Wetten, dass Thomas Gottschalk vielen Deutschen aus dem Herzen gesprochen hat? Denn zum Abschluss seiner letzten "Wetten, dass...?"-Show am Samstagabend fand der 73-Jährige Showmaster deutliche Worte: Bisher habe er im Fernsehen immer so geredet wie Zuhause. Jetzt jedoch habe er das Gefühl, er könne es nicht mehr. Bevor er erlebe, dass sein Aufnahmeleiter nervös werde, weil er mit seinen Aussagen einen Shitstorm auslöse, mache er lieber Schluss und sage gar nichts mehr.
Ein letztes Mal wetten, lachen, baggern
Nun, mit einem Shitstorm musste Gottschalk an diesem Abend wahrlich nicht rechnen. Dem ewigen Sunny Boy des deutschen Fernsehens wurde ein geradezu triumphaler Abschied von seinen Publikum bereitet. Standing Ovations trotz, nein, eher wegen diesem klaren Statement.
Gewiss, es war viel Nostalgie mit im Spiel - was auch die sensationelle Abschiedsquote von über 12 Millionen Zuschauern unter Beweis stellte. Aber dieser Samstagabend zeigte eben auch: Die Deutschen sehnen sich nach solchen Inseln unbeschwerter, heiterer Unterhaltung. Gerade jetzt, wo die ganze Welt in Krisen zu versinken scheint und auch Zuhause die Stimmungsampel dank Haushaltschaos und Regierungsversagen auf Rot steht. Aber wer kann das noch, so wie Gottschalk die ganze Fernsehnation vor den Bildschirm locken? Wer kann so wie er die Glotze in das Herdfeuer verwandeln, an dem sich alle wärmen können, vom alten weißen Mann bis hin zur hippen Influencerin?
Thomas Gottschalk konnte mit moralinsaurer Unterhaltung nie etwas anfangen
Gottschalk ist nicht nur irgendein Showmaster, er ist auch ein Phänomen, es steht für den Habitus der alten Bundesrepublik. Dazu gehört auch die katholische Prägung des Stars aus dem fränkischen Kulmbach mit schlesischen Wurzeln. Er hat sie nie missionarisch vor sich her getragen, aber doch war sie immer deutlich erkennbar, vor allem hat sich Gottschalk nie davon distanziert.
Ganz im Gegenteil: Menschenfreundlich, nicht moralisierend, gebildet, aber nicht intellektualistisch, humorvoll und frech, aber nie verletzend. Sein spezieller Schalk wird fehlen. Die Selbstverständlichkeit, mit der er seine Verwurzelung im Glauben an Gott nicht versteckt hat, auch.
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