Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Los Angeles

Robert Barron: Der Kämpfer

Der konservative Weihbischof von Los Angeles, Robert Barron, ist in Amerika zu einem wichtigen Botschafter der Kirche geworden - er ist medien-affin, ohne nur ein Jota des Glaubens preiszugeben.
Bischof Robert Barron, konservative Weihbischof von Los Angeles
Foto: Wordonfire.org

Der Mann ist ein Kommunikationsriese. Gleich auf den ersten Blick wirkt der Bischöfe mit dem jungenhaften Lächeln sympathisch. So wünscht man sich seinen College-Kumpel. Die 60 Jahre sieht man Robert Barron wahrlich nicht an.

Bischof Barron schreibt Bücher und Artikel, veröffentlicht Filme

Der Sohn eines Salesmanagers wurde im Chicagoer Stadtteil Western Springs geboren. Nach seinem Studium der Philosophie und Katholischen Theologie in Washington und Chicago, wirkte er als Kaplan in seiner Heimatstadt, um 1992 in Paris am Institut Catholique de Paris zu promovieren. Im gleichen Jahre trat er eine Professorenstelle an der theologischen Fakultät der Universität von St. Mary of the Lake in Chicago an. Sein wissenschaftliches und rhetorisches Talent blieb nicht lange unerkannt. Rasch gesellten sich weitere Aufgaben hinzu, wie Lehraufträge an der University of Notre Dame und der Päpstlichen Universität Heiliger Thomas von Aquin. 2012 wurde er Rektor des Mundelein Seminars in Chicago. 2015 ernannte Papst Franziskus ihn zum Titularbischof von Macriana in Mauretania und zum Weihbischof der Erzdiözese Los Angeles.

Was eigentlich für ein ganzes Leben reicht, ist für einen Glaubenskämpfer wie Barron längst nicht genug. Neben seinen Fulltime-Jobs verfasste er zahlreiche Bücher, schrieb eine Unmenge von Artikeln und veröffentlichte zudem etliche Filme. Unter anderem einen 10-Teiler über den katholischen Glauben. Die Dreharbeiten führten ihn rund um den Erdball. Ab 2011 wurde die preisgekrönte Dokumentarserie in fast allen öffentlichen Fernsehsendern Amerikas ausgestrahlt und fand 2013 ihre Fortsetzung in der Glaubensreihe „Katholizismus: Die Neuevangelisierung“. Zu Barrons großem Plus gehört, er macht schwierige Dinge leicht verständlich. Und das nicht nur, weil er außer seiner Muttersprache Englisch fließend Französisch, Spanisch, Deutsch und Latein spricht. Die Sprache des Glaubens ist eben auch immer die Sprache des Herzens. Das erklärt seinen nachhaltigen Erfolg. Vielleicht ist das kein Wunder, bei einem, dessen Dissertation den Titel trägt, „Schöpfung als Jüngerschaft: Eine Studie der De potentia von Thomas von Aquin im Lichte der Dogmatik von Paul Tillich“. Allein die Nennung eines der größten Kirchenlehrer in einem Satz mit dem deutsch-amerikanischen Startheologen klingt ökumenischer als die gesamte deutsche Bischofskonferenzen zusammen. Der konservative Weihbischof von Los Angeles schafft Ökumene, ohne nur ein Jota des wahren Glaubens preiszugeben. Auch ein Grund, weshalb ihn der verstorbene Chicagoer Erzbischof Francis Cardinal George als einen der besten Botschafter der Kirche bezeichnete. Inzwischen gilt Barron als einflussreichster katholischer Glaubensbotschafter in den Vereinigten Staaten.

Beim Aufstieg hilft ihm seine verbindliche Jovialität

Auch seine YouTube-Follower wissen seine Arbeit zu schätzen. „Seine Kommunikationsfähigkeit ist ein Geschenk Gottes in der Nachfolge Fulton Sheens“, kommentiert ein User aus Minnesota. Bischöfe Sheen, von Johannes Paul II. als „treuer Sohn der Kirche“ geadelt, war, wenn man so will, ein Billy Graham auf katholisch. Billy Graham, selbst ein rhetorisches Genie, bezeichnete Sheen als „größten Kommunikator des 20. Jahrhunderts“. Was für Sheen galt, gilt auch für Barron und macht ihn zu einem allseits gefragten Mann. Immerhin hat der eloquente Bischöfe schon überall auf der Welt gepredigt, unter anderem beim Weltfamilientreffen 2015 in Philadelphia oder dem Weltjugendtag 2016 in Krakau. Nicht zuletzt liegt Barrons Aufstieg zum Medienstar an seiner verbindlichen Jovialität. Als Kommentator ist er regelmäßiger Gast bei den US-Branchenriesen CNN, ABC oder NBC Nightly Express. Selbstverständlich kommen auch katholische Organe, wie der Catholic Herald und Catholic New World nicht zu kurz. Barrons Online-Apostolat „Word in Fire“ erreicht mehrere Millionen User im Jahr.

