Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kommentar zu US-Wahlkampf

Der Oberste Gerichtshof stärkt Trumps Verteidigungs-Strategie

Amerikas Oberste Richter befassen sich mit der Frage nach Trumps Immunität. Die juristischen Hürden für Trumps Wiedereinzug ins Weiße Haus werden niedriger.
Der ehemalige US-Präsident Trump verzeichnet juristischen Sieg
Foto: IMAGO/AdMedia/Starface (www.imago-images.de) | Hier stehe ich und kann nicht anders: Es sieht ganz so aus, als würden dem ehemaligen Präsidenten Donald Trump die juristischen Hindernisse für einen Wiedereinzug ins Weiße Haus aus dem Weg geräumt.

Es gab einmal eine Zeit, in der es den Anschein hatte, Donald Trump würde im entscheidenden Wahljahr 2024 von Gerichtsverfahren geradezu überrollt. Er müsse so viel Zeit in Gerichtssälen verbringen, lautete die Erzählung, dass ihm kaum noch Zeit bliebe, Wahlkampf zu machen. Und irgendwann, so die Hoffnung auf Seiten seiner Gegner, wenn das ganze Ausmaß seines Fehlverhaltens auf juristischem Wege zweifelsfrei bestätigt sei, müsse sich doch die Mehrheit der Partei – und vielleicht auch der republikanischen Wähler – von ihm abwenden.

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Diese Hoffnung war bestenfalls naiv. Den abermaligen Beweis dafür lieferte am Mittwoch der Oberste Gerichtshof der USA. Man werde die Berufung des ehemaligen Präsidenten annehmen, entschieden die Richter, und sich Ende April mit folgender Frage befassen: Kann Trump überhaupt für Handlungen strafrechtlich verfolgt werden, die er als Präsident begangen hat? Oder genießt er Immunität für seine Zeit im Weißen Haus

Trump geht es um Verzögerung des Prozess-Auftakts

Alle vorherigen Instanzen hatten bislang gegen Trump entschieden, der in der US-Hauptstadt Washington wegen versuchten Wahlbetrugs nach seiner Niederlage gegen Joe Biden im November 2020 angeklagt ist. Ein Urteil könnte bis Juni auf sich warten lassen. Sollten die Obersten Richter gegen Trump entscheiden, dürfte der Strafprozess frühestens im Herbst beginnen. 

Experten sind sich einig, dass die Argumentation von Trumps Verteidigern juristisch kaum haltbar sein dürfte, da es weder Präzedenzfälle dafür gibt, noch sich eine allumfassende Immunität des Präsidenten aus der Verfassung ableiten lasse. Dennoch geht die Strategie des 77-Jährigen voll auf: Denn Trump zielt gar nicht darauf ab, sich Immunität vor Strafverfolgung zusprechen zu lassen. Ihm geht es nur um die Verzögerung des Prozessauftakts – am liebsten bis nach der Wahl im November. Falls er wieder ins Weiße Haus einziehen sollte, könnte er den Prozess wohl verschieben, bis er aus dem Amt ausscheidet – oder darauf hinwirken, dass das Verfahren komplett eingestellt wird.

Der Republikaner könnte sich kein schöneres Wahlkampfgeschenk wünschen

Und selbst wenn es doch noch vor der Präsidentschaftswahl zum Prozess kommen sollte: Könnte sich Trump ein schöneres Wahlkampfgeschenk wünschen? Nein, denn ein solches Szenario würde ihm erst recht in die Karten spielen. Er bekäme maximale mediale Aufmerksamkeit in den Wochen vor der Stimmabgabe. Und eine kostenlose Bühne, um das Narrativ der „Hexenjagd“ gegen seine Person und der politisierten Justiz zu vertreten, die es ja nur darauf abgesehen habe, ihn zu vernichten.

Der Oberste Gerichtshof hat mit seiner Entscheidung den Rettungsring, den sich der Ex-Präsident gezimmert hat, noch weiter aufgeblasen. Die juristischen Hürden für Trumps Wiedereinzug ins Weiße Haus werden immer niedriger. 

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Maximilian Lutz Donald Trump Joe Biden Präsidentschaftswahlen Weißes Haus

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