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FDP: Das matteste Licht der Ampel

Die FDP hadert mit ihrer Rolle in der Regierung. Das zeigte sich auch bei der Wahl von Ferda Ataman zur Antidiskriminierungsbeauftragten.
Publizistin Ferda Ataman
Foto: Bernd von Jutrczenka (dpa) | Die Publizistin Ferda Ataman wurde zur Unabhängigen Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung im Deutschen Bundestag gewählt.

Kennen Sie noch den Loriot-Sketch aus den 70ern? „Liberal im liberalen Sinne heißt nicht nur liberal“, sagt da der FDP-Vertreter in einer Politikerrunde. Der Humor-Altmeister wollte damals eine Verhaltensweise der FDP karikieren, die auch heute wieder bei dem gelben Teil der Ampelkoalition durchscheint: Die Liberalen mögen viel darüber reden, was ihre weltanschauliche Linie ist.

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FDP ohne Lack

Entscheidend ist was anderes: Hauptsache, an der Macht. In gewisser Weise gilt die genau umgekehrte Vision des berühmten Lindner-Satzes aus den Jamaika-Verhandlungen: Lieber schlecht regieren als nicht regieren. Apropos, Christian Lindner. Eigentlich war der für Jahre der Poster-Boy der Politik. Seine Schwarz-weiss-Videos gingen in den Sozialen Medien viral – und plötzlich galt die FDP auch bei Jungen als cool.

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Foto: privat / dpa

Aber der Lack ist bei den Liberalen ab. Der neue Polit-Schwarm heißt Robert Habeck. Sein Wuschelkopf macht einfach mehr her als Lindners Drei-Tage-Bart. Und als der FDP-Vorsitzende und Bundesfinanzminister nun in dieser Woche zum zweiten Mal auf Sylt geheiratet hat, da war das den Boulevard-Medien zwar noch Schlagzeilen wert, aber der Glamour-Faktor ist weg. Von der Ampelparteien leuchtet das gelbe Licht am mattesten.

Das unterstreicht ein Vorgang ebenfalls aus dieser Woche: Am Donnerstag wurde Ferda Ataman zur neuen Antidiskrimierungsbeauftragten des Bundes gewählt. Die Aktivistin, die sich selbst gerne Journalistin nennt, war in der Vergangenheit vor allem durch ihre provokanten Tweets gegen die deutsche Mehrheitsgesellschaft (Stichwort „Kartoffel“) aufgefallen, bekam nicht alle Ampel-Stimmen. Einige, die nicht bei Ataman ihr Kreuz gemacht haben, stammen ziemlich sicher aus der FDP-Fraktion. Manche wie die frühere Generalsekretärin Linda Teuteberg hatten dies auch vorher angekündigt. Doch von Fraktions-und Parteiführung wurde die Devise ausgegeben: Treue zur Koalition geht vor.

Loriot der Politik

Und da sind wir wieder bei Loriot: Viele Wähler, die im letzten Jahr für die FDP gestimmt haben, wollten vielleicht Armin Laschet nicht als Kanzler oder einfach mehr marktwirtschaftliches Denken in Berlin, sie verstanden sich aber vor allem als bürgerlich. Ideologie und Umbau der Gesellschaft im Zeichen von Transsexualität und Auflösung der klassischen Familienstruktur wollten sie sicher nicht. Nur jetzt stellen sie fest, dass „liberal im liberalen Sinne“ zu sein, offenbar nicht davor immun macht, solche Ideologie-Projekte zu  unterstützen. Alle sprechen nun von der Lindner-Hochzeit, die FDP sollte über die Folgen einer Scheidung nachdenken. Manche Wähler vom letzten Mal überlegen schon darüber, ob sie die Scheidungspapiere  für ihren bisherigen  Favoriten einreichen sollen. Und dann für immer.

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