Liebe Kinder und Jugendliche, wir Christen beten öfter einmal den Kreuzweg. Vor allem in der Fastenzeit als Vorbereitung auf die Karwoche und das Osterfest. Der Kreuzweg ist ein sehr altes Gebet mit viel Tradition. Man kann ihn alleine oder auch mit anderen beten. Zudem bewegt man sich dabei. Und als Gebet bewegt der Kreuzweg den, der betet. Hast Du schon einmal, vielleicht sogar öfter den Kreuzweg gebetet? Dann erinnerst Du Dich wohl auch an die meist 14 Kreuzwegstationen. Die gewöhnlich 14 Stationen des Kreuzwegs gehen entweder auf die Bibel zurück, oder sie sind tief verwurzelt in der christlichen Tradition.
An jeder Station gibt es ein Bild, ein Relief oder eine Figurengruppe. Und eine meist römisch geschriebene Zahl vonIbis XIV. Kennst du alle vierzehn Stationen des Kreuzwegs? Jede Station erinnert an ein bestimmtes Ereignis auf dem Leidensweg Jesu: von seiner Verurteilung durch Pontius Pilatus über den Tod am Kreuz bis hin zur Ruhe im Grab.
Den Weg von Station zu Station geht man meist zu Fuß und bleibt dann vor jeder Station stehen. Dann schaut man sich vielleicht genauer an, was dargestellt ist und kniet für einen Moment nieder. Alle stehen dann wieder auf. Und es können weitere Bibelworte oder Gebete folgen. Manchmal auch ein passendes Lied. Es gibt Kreuzwege unter freiem Himmel. Viel öfter aber sieht man die 14 Kreuzwegstationen in fast jeder katholischen Kirche.
Neuerdings gibt es in einigen Regionen auch „Fahrrad-Kreuzwege“, die Du mit dem Rad erkunden kannst. Schau mal, ob sich in Deiner Nähe ein solcher „Fahrrad-Kreuzweg“ finden lässt. Gib einfach bei Google ein: „Fahrradkreuzweg“. Und dann mach Dich mit deinen Freunden oder Geschwistern auf den Weg, ihn radelnd zu entdecken! Unterwegs und an jeder Station begleiten wir Jesus in Gedanken und betend auf seinem Kreuzweg. Nach der Verurteilung (I. Station) nimmt Jesus das Kreuz auf seine Schulter (II. Station).
Unterwegs stürzt er dreimal unter der Last des Kreuzes (III., VII. und IX. Station). Er begegnet zugleich voller Hoffnung seiner Mutter(IV. Station). Beide schauen sich tief in die Augen. Schließlich hilft ihm Simon von Cyrene, das Kreuz zu tragen (V. Station). Und dann erfrischt ihn Veronika mit ihrem Schweißtuch (VI. Station). Auf dem Kreuzweg begegnet Jesus den weinenden Frauen (VIII. Station). Schließlich wird er seiner Kleider beraubt (X. Station) und ans Kreuz genagelt (XI. Station), an dem er stirbt (XII. Station). Am Ende wird er in den Schoß seiner Mutter Maria gelegt (XIII. Station) und danach ins Grab (XIV. Station).
„Der Kreuzweg ist also Gebets- und Lebensweg in einem. Du machst Dich auf, um auf dem Weg zu gehen und zu beten, den Jesus gegangen ist. Auf diesem Weg wirst Du Jesus so sicher begegnen, wie zwei mal zwei vier ist. Und Jesus wird Dein Freund.“
Auf traurige Stationen folgen solche mit Trost und Hoffnung
Es sind also Stationen, die uns Schmerz und Trauer vor Augen führen, die Jesus auf sich genommen hat. Wie im wirklichen Leben folgen auf bedrückende Stationen dann solche, die geprägt sind von Anteilnahme, Trost und Hoffnung. Es sind zumindest drei und aus gläubiger Sicht sogar fünf Stationen, von den 14 oben genannten, wo das der Fall ist.
Findest Du diese drei bzw. fünf Stationen selbstständig heraus? (Die richtigen Antworten findest du unten.) Der Kreuzweg ist also Gebets- und Lebensweg in einem. Du machst Dich auf, um auf dem Weg zu gehen und zu beten, den Jesus gegangen ist. Auf diesem Weg wirst Du Jesus so sicher begegnen, wie zwei mal zwei vier ist. Und Jesus wird Dein Freund.
Genau das haben schon viele Menschen erlebt. Darunter auch bedeutende Persönlichkeiten. Von einem, von Alexej Jawlensky, will ich kurz erzählen. Als Russe, der nach Deutschland übersiedelte, gehörte er in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu den führenden Maler-Persönlichkeiten des deutschen Expressionismus. Jawlensky hat tausende Bilder gemalt, die immer abstrakter wurden. Auch seine farbenfrohen Gesichtsmeditationen gehören dazu.
