Wie der Schelm denkt, so ist er. Dmitri Medwedew, Vizepräsident des russischen Nationalen Sicherheitsrats und einer der engsten Vertrauten Wladimir Putins, hat der Europäischen Union ein zutiefst unmoralisches Angebot gemacht. Ein Angebot, wie man es unter Mafiosi eben so macht: Der Mann, der einst Präsident Russlands war und damals als „liberaler“ Hoffnungsträger galt, schlägt der EU nicht weniger als die Aufteilung der Ukraine vor.
Mafia- Mentalität
Aussicht auf Frieden und ausreichende Sicherheitsgarantien gebe es nur, wenn sich Russland den Großteil der Ukraine – nicht nur die besetzten Gebiete, sondern auch die Zentralukraine – einverleibe, meint Medwedew. Dafür dürften im Gegenzug angrenzende EU-Mitgliedstaaten die Westukraine unter sich aufteilen. Eine Aufteilung der Beute gewissermaßen. Um seinem Vorschlag mehr Gewicht zu verleihen, drohte Putins Adlatus schon mal mit einem atomaren Präventivschlag.
Medwedew denkt offenbar, die Regierungen Polens, der Slowakei, Ungarns und Rumäniens hätten die gleiche Mafia-Mentalität wie die herrschende Clique im Kreml. Mit seinem Vorschlag dokumentiert er, dass der Kreml auf alles Völkerrecht, auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker wie auf die territoriale Integrität von Staaten, pfeift. Er widerlegt mit seinem Angebot auch die Propaganda Putins und Kyrills, die ja behaupten, mit ihrer „militärischen Spezialoperation“ das ukrainische „Brudervolk“ zu befreien und die gespaltene großrussische Nation zu vereinen.
Europa wird nicht zum Komplizen des Kreml
Alles Propaganda für schlichte Gemüter! Tatsächlich geht es dem Kreml nur darum, Beute zu machen – und dafür speist man die vermeintlich korrupten Europäer gerne mit einem Anteil an der Beute ab. Danke für die Klarstellung, Herr Medwedew!
Indes, so korrupt und verkommen sind die Europäer nicht. Sie werden nicht zum Komplizen der Verbrecher im Kreml und werden auch keinen schmutzigen Deal auf Kosten der Ukrainer machen. Sogar der lange zaudernde deutsche Kanzler Olaf Scholz hat das am Freitag neuerlich klargestellt: Das Ziel sei „ein fairer Frieden, und Voraussetzung dafür ist der Abzug der russischen Truppen“.
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