Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kommentar um "5 vor 12"

Ein Geiseldeal mit Folgen

Das Blutbad im Nahen Osten scheint zumindest vorläufig gestoppt - doch wem nützt das Abkommen zwischen Israel und der Hamas am meisten?
Geiseldeal 5vor12er Ahrens
Foto: Abir Sultan (Pool European Pressphoto Agency/) | Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gab grünes Licht für das mit Hilfe der USA ausgehandelte Wffenstillstands- und Geiselabkommen mit der Hamas.

Seitdem die palästinensische Terrororganisation Hamas am 7. Oktober 2023 Israel überfiel und 1.200 Menschen kaltblütig ermordete, sind genau ein Jahr, drei Monate und 13 Tage vergangen – nun scheint der Konflikt zumindest vorläufig ein Ende zu haben. Denn Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erteilte grünes Licht für ein durch die USA vermitteltes Waffenstillstands- und Geiselabkommen, welches dafür sorgen soll, dass nicht nur die Waffen schweigen, sondern auch alle noch verbliebenen israelischen Geiseln aus dem Gaza-Streifen in ihre Heimat zurückkehren sollen.

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Es gibt Sieger und Verlierer

Zu den Gewinnern dieses Abkommens gehören nicht nur diejenigen dies- und jenseits des Gaza-Streifens, die das unvorstellbare Grauen, welches durch den heimtückischen Überfall der Hamas auf Israel begann, überlebt haben: Alleine im Gaza-Streifen sollen laut „Times“ circa 46.000 Menschen, darunter vor allem Frauen, Kinder und ältere Menschen, ihr Leben verloren haben. Ebenso dürfen die verbliebenen 98 der ursprünglich 251 israelischen Geiseln darauf hoffen, noch einmal mit dem Leben davongekommen zu sein.

In politischer Hinsicht – und dies muss Israel schmerzen – wird die Hamas als gefühlter Sieger aus dem Konflikt hervorgehen: Weder konnte die Terrororganisation endgültig zerschlagen noch ihr Vermögen (welches rund 500 Millionen Euro betragen soll) konfisziert werden. Zudem gelang es den Terroristen, weite Teile der öffentlichen Meinung im Westen – ganz zu schweigen innerhalb der islamischen Welt – auf ihre Seite zu ziehen und sich nicht nur in den Augen der gefallenen Klimaaktivistin Greta Thunberg und zahlreicher junger, zunehmend antisemitisch gesinnter Studenten erfolgreich als Befreiungskämpfer zu inszenieren. 

Israel hat auf lange Sicht die besseren Karten

Ob die Waffenruhe halten wird, ist ungewiss. „Willst du den Frieden, rüste zum Krieg“, wussten schon die alten Römer. Doch Israel, welches sich dank der Vermittlung der ersten Trump-Administration vor einigen Jahren mit zahlreichen arabisch-muslimischen Ländern auf die Aufnahme diplomatischer Beziehungen verständigen konnte und an diese Entwicklung vor dem Hamas-Überfall anzuknüpfen hofft, darf sich aufgrund der Ausschaltung der Hisbollah, der Flucht Assads aus Syrien und einem geschwächten Iran gegenwärtig sicherheitspolitisch durchaus in einer Position der Stärke wähnen. Und das erst recht, wenn am Montag Benjamin Netanjahus ziemlich bester Präsidentenfreund ins Weiße Haus zurückkehrt.

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