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Ist das Reli oder kann das weg?

Religionsunterricht ist wichtig, aber nur, wenn er nicht zur reinen Sozialkunde verkommt.
Religionsunterricht: Ein etwas problematisches Verständnis zeigen sowohl Diözesanrat als auch die CSU
Foto: IMAGO/Detlef Heese (www.imago-images.de) | Ein etwas problematisches Verständnis von Religionsunterricht zeigen sowohl Diözesanrat als auch die CSU. (Symbolbild)

Ende Januar verkündete der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach einer zweitätigen Klausurtagung seines Kabinetts: „Bei Religion wird nicht gekürzt.“ Genau das war aber kurz vorher noch im Gespräch gewesen. Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) hatte dem bayerischen Bildungsausschuss Pläne vorgelegt, mit denen sie auf das schlechte Abschneiden der Schüler in den Kernfächern Deutsch und Mathematik im Rahmen der letzten PISA-Bildungsstudie reagieren wollte.

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Die Idee der Ministerin: Von der ersten bis zu vierten Klasse sollte das Fach Deutsch um eine wöchentliche Schulstunde erweitert werden. Außerdem sollte es in der ersten und in der vierten Klasse jeweils eine zusätzliche Stunde Mathematik pro Woche geben. Um dadurch die Gesamtstundenzahl nicht zu steigern, war vorgesehen, dass die Schulstunden anderer Fächer – darunter eben auch die Religion – flexibel reduziert werden können.

Keine Kürzung

Die CSU, offenbar sich des Buchstabens „C“ in ihrem Namen erinnernd, protestierte. Der Chef der bayerischen Staatskanzlei, Florian Herrmann (CSU), trat mit den unmissverständlichen Worten an die Öffentlichkeit: „Mit der CSU wird es keine Kürzung beim Religionsunterricht geben.“ Dass es sich dabei nicht um ein leeres Versprechen handelte, ist inzwischen durch den Ministerpräsidenten höchstpersönlich bestätigt worden.

Doch warum schätzt die CSU um Söder den Religionsunterricht als derart wichtig ein? Die Begründung des Ministerpräsidenten lässt aufhorchen. Von einer Anbiederung an die Kirchen wollte er nichts wissen. Stattdessen stellte er die im Religionsunterricht geleistete Werteerziehung in den Mittelpunkt. Ironischerweise griff Söder damit aber exakt die Einschätzung der Laienvertretung des Erzbistums München und Freising auf.

Der Vorsitzende des Diözesanrates, Armin Schalk, hatte die geplanten Kürzungen der Kultusministerin nämlich ebenfalls mit Verweis auf den Erwerb sozialer Kompetenzen verteidigt. Im Religionsunterricht werde „Solidarität eingeübt, Verantwortung ‚trainiert‘ und Gemeinsinn vermittelt“. Die Bedeutung dieser Fertigkeiten stellte Schalk in den Kontext einer allgemeinen Einschätzung zum Zustand der Gesellschaft: „Der Zusammenhalt unserer Gesellschaft wird zunehmend gefährdet, die Zustimmung zu extremen und demokratiegefährdenden Positionen nimmt zu.“

Längst abgeschafft

Von der Phrasendrescherei dieses Statements einmal abgesehen, verwechseln sowohl die CSU als auch der Diözesanrat offenbar Gesellschafts- oder Staatsbürgerkunde mit Religionsunterricht. Vom allmächtigen Gott, von Christus, von der Sündhaftigkeit und Erlösungsbedürftigkeit des Menschen, von der Gnade oder auch von den zehn Geboten – die übrigens gerade keine luftigen „Werte“ und daher auch zur Werterziehung ganz untauglich sind – fehlt in diesen Aussagen jede Spur.

Es drängt sich geradezu der Eindruck auf, dass der Religionsunterricht in Bayern längst abgeschafft worden ist. Eltern, denen die religiöse Erziehung ihrer Kinder am Herzen liegt, scheinen auf jeden Fall vom Schulunterricht nur noch wenig erwarten zu dürfen. Dieser Umstand – und nicht irgendeine fixe Stundenzahl – müsste für eine Partei, die sich wirklich christlicher Politik verschrieben hat, der eigentliche Skandal sein.

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