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Die Zahl der nicaraguanischen Priester nimmt aufgrund von Verfolgung ab

Seelsorge in Nicaragua wird immer schwieriger: Betroffen ist insbesondere das Bistum Matagalpa, das 40 Prozent seiner Priester verloren hat.
Kathedrale von Leon
Foto: IMAGO/steve100 (www.imago-images.de) | Seitdem das Ortega-Regime in Nicaragua an der Macht ist, hat sich die Lage für die katholische Kirche zunehmend verschlechtert. Im Bild: die Kathedrale von Leon.

Laut der im Exil erscheinenden nicaraguanischen Onlinezeitung „confidencial.digital“ haben seit 2018, als das Regime von Daniel Ortega und seiner Frau, Vizepräsidentin Rosario Murillo, die Kirchenverfolgung verschärfte, 97 Geistliche Nicaragua verlassen müssen, oder wurden daran gehindert, nach einem Auslandsaufenthalt in das Land zurückzukehren. Werden die 13 verstorbenen Priester – darunter ein Bischof und ein emeritierter Bischof – hinzugerechnet, beträgt der Rückgang 110 Priester. Das sind etwa 20 Prozent der Geistlichen, die im Jahr 2020 in dem mittelamerikanischen Land lebten.

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Die Kirchenprovinz Nicaragua besteht aus der Erzdiözese Managua und acht Diözesen. Im Jahr 2020 gab es im Land 546 Priester, die 393 Pfarreien betreuten. Seitdem hat es zwar neue Priesterweihen gegeben – Kardinal Leopoldo José Brenes weihte zuletzt am 6. Januar 2024 in Managua neun Priester–, der Rückgang des nicaraguanischen Klerus ist aufgrund der Verfolgung durch das Regime jedoch größer.

25 von 60 Geistlichen verloren

Besonders betroffen ist das Bistum Matagalpa, dessen Bischof Rolando Álvarez am 13. Januar nach Rom ausgewiesen wurde. Die Diözese hat 25 der 60 Geistlichen verloren, die sie im Jahr 2020 hatte – ein Rückgang von fast 42 Prozent. Unter den 25 Geistlichen sind auch vier verstorbene Priester, zwei Geistliche, die entschieden haben, im Ausland weiter zu studieren, sowie einer, der „das Priestergewand an den Nagel gehängt“ hat.

Nach Matagalpa sind die Diözesen Siuna und Bluefields am stärksten betroffen, wo die Zahl der Priester um 33 Prozent beziehungsweise 31 Prozent zurückging. Es folgten Estelí mit einem Rückgang von 28 Prozent und die Erzdiözese Managua mit 25 Prozent.

Insgesamt hat das Ortega-Murillo-Regime 34 Priester verbannt. Am 9. Februar 2023 wurden im Rahmen der ersten vom Ortega-Regime angeordneten Massenverbannung fünf Priester (zusammen mit einem Diakon und zwei Seminaristen) in die Vereinigten Staaten ausgewiesen; am 18. Oktober weitere zwölf willkürlich inhaftierte Priester in den Vatikan. Eine dritte Gruppe, bestehend aus Bischof Rolando Álvarez von Matagalpa, Bischof Isidoro Mora von Siuna sowie 15 Priestern und zwei Seminaristen, wurde am 13. Januar 2024 in den Vatikan verbannt. 

Rückgang von Messfeiern

Das Online-Medium „Mosaico CSI“ hat berechnet, dass 37 nicaraguanische Priester ins Exil gegangen sind und in verschiedenen Ländern Zuflucht suchen mussten. Darüber hinaus wurde mindestens 21 weiteren Priestern die Einreise in das Land verweigert, und fünf ausländische Priester wurden aus Nicaragua ausgewiesen. Auch Diakone, Priesteramtskandidaten und Laien, die als Mitarbeiter der Diözese Matagalpa tätig sind, gehören zu den politischen Gefangenen des Regimes, weil sie der katholischen Kirche nahestehen. Dazu kommen Mitarbeiter der Caritas und Medienmitarbeiter der Diözese Estelí.

Die Plattform „confidencial.digital“ zitiert einen anonymen Priester: „Das Herzstück des pastoralen Lebens in einer Pfarrei ist die Feier des heiligen Messopfers.“ Der Priestermangel bedeute nicht nur einen Rückgang der Messfeiern, sondern dass „es auch kein Sakrament der Versöhnung gibt, das es den Seelen ermöglicht, in die Gemeinschaft mit Christus und mit ihren Brüdern zurückzukehren“. Ein im Exil lebender Priester, der aus Angst vor Repressalien gegen seine Familie nicht genannt werden möchte, sagt, dass auch „die geistliche Begleitung eines Hirten“ fehle, sodass „die Schafe ohne einen Hirten überfordert sind“. Dadurch werde die Seelsorge geschwächt.

Die Angriffe durch das Regime haben auch die Diözesansynode zunichte gemacht, die Bischof Álvarez am 19. Dezember 2021 offiziell eröffnet hatte. Er wurde am 4. August 2022 unter Hausarrest gestellt und am 10. Februar 2023 inhaftiert, nachdem ihn ein Gericht wegen „Hochverrats“ zu 26 Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilte. Bischof Álvarez verbrachte bis zu seiner Ausweisung in den Vatikan am 13. Januar 2024 insgesamt 527 Tage in Gefangenschaft.

Auch die Bischofskonferenz leidet unter den Angriffen des Regimes

Bischof Isidoro Mora, der bis 2021 Generalvikar von Matagalpa war, wurde zum Bischof von Siuna ernannt. Am 20. Dezember 2023 gedachte er bei einer Heiligen Messe des damals inhaftierten Bischofs Álvarez. Er wurde daraufhin festgenommen, und verbrachte 24 Tage im Gefängnis, ehe er zusammen mit Bischof Álvarez, 15 Priestern und zwei Seminaristen am 13. Januar nach Rom ausgewiesen wurde.

Auch die Bischofskonferenz von Nicaragua (CEN) selbst leidet unter den Angriffen des Regimes. Sie bestand aus zehn Bischöfen, den acht Diözesanbischöfen sowie dem Erzbischof von Managua, Kardinal Brenes, und dessen Weihbischof Silvio José Báez, der 2019 aufgrund von Morddrohungen ins Exil gehen musste. 

Zurzeit sind drei Diözesen ohne Bischof, denn neben den Bistümern Matagalpa und Siuna, denen die ausgewiesenen Bischöfe Álvarez und Mora jeweils vorstanden, ist auch die Diözese Estelí seit Juli 2021 vakant – sie wurde ebenfalls von Bischof Álvarez als Diözesanadministrator geführt. Dazu kommen zwei Bischöfe an der Altersgrenze: Carlos Enrique Herrera Gutiérrez, Bischof von Jinotega und Vorsitzender der CEN wurde im Dezember 75 Jahre alt. Kardinal Brenes, Erzbischof von Managua, wird es am 7. März. Sollte der Papst ihre Rücktritte annehmen, wären fünf von den neun Bischofssitzen im Land vakant. Dazu kommt noch, dass der Apostolische Nuntius, Waldemar Stanislaw Sommertag, bereits am 6. März 2022 aus Nicaragua ausgewiesen wurde.

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