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Maaßen ist keine Polit-Marke für die Mehrheit

Hans-Georg Maaßen will aus der Werteunion eine Partei machen und eine Lücke zwischen AfD und Union füllen. Eigentlich ist es aber eine Beschäftigungstherapie für einen pensionierten Beamten.
Hans-Georg Maaßen will neue Partei gründen
Foto: IMAGO/ (www.imago-images.de) | Hans-Georg Maaßen mag sich ja in seinem zweiten Frühling fühlen, tatsächlich hat er aber die Werteunion in den politischen Winter geführt.

Politik ist manchmal wie ein Supermarkt. Sehr breit ist die Produktpalette und sie wird täglich breiter. Parteien zu gründen, scheint zum neuen Politikerhobby geworden zu sein. Erst Sahra Wagenknecht, nun will Hans-Georg Maaßen aus der Werteunion eine eigene Partei machen.

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Das kommt für Beobachter der Szene nicht wirklich überraschend. Arbeiten doch schon seit einiger Zeit verschiedene Protagonisten an unterschiedlichen Projekten, neue Gruppierungen rechts der Mitte zu gründen, die eine Lücke zwischen AfD und Union schließen sollen, die man in dieser Szene allenthalben feststellen will. 

Polit-Opfer aus der Merkel-Zeit

Der ehemalige Bundesverfassungsschutzpräsident, der schon seit einiger Zeit der Werteunion vorsitzt, verfügt hier ohne Zweifel über einen Promi-Status. So wie er aus seinem Amt ausscheiden musste, das macht ihn zum Idealbeispiel für ein Polit-Opfer aus der Merkel-Ära. Zumindest in diesen Kreisen.

Und es stimmt auch: Maaßen ist ungerecht behandelt worden. Aber: Spätestens im Zuge seiner dann letztlich ja auch gescheiterten Bundestagskandidatur in Südthüringen hat Maaßen bewiesen, dass er kein Politiker ist. Statt darauf abzuzielen, tatsächlich zu Macht und damit zu Gestaltungsfreiheit in seiner Partei zu kommen, durchlebt er eher eine zweite Pubertät. Der Law-and-Order-Mann ist zu einem politischen Halbstarken geworden, der gerne in den Sozialen Medien provoziert, rumpöbelt und jedenfalls nicht jene Seriosität ausstrahlt, die, es mag ja oberflächlich sein, für das bürgerlich-konservative Publikum einen entscheidenden Wert hat.

Maaßen selbst mag sich ja in seinem zweiten Frühling fühlen, tatsächlich hat er aber die Werteunion in den politischen Winter geführt. Freilich war sie schon unter seinem Vorgänger in diesem Amt, Max Otte, in Bahnen geraten, die mit der ursprünglichen Gründungsidee nicht mehr viel zu tun hatten. Dabei gibt es auch unter Friedrich Merz in der Union durchaus Bedarf für ein Forum, in dem ausbuchstabiert wird, was der konservative Traditionsstrang für die christdemokratische Volkspartei bedeuten könnte. 

Nostalgie-Protest ist keine spannende Perspektive

Nochmal zum Supermarkt: Politiker sind Marken. Und Wähler legen natürlich am liebsten Qualitätsmarken in ihren Einkaufswagen. Eine Maaßen-Partei ist wie Fencheltee. Wenn man Bauchschmerzen hat, trinkt man mal eine Tasse. Aber nicht täglich und rund um die Uhr. Maaßen hatte als Law-and-Order-Korrektiv in der Merkel-Ära eine Funktion. Da half er mit seinen Äußerungen sicherlich manchem Konservativen über seine Bauchschmerzen hinweg. 

Aber jetzt? Man könnte manchmal den Eindruck bekommen, niemand vermisst Angela Merkel so wie Maaßen & Co. Gegen deren Politik glaubten sie, die Alternativ-Rezepte zu haben. Aber heute ist die Lage anders. Nostalgie-Protest – nicht wirklich eine spannende Perspektive.

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