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Die Fastenzeit ist ein Grund zur Freude

Die Fastenzeit ist mehr als ein Verzicht auf Süßigkeiten und die bevorzugte Serie. Eine Anleitung für Familien, diese besondere liturgische Zeit in der Vorfreude auf Ostern zu leben

 Die meisten Kinder erwarten den Beginn der Fastenzeit nicht gerade mit Begeisterung. Während der Advent mit Plätzchen, Kerzen, schönen Liedern und spannenden Adventskalendern eine Zeit der Vorfreude ist, hat die Fastenzeit eher einen mühsamen Beigeschmack. Für uns als Kinder war es die Zeit, in der große Mengen gesammelter Karnevals-Süßigkeiten auf dem Küchenschrank verschwanden und nur sonntags hervorgeholt wurden. Wie soll man den Kindern die Fastenzeit also vermitteln? Wenn Jesus wie damals, als die Kinder zu ihm kamen, zu diesen jungen Zuhörern über die Fastenzeit sprechen würde – würde er ihnen vor allem Buße und Verzicht einbläuen? Oder wie würde er den Sinn der 40 Tage erklären? 

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Zeit der Freude und des Staunens! 

In der Fastenzeit bereiten wir uns auf ein Fest vor, sogar auf das wichtigste und größte Fest der Christen: Ostern. Sich auf ein Fest vorzubereiten ist eigentlich eine freudige Angelegenheit! Und Grund zu Dank und Freude gibt es viel: Jesus befreit uns von der Sünde. Er öffnet den Himmel für uns. All das verdienen wir uns nicht, etwa indem wir viele Vorsätze erfüllen und besonders fromm sind. Nein, er schenkt es uns gratis. Einfach aus Liebe. Daher darf die Fastenzeit eine Zeit der Vorfreude sein. 
Jesus bezahlt für unsere Sünden einen hohen Preis. Er wird verleumdet, geschlagen und gegeißelt. Blutüberströmt stirbt er am Kreuz. Jesus ist bereit, diesen Preis zu bezahlen, weil er dich und mich unfassbar liebt. Wenn wir auf das Kreuz schauen und sehen, wie Jesus leidet, darf uns das in mitleidendes, demütiges und dankbares Staunen versetzen. Wo sonst haben wir so viel Liebe erfahren? 

Wie wäre es, den Kindern die Fastenzeit als etwas Schönes nahe zu bringen? Wie wäre es, wenn sie diese Zeit dazu nutzen würden, die große Liebe entdecken, die Jesus uns am Kreuz zeigt? Wenn sie die Freude spüren, die der geöffnete Himmel für uns bedeutet? Wie wäre es, wenn sie den Sinn der Fastenzeit begreifen, ohne in ihren Kinderherzen falsche Gedanken oder Bilder über Gott zu entwickeln? Gott ist kein Spielverderber, der anderen nichts gönnt. Ich muss mir seine Liebe nicht erst durch Leistung verdienen.  Er ist ein himmlischer Vater, der seine Kinder unendlich liebt und keine Mühen scheut, um das große Hindernis der Sünde, das uns von ihm trennt, aus dem Weg zu räumen.  

Fasten – wofür eigentlich? Eine Erklärungshilfe 

Ein guter Fußballer zu werden, erfordert kontinuierliches Training. Im Orchester mitzuspielen ist nur möglich, wenn man zu Hause fleißig sein Instrument übt. Trainieren und Üben macht oft keinen Spaß und ist nicht immer schön und angenehm. Aber wenn man ein bestimmtes Ziel vor Augen hat, wird das Training positiv und sinnvoll. 
Die Fastenzeit ist wie eine intensive Trainingszeit. Aber was trainieren wir da? Wir trainieren unser Herz und die Fähigkeit, uns für Jesus und unsere Freundschaft mit ihm zu entscheiden. Bei uns Menschen ist es nämlich so, dass wir immer wieder andere Dinge Jesus gegenüber bevorzugen. Wir erwarten Zufriedenheit, Freude und Glück beispielsweise von unserem Besitz, unserem Ansehen und angehäuften Sicherheiten. Für Kinder kann dies zum Beispiel das Handy sein, an dem sie gerne sehr viel Zeit verbringen. Es kann die Wii oder eine andere Spielkonsole sein, an der sie am liebsten stundenlang spielen. Oder es können die Lieblingssüßigkeiten sein, bei denen sie Trost suchen, wenn sie traurig sind. An sich sind das alles keine schlechten Dinge - überhaupt nicht. Aber unser Herz klammert sich leicht daran und möchte sie nicht mehr hergeben. Wir genießen die Schöpfung, die Gott uns geschenkt hat und vergessen darüber den Schöpfer. 

Die Fastenzeit ist eine Zeit, um das wieder zu ordnen, sozusagen ein großes Aufräumen (und ja, Aufräumen macht keinen Spaß). Warum brauchen wir diese Zeit? Wir brauchen sie, weil wir erst dann wirklich froh und erfüllt sind, wenn unsere Freundschaft mit Jesus gut und gestärkt ist, auch wenn wir es immer mal wieder anzweifeln und wenn die Stimme der Versuchung uns etwas anderes vorgaukelt. Wir brauchen die Fastenzeit, weil wir immer wieder dem Irrtum verfallen, dass uns Nutella, Filme und ein faules Leben glücklich machen. Wir brauchen sie, weil sich immer wieder schlechte Gewohnheiten in unser Leben einschleichen. 
Bei einem guten Training kommt man ins Schwitzen. Am Abend fällt man müde und erschöpft, aber auch glücklich ins Bett. Die Fastenzeit und der Verzicht sind für uns ebenso mühsam. Aber wenn wir es richtig angehen, wird unsere Liebe zu Jesus wachsen. Und unsere Osterfreude wird groß sein!

