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Eskalation in Nahost

Washington will sich nicht aus dem Nahen Osten verjagen lassen, muss aber eine direkte militärische Konfrontation mit dem Iran vermeiden.
Nahostkonflikt - Militärschlag gegen Huthi-Miliz
Foto: As1 Jake Green Raf/Mod/Crown Cop (PA Media) | Dieses vom britischen Verteidigungsministerium via PA zur Verfügung gestellte Foto zeigt einen RAF Typhoon FRG4s, das nach Angriffen auf Houthi-Ziele im Jemen zu seinem Stützpunkt zurückkehrt.

Es war zu erwarten, dass die Vereinigten Staaten von Amerika die Attacke auf die US-Militärbasis im Nordosten Jordaniens nicht unbeantwortet lassen würden. Und tatsächlich: Weniger als eine Woche nach dem mutmaßlich von Teheran gesteuerten Angriff, bei dem drei US-Soldaten ums Leben kamen, trafen US-Luftschläge 85 Ziele in Syrien und dem Irak sowie 36 Ziele im Jemen.

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Wenn es die Absicht des Iran gewesen sein sollte, die Eskalationsschraube in Nahost ein Stück weiterzudrehen und Amerika direkt in die militärischen Auseinandersetzungen hineinzuziehen, dann ist diese Strategie voll aufgegangen. Wie Israel den 7. Oktober nicht unbeantwortet lassen konnte, so konnten die USA einen mörderischen Angriff auf die eigenen Soldaten im friedlichen Jordanien nicht ohne Antwort lassen. Washington nimmt die pro-iranischen Milizen in Nahost wie im Jemen ins Visier – aber noch nicht die Auftraggeber in Teheran.

US-Präsident Joe Biden ist im Wahlkampfmodus, da darf er keine Schwäche zeigen und keine Blamage der USA auf weltpolitischer Bühne riskieren. Gleichzeitig muss er einen direkten Krieg mit dem Iran vermeiden, denn der wäre ein nicht begrenzbares militärisches Abenteuer. Washington setzt darum jetzt auf eine doppelte Botschaft: Der Nationale Sicherheitsberater, Jake Sullivan, droht mit zusätzlichen Angriffen, während Außenminister Antony Blinken wieder einmal durch den Orient tourt, um die amerikafreundlichen Mächte einzubinden und zu deeskalieren.

Mit Recht warnt der Papst vor einem Weltkrieg in Stücken

Den Europäern, die sich hier überwiegend in eine Zuschauerrolle begeben haben, muss klar sein: Den Machthabern im Iran geht es überhaupt nicht um die Rechte der Palästinenser, und auch nicht nur um das Feindbild Israel. Teheran will die Amerikaner aus dem Nahen Osten vertreiben, um selbst zur dominanten Regionalmacht zwischen der Westgrenze Afghanistans und dem Mittelmeer zu werden. Dabei hat es Russland – immerhin eine Atommacht mit Sitz im UN-Sicherheitsrat – fest an seiner Seite, weil Putin im Krieg gegen die Ukraine auf iranische Drohnen angewiesen ist.

Die Warnungen von Papst Franziskus vor einem „Weltkrieg in Stücken“ haben sich als prophetisch erwiesen. Dieser Krieg ist längst kein Kalter Krieg mehr; er wird auf mehreren Schlachtfeldern massenmörderisch geführt. Dabei sind die Fronten ebenso klar wie die Eskalationsbereitschaft mehrerer Akteure.

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