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Neuer Vorsitzender der Polnischen Bischofskonferenz Wojda: Ein Mann der Mitte?

Polens Bischöfe wählen den Erzbischof von Danzig, Tadeusz Wojda, an ihre Spitze. Wo verortet er sich? Ein polnischer Priester ordnet ein.
Erzbischof Tadeusz Wojda
Foto: IMAGO/Michal Fludra (www.imago-images.de)

Die polnischen Bischöfe haben einen neuen Vorsitzenden: Am Donnerstag wählte die in Warschau tagende Polnische Bischofskonferenz (KEP) den Erzbischof von Danzig, Tadeusz Wojda, zum Nachfolger des Posener Erzbischofs Stanisław Gądecki, der zwei Amtszeiten lang im Amt war.

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Der 67-jährige Wojda ist Pallottiner, promovierte in Missiologie und war von 2017 bis 2021 Erzbischof von Białystok. Zuvor arbeitete er 27 Jahre lang im Vatikan in der Kongregation für die Evangelisierung der Völker, ab 2012 war er Untersekretär dieser Kongregation.

Auftritte bei "Radio Maryja"

Erzbischof Wojda wird als „Mann der Mitte“ beschrieben, auch wenn noch nicht viel über ihn bekannt ist. In den Medien war er bisher nicht präsent, abgesehen von Auftritten im konservativen katholischen Radiosender „Radio Maryja“. Dessen Leiter ist der Redemptorist Tadeusz Rydzyk aus Toruń, der offen die ehemalige Regierung der konservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) unterstützt. Wojdas mediales Auftreten in Toruń lässt bei manchen Zweifel am zentristischen Charakter der Amtsführung des neuen KEP-Vorsitzenden Wojda aufkommen.

Vielleicht ist dieses Engagement aber auch Teil eines bewussten pastoralen Engagements von Erzbischof Wojda, der 2022 Delegierter der polnischen Bischöfe für die von Rydzyk geleiteten Medien wurde. Beobachter vermuten, dass Wojda dadurch versuchen könnte, die durch die Medien geschürten sozialen Spannungen abzubauen. 

Einen Beweis für sein pastorales Bewusstsein lieferte Erzbischof Wojdas, als er während seiner Amtszeit als Erzbischof von Białystok im Zuge der Krise an der polnischen Grenze zu Belarus dafür bekannt wurde, sich für die Achtung der Menschenrechte einzusetzen. Damals waren große Gruppen von Migranten vom autoritären Regime des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko an die Grenze zur Europäischen Union gebracht worden und versuchten daraufhin, mit Gewalt über die Grenze nach Polen und in die EU-Länder, insbesondere nach Deutschland, zu gelangen.

Andererseits wandte sich Erzbischof Wojda entschieden gegen den allerersten so genannten Gleichstellungsmarsch in Bialystok, der von LGBTQ- Kreisen organisiert wurde. "Dies ist eine Initiative, die unserer Region Podlachien fremd ist. Wir wiederholen nach Kardinal Stefan Wyszyński: 'Non possumus'. - Wir können dem nicht zustimmen!" - schrieb er in einer Proklamation, die während der Gottesdienste in den Kirchen der Erzdiözese Bialystok verlesen wurde. Der Marsch fand schließlich statt, aber die Teilnehmer wurden von Gegendemonstranten mit Steinen und Feuerwerkskörpern beworfen und verbrannten Regenbogenfahnen. Kardinal Wyszyński hatte die von Wojda zitierten Worte ursprünglich 1953 geäußert, in Opposition zu den Versuchen der kommunistischen Regierung, die katholische Kirche in Polen zu unterjochen. Die von Erzbischof Wojda - vielleicht unfreiwillig - gezogene Analogie sahen viele daher als höchst fragwürdig und unpassend.

Gesellschaftliche und kirchliche Herausforderungen

Auf den neuen Vorsitzenden der Konferenz der polnischen Bischöfe kommen nun einige gesellschaftliche und kirchliche Herausforderungen zu, vor denen Polen derzeit steht. Dazu zählt der drastische Rückgang des Besuchs des Religionsunterrichts, die beschleunigte Säkularisierung, das immer noch lebhafte Thema des richtigen Umgangs mit den Opfern des Missbrauchsskandals, die unklare Zukunft der Kirchenfinanzierung oder auch die hitzige Diskussion um das Abtreibungsrecht. 

Zugleich muss es Erzbischof Wojda gelingen, zwischen den sehr unterschiedlichen und entsprechend polarisierten Sichtweisen im polnischen Episkopat zu vermitteln. So gibt es Kommentatoren in Polen, die meinen, die Wahl von Erzbischof Tadeusz Wojda bedeute vor allem, dass es keiner der Seiten gelungen sei, die andere zu überzeugen.


Der Autor ist katholischer Priester der Erzdiözese Łódź und Dozent, studierte Theologie (Päpstliche Universität Johannes Paul II. in Krakau), Philosophie und Psychologie (Jagiellonen-Universität in Krakau). Er promovierte an der Schlesischen Universität in Kattowitz und spezialisierte sich auf analytische Philosophie und Erkenntnistheorie

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