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Psychotherapeut Kurt Reinbacher: Wie Liebe gelingt

Ein Handbuch für alle Paare: Der christliche Psychotherapeut Kurt Reinbacher zeigt, wie Liebe gelingt. Im Interview mit der „Tagespost“ gibt er Einblick in einige Kernthemen und erklärt, warum das Reden über die Ehe heute so wichtig ist.
Kurt Reinbacher
Foto: privat | Der christliche Psychotherapeut Kurt Reinbacher. Sein Arbeitsbuch "Damit Liebe gelingt" richtet sich an jedes Paar.

Herr Reinbacher, Ihr neues Buch „Damit Liebe gelingt“ ist das erste von drei Bänden über Liebe und Partnerschaft. Wie ist die Reihe aufgebaut?

Im ersten, bereits vorliegenden Band „Damit Liebe gelingt“ geht es schwerpunktmäßig um die Vorbereitung einer Ehe und die Arbeit an der ehelichen Beziehung. Der zweite Band wird sich der Familie und Erziehungsthemen widmen, im dritten Band geht es um den in der Familie gelebten Glauben. Über 25 Jahre lang haben wir in unseren Rundbriefen vom Referat für Ehe und Familie der Erzdiözese Salzburg zahlreiche Beiträge zu Ehe und Familie gesammelt. In den drei Büchern sollen die über Jahre gesammelten Inhalte kompakt auffindbar sein.

Das Werk ist ein Arbeitsbuch. Wie kann es von Paaren verwendet werden?

Das Buch deckt die grundlegenden Themen ab, wie sie auch in den Standards der Österreichischen Bischofskonferenz für die Ehevorbereitung vorkommen. Damit ist das Buch speziell auch für Brautpaare und Paare auf dem Weg hin zur Ehe geeignet. Von der Sprache her ist es so aufbereitet, dass auch die theologischen Themen für ein breites Publikum zugänglich sind. Man kann das Buch als Paar miteinander lesen und die Schwerpunkte chronologisch durchgehen, da sie sich sukzessive theologisch vertiefen. Zu jedem Thema gibt es kurze Texte der Kirche und Zeugnisse von Paaren und Einzelpersonen. Das Buch bietet außerdem Übungen und Anregungen für das Paargespräch an, die dabei helfen, miteinander in den Dialog zu kommen. 

Was sind die Kernthemen Ihres Buchs?

Die Themen beginnen auf der natürlichen Ebene. Die erste Frage, die behandelt wird ist: Wie kann ich den richtigen Partner finden? Anschließend die Kommunikation: Die Grundmelodie der Partnerschaft ist der Dialog miteinander, das Paargespräch, wo es eben nicht um sachliche, informative Dinge geht, sondern um die Beziehung. Man muss üben, auch emotional miteinander ins Gespräch zu kommen. Ein Kapitel beschäftigt sich mit der Frage der Berufung zur Liebe. Diese teilt sich ja auf in zwei Wege, zur Ehe und zur Ehelosigkeit um des Himmelreichs willen. Auch die Berufung zur Ehe ist ein Weg der Nachfolge Christi. Relativ am Beginn des Buchs steht auch die Beschäftigung mit der eigenen Identität und dem Selbstwert, der Würde der eigenen Person. Das ist die Grundlage, um sich wirklich auf die Beziehung einlassen zu können. Ein wichtiges Thema ist auch die Herkunftsfamilie. Aus meiner psychotherapeutischen Praxis kann ich beisteuern, dass es nicht immer leicht ist, zwei Lebensgeschichten mit ihrem je eigenen Leid zu verbinden. Die eigene Herkunft und die des anderen zu verstehen und sich von der Herkunftsfamilie zu lösen, sind große Aufgaben der Ehevorbereitung. Ich thematisiere dann auch den Wesensunterschied von Mann und Frau, der heute gesellschaftlich sehr kontrovers gesehen wird. Es geht darum, die Unterschiedlichkeit zu entdecken und als Bereicherung zu begreifen. Dann nehme ich das Thema des „Ehezelts“ auf, um mit diesem grundlegenden biblischen Begriff zu sprechen: Der Mann wird Vater und Mutter verlassen, sich an seine Frau binden und sie werden ein Fleisch. Die Loslösung vom Elternhaus, sich im Jawort aneinander zu binden und dann die Sexualität erfüllt zu leben. Sexualität und natürliche Empfängnisregelung als Lebensweise werden dann ebenfalls eigens behandelt. Auch die Glaubensdimension findet sich wieder: Was ist die Bedeutung des Ehesakraments und was bedeutet es, daraus im Alltag zu leben? Was bedeutet es auch als Sendung und Auftrag im eigenen Leben, nämlich den Glauben auch an die Kinder weiterzugeben? Zum Schluss bringe ich das zentrale Element des Verzeihens und des Lebens aus einer Kultur der Versöhnung heraus.

Welche Rolle spielen Gott und das Gebet in der Vorbereitung auf die Ehe und in der Ehe selbst?

