Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kommentar um „5 vor 12“

Europas Demokratie funktioniert

Die EU-Kommission spiegelt die Vielfalt der Staaten und der Parteienlandschaft Europas wieder. Das mag kompliziert sein, aber im Sinne der Demokratie ist es gut.
Neue EU-Kommissare
Foto: IMAGO/Nicolas Landemard / Le Pictorium (www.imago-images.de) | Unbekannt, aber nicht unwichtig: die neuen EU-Kommissare Tzitzik Apostles, Piotr Serafin, Raffaele Fitto und Teresa Ribera (v.l.n.r.).

Die EU-Kommission ist so etwas wie die Regierung der Europäischen Union. Ihr Zustandekommen ist weniger beachtet, komplizierter, aber demokratischer als die Bildung der neuen US-amerikanischen Regierung, die derzeit offenbar im freien Dialog zwischen dem gewählten US-Präsidenten, dem Multimillionär Donald Trump, und dem Multimilliardär Elon Musk kreiert wird. In der EU nominieren die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten je einen Kommissar, dem die EU-Kommissionspräsidentin dann ein Aufgabenbündel zuordnet. Anschließend muss sich jeder designierte Kommissar im Europäischen Parlament mehrere Stunden „grillen“ (kritisch befragen) lassen. Diese Anhörungen sind – guter demokratischer Sitte entsprechend – öffentlich. Im Internetzeitalter bedeutet das: über Live-Stream online verfolgbar.

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Weil die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten von ganz unterschiedlichen Parteien und ideologischen Lagern bestimmt werden, ist es wenig überraschend, dass die EU-Kommission parteipolitisch und ideologisch nicht homogen, sondern ein Spiegel dieser Vielfalt ist. Weil auch das Europäische Parlament unterschiedliche Parteien und Lager kennt, ist ebenso wenig überraschend, dass nicht nur die fachliche Qualifikation, sondern auch Parteipolitik und Ideologie beim „Grillen“ eine Rolle spielen. Auch das gehört übrigens zur Demokratie.

Die Handlungsfähigkeit nicht beschädigen

Im aktuellen Fall versuchte eine linke Front im Europäischen Parlament, die Kandidaten Italiens (Raffaele Fitto) und Ungarns (Oliver Varhelyi) herauszuschießen. Nicht etwa, weil diese fachlich ungeeignet gewesen wären, sondern als Zeichenhandlung „gegen rechts“, konkret gegen die Regierungen in Rom und Budapest. Das hat die christdemokratische EVP-Fraktion unter der Regie von Manfred Weber nun verhindert. Zugegeben, mit einem auch taktisch nicht uninteressanten Spiel: indem sie die sozialistische Kandidatin Spaniens (Teresa Ribera), die derzeit in ihrem Heimatland wegen des Regierungsversagens in der Hochwasserkatastrophe unter Druck ist, in Frage stellte. 

Das Ergebnis dieses Ringens der Fraktionen ist, dass alle ihren Widerstand aufgaben und die Kommissionsmannschaft am Mittwoch kommender Woche mit einer Zustimmung im Europäischen Parlament rechnen darf. Das ist gut so! Erstens weil parteipolitische Erwägungen alleine die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union nicht beschädigen dürfen – gerade in Krisenzeiten wie diesen. Zweitens weil die Bürger der EU ein Recht darauf haben, dass ein halbes Jahr nach den Europawahlen die neue EU-Kommission endlich ihre Aufgaben übernimmt.

Und drittens, weil die linke Strategie einer Brandmauer „gegen rechts“ zu willkürlich, zu ideologisch und letztlich auch zu dumm ist. Die von Giorgia Melonis Regierungspartei „Fratelli d‘ Italia“ dominierte konservative EKR-Fraktion ist tatsächlich konservativ, aber erwiesenermaßen konstruktiv. Wie Meloni im Konzert der EU-Regierungschefs eine konstruktive Rolle spielt, so tut dies auch die EKR-Fraktion im Europäischen Parlament. Sie zusammen mit den Blockierern und Behinderern am extrem rechten – wie übrigens auch am extrem linken – Rand auszugrenzen, hieße, das Europäische Parlament zu amputieren.

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