Fastenzeit  ist eine Trainingszeit für das Herz
Foto: Maricarmen Vargas | Die Fastenzeit ist eine Trainingszeit für das Herz, mit dem Ziel der Osterfreude.
Fastenzeit ist ein Grund zur Freude
Foto: Maricarmen Vargas | Die Fastenzeit ist ein Grund zur Freude.

Ideen zur Gestaltung der Fastenzeit

Im Folgenden einige Ideen, wie die Fastenzeit in der Familie gelebt werden kann.1. Die Fastenzeit ist eine besondere Zeit, um nicht nur zu verzichten, sondern auch zu üben, Gutes zu tun. Dabei kann folgende Idee helfen: In Küche oder Wohnzimmer kann ein leeres Gefäß aufgestellt werden und daneben ein zweites mit Murmeln, Mandeln oder Ähnlichem. Jedes Mal, wenn ein Kind ein kleines Opfer bringt oder etwas Gutes tut (den Tisch decken, ohne Meckern den Teller leer essen, Spielsachen aufräumen...) kann es eine Mandel in das leere Glas geben. Der Osterhase wird später die ganzen guten Taten oder Opfer (Mandeln) in Ostereier eintauschen. Während der Osterzeit ist es dann so, dass für jedes kleine Opfer oder jede gute Tat ein Osterei von dem Kind herausgenommen und gegessen werden darf. Dies hilft, die guten Taten auch nach der Fastenzeit weiter bewusst in den Alltag zu integrieren.  

2. Vor Beginn der Fastenzeit in der Familie über mögliche Fastenvorsätze  sprechen. Diese dürfen kreativ sein und gleichzeitig herausfordernd und machbar. Eine mögliche Struktur für Fastenvorsätze ist: Diese Fastenzeit möchte ich jeden Tag: Weniger __________. Mehr _________. Nicht: __________. Immer: _________. Für ein Kind kann das so aussehen:
Diese Fastenzeit werde ich versuchen: Weniger: meine kleine Schwester zu ärgern. Mehr: mein Zimmer aufzuräumen. Nicht: Fern zu sehen. Immer: die Hausaufgaben gleich nach dem Mittagessen erledigen.  

3. Einen besonderen Platz in der Fastenzeit hat traditionell der Kreuzweg. Es kann sehr schön sein, an einem Freitag der Fastenzeit eine befreundete Familie einzuladen. Nach gemeinsamen Spaghetti- oder Pizzaessen kann dann der Kreuzweg zusammen gebetet werden. Für die Gestaltung des Kreuzweges darf man kreativ werden. Es gibt verschiedene Kinderkreuzwege, die man vorbereiten kann. Man kann auch ein Bild zu jeder Station ausdrucken und die Kinder immer das richtige Bild der Station zuordnen lassen. Bei größeren Kindern kann man auch im Garten beten und Fackeln oder Kerzen dazu nehmen.  

4. Es gibt eine lange Tradition, die die Sonn- und Feiertage aus der Fastenzeit ausnimmt. Jeder Sonntag ist ein kleines Osterfest und darf sich auch wie ein solches anfühlen, auch wenn es mitten in der Fastenzeit ist. An diesen Tagen dürfen also auf jeden Fall ein guter Nachtisch oder ein Sonntagskuchen den Feiertag versüßen.  

5. Es kann bereichernd sein, beim Abendessen biblische Erzählungen (Jesus in der Wüste, Auszug aus Ägypten) oder eine Heiligengeschichte vorzulesen. Auch das kann die Fastenzeit zu einer Zeit machen, die sich vom Rest des Jahres abhebt. Für Kinder geschriebene Heiligengeschichten (zum Beispiel von Wilhelm Hünermann) können sehr spannend sein und gleichzeitig zeigen, wie andere Menschen die Freundschaft mit Jesus gelebt haben.  

6. Für ältere Kinder bietet sich die Filmreihe „Die Chroniken von Narnia“ für die Fastenzeit an. In der von C.S. Lewis geschriebenen Geschichte wird deutlich, was es mit Tod, Auferstehung, Erlösung und Hingabe auf sich hat. Im dritten Film („Die Reise auf der Morgenröte”) spielt unter anderem das Thema der Versuchungen eine wichtige Rolle. 
 Liturgische Vorbereitungszeiten – egal ob Advent- oder die Fastenzeit – haben ihren tiefen Sinn. Mehrwert der Fastenzeit ist  auch, dass sie ruhiger, nüchterner, zucker- und reizärmer als die Adventszeit ist, entspannter und konsumärmer. Und am Ende kommt Ostern. Einfach so. Daher ist es gut, dass die Fastenzeit so lange geht. Denn sie ist nicht in erster Linie ein Aufruf etwas zu tun, sondern sich beschenken zu lassen.

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