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Macron stößt den Westen vor den Kopf

Der französische Staatspräsident strebt ein von den USA sicherheitspolitisch unabhängiges Europa an – und spielt damit Xi und Putin in die Hände.
Xi Jinping und Emmanuel Macron
Foto: IMAGO/Huang Jingwen (www.imago-images.de) | Der französische Präsident Macron, hier mit Xi Jingping, brüskierte mit seinen Aussagen gleichermaßen die USA und seine europäischen Partner.

Wie heißt es auf Englisch so schön: „Be careful what you wish for“ – sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst. Denn mit wenigen Worten „gelang“ es Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron sowohl Europas wichtigsten Verbündeten, die USA, als auch europäische Partner wie Deutschland vor den Kopf zu stoßen.

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Der Grund: In einem Interview mit dem US-Nachrichtenportal „Politico“ und der französischen Zeitung „Les Échos“ gab Macron zu Protokoll, dass für Europa ein „großes Risiko“ darin bestehe, „in Krisen verwickelt zu werden, die nicht unsere sind, was es daran hindert, seine strategische Autonomie aufzubauen“. Seine Aussagen tätigte der Präsident, dessen Beliebtheitswerte in der Heimat auf nur noch 23 Prozent zusammengeschrumpft sind, auf dem Rückflug von einem Besuch in Peking, wo er mit Chinas Staatschef Xi Jinping auch über Taiwan gesprochen hat, die demokratisch regierte Insel, die Peking als Teil seines Territoriums betrachtet – und vor der Chinas Streitkräfte kürzlich ein äußerst aufwendiges Militärmanöver absolvierten.

Europas strategische Autonomie ist eine Illusion

Doch von Chinas Säbelrasseln vor Taiwans Küsten unbeirrt sagte Macron stattdessen hinsichtlich der von Peking als „abtrünnige Provinz“ betrachteten Insel: „Das Schlimmste wäre, zu denken, dass wir Europäer bei diesem Thema zu Mitläufern werden und uns von der amerikanischen Agenda und einer chinesischen Überreaktion leiten lassen müssen.“

Die Reaktionen auf die Äußerungen Macrons folgten prompt: „Macron scheint von allen guten Geistern verlassen“, kritisierte beispielsweise CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen im Gespräch mit „Bild“ dessen Aussagen. Mit einer solchen „naiven und gefährlichen Rhetorik“ schwäche und spalte Macron Europa, so Röttgen – seien es doch gerade die USA, die sich während des Ukraine-Krieges als maßgebliche Unterstützer des von Russland überfallenen Landes erwiesen haben, eben weil sich jegliches Gerede über eine  „strategische Autonomie“ Europas, von der Macron spricht, zuverlässig als Illusion erweist.

Rubio: Europa braucht die USA – nicht umgekehrt

Auf Twitter fügte Röttgen hinzu, dass Macron es geschafft habe, aus seiner China-Reise einen PR-Coup für den chinesischen Präsidenten Xi Jinping und ein außenpolitisches Desaster für Europa zu machen. Ein Angriff auf Taiwan werde wahrscheinlicher, je mehr Xi glaube, Europa bleibe in einem solchen Konflikt neutral.

Auch der republikanische US-Senator Marco Rubio bezog in einem Video auf Twitter Stellung und drohte, wenn Europa sich in der Taiwan-Frage nicht auf die Seite Chinas oder der USA stelle, dann sollten sich die USA im Ukraine-Konflikt vielleicht auch nicht auf eine Seite stellen. Mit dieser Aussage legte Rubio den Finger die Wunde: Ohne die USA ist Europa nicht in der Lage, sich gegen außenpolitische Bedrohungen selbstständig zur Wehr zu setzen.

Was also, wenn die USA die Verteidigung der Ukraine Europa überlassen und sich auf Taiwan konzentrieren würden, wie es Rubio in Richtung Macron provokant vorschlug? Ein erschreckender Gedanke – nicht nur für Kiew, sondern auch für Brüssel, Berlin und letztendlich auch für Paris. Deswegen: Be careful what you wish for.

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