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Ist Putin der Einsatz von Atomwaffen zuzutrauen?

Niemand weiß, ob der russische Präsident verrückt genug ist, die Welt in einen Atomkrieg zu stürzen. Genau damit kalkuliert der Kreml.
Ist Putin der Einsatz von Atomwaffen zuzutrauen?
Foto: IMAGO/Kremlin Pool (www.imago-images.de) | Ist Putin der Einsatz von Atomwaffen zuzutrauen? Gewiss, denn wenige Tage vor seinem 70. Geburtstag steht der russische Präsident bereits heute vor den Ruinen seiner Karriere.

Wladimir Putin hat die Atombombe bereits eingesetzt. Nicht militärisch, aber psychologisch. Allein die westliche Angst vor einem Atomkrieg hat verhindert, dass die NATO der Bitte und Einladung Kiews Folge leistete, den Luftraum über der Ukraine zu sichern. Die westliche Angst vor einem Atomkrieg soll – so ist Putins Plan – jetzt die russische Annexion von vier weiteren ukrainischen Regionen ermöglichen.

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Der russische Präsident agiert wie ein Raubmörder, der seine Beute in Sicherheit bringen möchte und dem Opfer wie der Polizei dabei droht, notfalls sich und den Rest der Stadt in die Luft zu sprengen. Niemand ist ganz sicher, ob Putin verrückt genug ist, die Welt in einen Atomkrieg zu stürzen. Und genau mit dieser Unsicherheit kalkuliert der Kreml. Es ist die Logik eines Hinterhofschlägers, der angesichts einer drohenden Niederlage mit einer unbegrenzten Eskalation der Gewalt droht.

Putin steht vor den Ruinen seiner Karriere

Ist Putin der Einsatz von Atomwaffen zuzutrauen? Gewiss, denn wenige Tage vor seinem 70. Geburtstag steht der russische Präsident bereits heute vor den Ruinen seiner Karriere. Nach der Jelzin-Ära weltweit als Hoffnungsträger und globaler Partner gefeiert, ist er heute ein Paria in der Staatenwelt. Zuletzt haben sich auch seine Langzeitpartner Erdogan und Modi von ihm öffentlich distanziert. Putin ringt heute nicht mehr um globale Anerkennung, auch nicht um einen ökonomischen Wiederaufstieg seines Landes, das er gerade ins Elend führt. Es geht ihm nur noch um seinen Platz in den russischen Geschichtsbüchern.

Abgesehen von den afghanischen Taliban, seinen neuen Handelspartnern, und dem iranischen Regime in Teheran, kann Putin nur auf China zählen. Einzig Xi Jinping hält sich öffentlich mit Kritik am Kurs des Kremlherrn zurück. Doch gerade Chinas lautlose Eroberung der Welt wird durch Putins irrationalen Eroberungskrieg in der Ukraine gestört. Der Westen kann die Ukrainer in ihrem Überlebenskampf unterstützen, aber Putins Amoklauf nicht stoppen. Hier könnte sich China profilieren und seinen Anspruch auf eine Rolle als Weltmacht untermauern: Xi Jinping mag ein brutaler Diktator und Unterdrücker sein, doch er ist weder irrational noch suizidal veranlagt. Er muss Putin in die Schranken weisen.

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Stephan Baier Russlands Krieg gegen die Ukraine Taliban Wladimir Wladimirowitsch Putin Xi Jinping

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