Ein Wort eines Priesters hat mich am Beginn meiner eigenen Ehe sehr berührt: Das Sakrament wird die Ehe retten. Über allen natürlichen, auch psychologischen, Mitteln, die wir haben und ergreifen und auch präventiv einsetzen, ist Gott die Mitte unseres Bundes. Nicht nur wir schenken uns einander unser Ja-Wort, sondern im Sakrament der Ehe spricht auch Gott sein Ja in unsere Beziehung. Er gibt uns die Zusage seiner Gegenwart und darauf dürfen wir uns berufen, „in guten und in schlechten Zeiten“. Mit dem Sakrament der Ehe ist auch eine Weihe und eine Sendung verbunden, für uns als Paar, aber dann auch für die Familie. Es ist ein dauerhaftes Sakrament, ein Sakrament des Alltags, das in das Leben hineinwirkt und wirksam ist. Aus dem mündet dann die christliche Familie als Hauskirche, die nicht etwas ist, was nur gebunden ist an bestimmte Festzeiten, sondern etwas ist, was alle Lebensbereiche erfasst. 

Was genau bedeutet „dauerhaftes Sakrament“?

 Alles, was wir leben, ist von unserem Glauben durchdrungen. Es bedeutet auch die Mission, dass wir Eltern auch die ersten Glaubenszeugen für unsere Kinder sind. Auch die Familienkultur, religiöse Bräuche und Formen, das Gebetsleben des Ehepaars und der Familie, basiert auf dem Ehesakrament. Mit einem Wort aus dem Apostolischen Schreiben Familiaris Consortio von Johannes Paul II. ist mir bewusst geworden, dass wir auf diese Weise in den Kindern Spuren hinterlassen. Der heilige Papst sagt: „Unersetzliches Grundelement der Gebetserziehung sind das praktische Beispiel und lebendige Zeugnis der Eltern. 
Nur wenn Vater und Mutter mit den Kindern zusammen beten und so ihr königliches Priestertum ausüben, erreichen sie die Herzensmitte ihrer Kinder und hinterlassen dort Spuren, die von den Ereignissen des späteren Lebens nicht ausgelöscht werden können.“
Diese „Basics“ auch den Kindern zu vermitteln, dafür ist das Zeugnis zentral. Wenn es ein schlechtes Zeugnis ist, dann hinterlässt es natürlich auch Spuren, die nicht so gut sind. Aber grundlegend ist es, wirklich mit Gott in der Ehe zu rechnen. Oft kann man nicht miteinander reden, manchmal ist es schwierig, aber manchmal muss man die Situation loslassen, meinen Partner, meine Kinder dem Herrn übergeben, damit er die Situation verändern kann, im Umgang mit Krisen.

Sie sind Psychotherapeut: Warum braucht es überhaupt Kurse und Arbeitsbücher für gelingende Beziehungen? Man sollte meinen, es sei das Natürlichste auf der Welt, einen Partner zu finden und gemeinsam Kinder großzuziehen.

 Das ist etwas, mit dem ich am Beginn meiner Arbeit konfrontiert war. Ich wollte Angebote für Ehepaare machen, zum Beispiel Paargespräche, und oft wurde mir die Frage gestellt: „Warum sollen wir so etwas machen? Wir haben doch keine Probleme.“ Aus der eigenen Ehe und der Arbeit mit Ehepaaren kam heraus: Wenn man nichts in die Beziehung investiert, dann ist das nicht Stillstand, sondern man fällt zurück. Man bleibt nicht auf dem Level. 
Das ist in unserer Zeit oft viel herausfordernder, weil man, auch in der Partnerschaft, oft in verschiedenen Lebenswelten lebt, mit Arbeit und Kindern. Das Nebeneinander-her-leben, wo jeder in seiner Welt ist, muss bewusst überwunden werden. Das erfahre ich in meiner Arbeit mit der Salzburger Akademie für Ehe und Familie. Außerdem: Eine gute Ehe kann noch besser werden. Wenn alles gut läuft, ist das der richtige Moment, in die Beziehung zu investieren. Für sich selbst macht man berufliche Fortbildungen, die Kinder folgen ihrer eigenen Ausbildung. Auch als Familie auf dem Weg zu sein, etwas für die Ehe und die Beziehung zu den Kindern investieren, ist eine Riesenchance und auch eine Art Unfallprophylaxe.

Ist das heute notwendiger als früher?

 Heute wird die Ehe vielfach als Auslaufmodell gesehen; verschiedene andere Lebensformen werden sukzessive der Ehe gleichgestellt. Die Frage stellt sich für alle: Was ist wirklich das Besondere an der Beziehung von Mann und Frau? Worin besteht das Geschenk, eine Entscheidung, die ich einmal getroffen habe, auch dauerhaft durchzutragen? Das alles gilt es zu vertiefen. 
Kurt Reinbacher ist verheiratet und Vater von vier Kindern. Als Theologe und Psychotherapeut leitet er die Salzburger Akademie für Ehe und Familie (akademie-ehe-familie.at). Sein Buch „Damit Liebe gelingt“ ist im Verlag Ehe Familie Buch (ehefamiliebuch.at) erschienen.

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Franziska Harter Ehesakrament Jesus Christus Johannes Paul II.

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