Anfangs sind Jawlensky‘s abstrakte Gesichter bunt und farbenfroh. Schau Dir dazu das erste Bild an. Man kann in ihm den Witz eines Clowns und zugleich die Größe eines nachdenkenden Menschen erkennen. Seit 1929 litt Jawlensky zunehmend an schwerer Arthritis. Bald konnte er den Pinsel nicht mehr in einer Hand halten. Er musste die andere Hand mit dazu nehmen. Und seine Schmerzen wurden immer größer. Bis er schließlich vollständig gelähmt gar nicht mehr malen konnte. Bald darauf starb er.

Menschen wie Maler Jawlensky erlebten Jesus als Freund auf ihrem Lebensweg
In diesen letzten Jahren konnte Jawlensky nur noch mit groben Pinselstrichen malen. Das sieht man ganz deutlich im zweiten Bild. Vergleiche es bitte mit dem ersten Bild, bevor Du weiterliest! Du wirst festgestellt haben: Bei aller Ähnlichkeit, auch in der weiterhin leuchtenden Vielfalt der Farben, ist dieses Bild doch auffällig anders. Denn in diesem zweiten Bild verarbeitet Jawlensky seine Traurigkeit und seinen inneren Schmerz, bald gar nicht mehr malen zu können und am Ende sterben zu müssen.
In einem seiner letzten Gesichtsbilder ist das menschliche Antlitz zu einem Kreuz geworden. Schau Dir bitte auch dieses, das dritte Bild an und vergleiche es mit den beiden anderen! Das dritte Bild scheint viel dunkler. Schaut man aber genauer hin, dann scheint von der rechten Seite her ein helles Licht das Rot in lebendiges Feuer zu verwandeln. Hier gehen Dunkles und Trauriges über in Leben und Wärme. Und es überrascht, wie sehr das Gesicht auch Kreuz und umgekehrt, das Kreuz auch Gesicht sein kann.
Für Jawlensky war es Jesus, der am Kreuz auf ihn schaute und zuversichtlich stimmte. Jawlensky nannte diese Bilder „Karfreitag“. Wenn Du möchtest, überlege einmal: Zu welchen der 14 Kreuzwegstationen passt dieses Bild am besten? Es sind zwei Stationen! (Die richtigen Antworten findest du unten.) Vielleicht kannst Du nun noch inniger die Worte sprechen, die bei jeder Station gebetet werden: „Wir beten Dich an, Herr Jesus Christus, und preisen Dich, denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die Welt erlöst.“ Einfach mal auf die Suche gehen! Und was sollte man sonst noch über den Kreuzweg wissen? Und wie ihn weiter entdecken?
Kreuzwege gibt es in vielen verschiedenen Formen
Neben den klassischen 14. Stationen gibt es zahlreiche andere Kreuzwege, die manchmal in nur einer Station die Leidensgeschichte Jesu erzählen: in Parks, an Wallfahrtsstätten, im Wald, auf dem Feld oder in Gebäuden: gemalt, geschnitzt, gemeißelt – als Bildtafeln, Skulpturen oder Fotos usw. Kennst Du solche Kreuzwege in Deiner Nachbarschaft? Vielleicht gehst Du in dieser Fastenzeit einmal in benachbarten Kirchen, auf Friedhöfen, am Wegrand oder an Wegkreuzungen auf die Suche.
Du kannst auch selber einen Kreuzweg malen oder basteln. Im Internet etwa findest Du eine tolle Anleitung für einen Bilder-Kreuzweg, der in eine Streichholzschachtel passt. Gib einfach bei Google ein: „Kreuzweg in der Streichholzschachtel“. Lass Dich überraschen. Übrigens war ich ganz verblüfft, wie viele interessante und schöne Bilder vom Kreuzweg sich über die „Bilder-Suche“ bei google finden lassen. Es ist „kinderleicht“: google-Suche auf Bilder umstellen und „Kreuzweg“ eingeben. Das Gleiche gilt für Kreuzweg-Texte und Gebete.
Du brauchst nur „Kreuzweg“ in die Standardsuchmaske eingeben. Einiges wird Dich mehr, anderes weniger ansprechen. Aber bewegen wird Dich alles. Viel Freude dabei. Und dass Du Jesus als treuem Freund begegnest und erfährst, wie er mit Dir gemeinsam Deinen Weg geht und Dich wunderbar begleitet.
Volker Hildebrandt ist Pfarrer an der romanischen Kirche St. Pantaleon in Köln. Er gehört dem Opus Dei an, hat in philosophischer Ethik promoviert und war jahrelang als Schulpfarrer und Religionslehrer tätig.
Lösungen:
Antwort 1: Es sind die IV., V., VI. Station; und aus gläubiger Sicht auch noch die XIII. und XIV. Station.
Antwort 2: Das Bild passt am bestenzur XI. Station – Jesus wird ans Kreuz genagelt; und zur XII. Station – Jesus stirbt am Kreuz.
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