Neben täglichen Blog-Posts, sowie wöchentlichen Artikeln und Videokommentaren, ist dort ein umfangreiches Audio-Archiv mit über 500 Predigten zu finden. Die YouTube-Videos wurden bislang über 30 Millionen Mal angeklickt. Über vier Millionen User luden seine Videos herunter. Damit gehört Barron in den sozialen Medien, nach Papst Franziskus, zu den meist gehörten Katholiken der Welt. Die Zahlen sprechen für sich: mehr als 1,5 Millionen Facebook-Fans, mehr als 200 000 YouTube-Abonnenten und über 100 000 Twitter-Follower. Im alt gewordenen Europa kriegt man bei solchen Erfolgen den Mund nicht mehr zu. Dabei ist die Sache ganz einfach, Barron zeigt, wie man lebendigen Glauben im Medienzeitalter praktiziert. Nachahmer dringend erwünscht! Dass er auch seine Gegner entwaffnet, ist mehr als nur Zufall. Der Mann scheut sich nicht, heiße Eisen anzufassen. Dennoch hat man bei ihm nie den Eindruck, er träte einfach die Flucht nach vorne an, weil das ein bequemer Ausweg ist. Barron bleibt sich selbst treu – und vor allem der Kirche. Er könne verstehen, sagte er in einem Interview mit dem Boston-Globe-Magazin Crux, dass viele Katholiken angesichts der Skandale um klerikalen Missbrauch über mangelhafte Aufklärung und Vertuschung wütend seien. Doch der einzige Weg aus der Krise sei „mitten durch“. Denn trotz aller Verbitterung dürfe es keinen Grund geben, die Kirche zu verlassen.

Warnung vor einem Kirchen-Boykott

Nachdrücklich warnte er vor einem Kirchen-Boykott. Der Preis, so Barron, sei für das Seelenheil viel zu hoch, schließlich ist und bleibe die Kirche der mystische Leib Christi. „Kämpft …“, fordert er in seinem Buch „Letter to a Suffering Church“ („Brief an eine leidende Kirche“), „… indem ihr Eure Stimme im Protest erhebt; kämpft, indem Ihr Beschwerdebriefe schreibt; kämpft, indem Ihr darauf besteht, dass Verfahrensregeln eingehalten werden, kämpft, indem Ihr Täter anzeigt; kämpft, indem Ihr die Schuldigen verfolgt, bis sie verurteilt sind; kämpft, indem Ihr Euch nicht durch lächerliche Ausreden beschwichtigen lasst.“ Geschrieben hat Überflieger Barron den Bestseller nicht zuletzt aufgrund einer besorgniserregenden Umfrage, nachdem 37 Prozent der US-Katholiken daran dachten, aufgrund des Missbrauchsskandals die Kirche zu verlassen.

Egal, wieviel Power nötig ist, der Heilige Geist treibt ihn an. Denn: „Letztendlich sind wir keine Katholiken, weil unsere Führer makellos sind.“ Für ihn ist die Sache klar: der wahre Grund des Katholischseins liegt darin, dass die Kirche im Wandel der Zeiten von der Nachfolge Christi inspiriert ist und die Sakramente spendet, „Das ist der Schatz, deshalb bleiben wir.“ Sein offenes Wort wirkt wie Balsam für verwundete Seelen. Täte ein Kommunikationswunder, wie Barron, nicht auch der deutschen Kirche gut? Nicht nur, um die Wunden, die innerkirchlich geschlagen wurden und werden, zu heilen. Es geht nicht um unser Ego oder unsere persönlichen Befindlichkeiten. Um es mit Bischof Barron auf den Punkt zu bringen, es geht darum, „Jesus Christus nachfolgen und für seine Kirche kämpfen“.

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen. Kostenlos erhalten Sie die aktuelle Ausgabe

Themen & Autoren
Burkhardt Gorissen Billy Graham Bischof Bischofskonferenz Catholic Herald Erzbischöfe Erzbistum Hamburg Jesus Christus Johannes Paul II. Papst Franziskus Paul Tillich Robert Barron Thomas von Aquin Weltjugendtag

Weitere Artikel

In einer „Autobiografie der vier Hände“ schaut Papst Franziskus auf sein Leben zurück. Kernpunkte seines Pontifikats bleiben dabei ausgespart.
03.04.2024, 11 Uhr
Guido Horst
Seit der Übernahme durch Elon Musk fremdelt die deutsche Medienlandschaft mit Twitter, jetzt „X“. Nun hat auch das Bistum Mainz seine Twitter-Aktivität eingestellt.
18.11.2023, 21 Uhr
Jakob Ranke

Kirche

Auf den mutigen Priester wartet die Erhebung zur Ehre der Altäre: Im Ersten Weltkrieg wurde er zum Pazifisten, die Nationalsozialisten machten ihn zum Märtyrer.
17.04.2024, 09 Uhr
Peter Winnemöller
Wie in vielen Pfarreien der Alltag die Sphäre des Sakralen absorbiert. Ein Spottwort von vor 30 Jahren wird heute von der Wirklichkeit überholt. 
16.04.2024, 19 Uhr
Gerd Neuhaus