Der Streit um den sogenannten „Kreuzerlass“ geht nun wohl in die entscheidende letzte Runde. 2018 hatte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder verfügt, dass im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes gut sichtbar ein Kreuz zu hängen habe – „als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns“. Dagegen hatte der Bund für Geistesfreiheit in Bayern (bfg) bereits mehrfach geklagt und verloren. Nun hat die Körperschaft öffentlichen Rechts, die sich als „Konkurrent der christlichen Glaubensgemeinschaften“ sieht, den Gang vor das Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe angekündigt. In einer am Sonntag vom bfg München veröffentlichten Stellungnahme heißt es zur Begründung, man sehe sich – nach wie vor – durch das Kreuz in seinen Grundrechten auf Gleichbehandlung und Religionsfreiheit verletzt.
Zuletzt hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig im Dezember 2023 eine bfg-Klage gegen den Erlass abgewiesen. Damals hatte das Gericht keine Verletzung des Neutralitätsgebots erkennen können, weswegen auch das grundrechtliche Verbot der Benachteiligung wegen des Glaubens durch den Kreuzerlass nicht verletzt gewesen sei. Der Neutralitätsgrundsatz gebiete keine Laizität, sondern Offenheit gegenüber der Vielfalt religiöser Bezüge, so das Gericht. Aus dem Wortlaut der Regelung - „Ausdruck der kulturellen Prägung“ - ergebe sich keine Identifikation mit christlichen Glaubenssätzen.
Grundgesetzartikel statt Kreuz?
Mit der Maßnahme im Vorfeld des bayerischen Landtagswahlkampfs 2018 war Söder seinerzeit auf auf vielfache Kritik gestoßen. Unter anderen hatte der Münchner Kardinal Reinhard Marx dem bayerischen Ministerpräsidenten vorgehalten, das Kreuz werde „im Namen des Staates enteignet“, wenn es nur als kulturelles Symbol gesehen werde. Durch den Erlass sei „Spaltung, Unruhe, Gegeneinander“ entstanden, so Marx damals gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Von geistlicher Seite hatte es allerdings auch Lob gegeben, etwa vom Passauer Bischof Stefan Oster. Der hatte der Passauer Neuen Presse gesagt, er freue sich, wenn Kreuze aufgehängt würden, „weil sie uns an den Erlöser erinnern“.
Der Bund für Geistesfreiheit wirbt indessen für den Vorschlag des prominenten SZ-Journalist Heribert Prantl, statt dem Kreuz Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes anzubringen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ So äußerte sich die Vorsitzende des bfg München, Assunta Tammelleo: „Hinter diesem Artikel, der von keiner politischen Mehrheit veränderbar ist, können sich alle Menschen stellen, die auf dem Boden unseres Grundgesetzes stehen.“ (DT/jra)
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