florida) feierte, verkündete er die Nachricht: „Wir haben jeden Sonntag unaufhörlich zusammen und darüber hinaus jeder für sich dafür gebetet“, sagte er mit bewegter Stimme, „und heute haben wir die Freude, diese Nachricht mitteilen zu können.“ Bischof Báez betonte, dass die Freilassung ein Zeichen dafür sei, dass „die kriminelle Diktatur von Ortega und Murillo nicht in der Lage war, die Macht Gottes zu überwinden“. Er bestätigte, dass die freigelassenen Gefangenen auf dem römischen Flughafen Fiumicino gelandet und vom Heiligen Stuhl empfangen worden seien.

In einer späteren Mitteilung auf der Plattform „X“ schrieb Bischof Báez unter dem Zitat „Schnell, steh auf! Da fielen die Ketten von seinen Händen“ aus Apg 12,7: „Mit großer Freude danke ich Gott, dass meine Mitbrüder, die Bischöfe, Priester und Seminaristen, aus dem Gefängnis entlassen sind. Die Gerechtigkeit hat gesiegt. Die Macht des Gebets des Volkes Gottes hat sich gezeigt.“

Der ehemalige nicaraguanische Botschafter bei der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Arturo McFields, erklärte nach der Bestätigung der Freilassung der beiden Bischöfe und anderer Geistlicher: „Heute ist ein Tag des Sieges für Nicaragua und seine Kirche. Die Diktatur hat einen harten Schlag erhalten. Es lebe das freie Nicaragua!“

Folter, grausame und unmenschliche Behandlung

Die im Exil lebende Anwältin Martha Patricia Molina, die den Opfern der Unterdrückung in ihrem Land eine Stimme gegeben hat, sagte im Gespräch mit der spanischen Zeitung „ABC“: „Ich bin erleichtert, dass sich die Priester nicht mehr in den Gefängnissen der kriminellsten Diktatur der letzten Zeit, der Ortega-Murillo-Diktatur, befinden, denn in diesen Gefängnissen werden mehr als 40 Mechanismen der Folter, der grausamen und unmenschlichen Behandlung angewandt“.

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Molina beklagte, dass „dieses erzwungene Exil ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist, weil es sich um Priester handelt, die ihr priesterliches oder bischöfliches Amt in Nicaragua ausüben sollten“. Sie fügte hinzu: „Die Diktatur hat es sich bereits zur Gewohnheit gemacht, Priester zu verbannen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie in Zukunft neue Bischöfe, Priester oder Seminaristen entführen und sie als Druckmittel benutzen wird, wie sie es bis heute getan hat.“

Bischof Rolando Álvarez hatte sich zweimal geweigert, Nicaragua zu verlassen: zum ersten Mal, als 222 politische Gefangene, darunter acht Priester, am 9. Februar 2023 nach Washington abgeschoben wurden, und ein weiteres Mal, als am 18. Oktober die nicaraguanische Regierung bereits zwölf andere Priester nach Rom deportiert hatte. Bischof Álvarez sagte, er würde das Land nur auf ausdrückliche Anweisung des Vatikans verlassen – was wohl nun geschah. 

Franziskus in Sorge wegen Nicaragua

Die Freilassung erfolgte, nachdem Weihbischof Báez am 4. Mai einen Appell an die Kirche in aller Welt gerichtet hatte: „Lasst uns nicht allein“. Bei seinem ersten Angelus des Jahres hatte Papst Franziskus öffentlich die Inhaftierung verurteilt: „Ich verfolge mit großer Sorge, was in Nicaragua geschieht, wo Bischöfe und Priester ihrer Freiheit beraubt wurden. Ich möchte ihnen, ihren Familien und der gesamten Kirche in diesem Land meine Verbundenheit im Gebet übermitteln. Ich lade alle Anwesenden und das ganze Volk Gottes zu eindringlichem Gebet ein, und gleichzeitig lade ich sie ein, immer den Weg des Dialogs zu suchen, um die Schwierigkeiten zu überwinden.“ In seiner Ansprache an das beim Heiligen Stuhl akkreditierte diplomatische Korps zu Beginn des Jahres hatte der Heilige Vater zum diplomatischen Dialog aufgerufen. 

In den letzten Wochen haben auch die US-Regierung und der UN-Hochkommissar für Menschenrechte Druck auf Daniel Ortega ausgeübt, die von ihm inhaftierten Priester und Bischöfe freizulassen.

Die nicaraguanische Tageszeitung „La Prensa“ hat die Erklärung des Ortega-Regimes abgedruckt. Darin wird auf den Aufruf von Papst Franziskus zum „diplomatischen Dialog“ Bezug genommen: Ein „verantwortungsvoller und sorgfältiger“ Dialog habe es ermöglicht, „diesen Tag des Lobes an den Gott aller zu erreichen, der uns erleuchtet und leitet, um das Vertrauen weiter zu pflegen.“

Mit den neuen Abschiebungen sind nun innerhalb eines Jahres zwei Bischöfe und 33 Priester vom Regime verbannt worden. Von 2018 bis Januar 2024 sind in Nicaragua insgesamt 203 Geistliche sowie Ordensfrauen und -männer verbannt, inhaftiert oder ausgewiesen worden, oder ihnen wurde die Einreise nach Nicaragua verweigert.

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