„Das bisschen Haushalt macht sich von allein.“ Eines ist sicher, diesen alten Schlager von Johanna von Koczian summt in Berlin im Moment niemand. Allerdings steckt in dem Lied, in dem eine Frau sich darüber beklagt, dass ihr Mann ihre Arbeit am häuslichen Herd nicht ernst nimmt, auch ein Bild, über das die Ampel einmal nachdenken sollte, wenn sie den Scherbenhaufen zusammenkehren will, vor dem sie nun steht: das Bild der schwäbischen Hausfrau – die freilich gar nicht unbedingt aus dem Ländle stammen muss und selbstredend heute auch ein Mann sein kann.
Jeder muss haushalten
Entscheidend ist nur: Jeder Bürger in diesem Land steht ständig, ob als Single, in einer Partnerschaft oder mit einer Familie, vor der Herausforderung, seine Haushaltskasse so zu führen, dass am Ende alles, was bezahlt werden muss, auch bezahlt werden kann. Das ist Alltag. Das ist banal. Umso unverständlicher erscheint den Menschen, wie in Berlin die Finanzen geplant werden. „Wenn ich das so machen würde, ich wäre in kurzer Zeit Pleite“, dieser Satz wird in diesen Tagen tausendfach gesprochen.
Vor allem an den berühmten Stammtischen, zumindest dann, wenn man sich das gepflegte Bier dort angesichts von steigenden Preisen und Inflation überhaupt noch leisten kann. Und das ist vielleicht die brisanteste Folge des Urteils von Karlsruhe: Das Vertrauen in die politische Kompetenz von denen „da oben“ droht endgültig zu erlöschen. Diese mentale Bombe ist zwar schon länger in der deutschen Öffentlichkeit eigentlich ziemlich sichtbar platziert. Jetzt aber ist die Lunte angezündet worden und man kann beobachten, wie sie langsam abbrennt. Was wird passieren, wenn es zum Knall kommt?
Hessen geht voran
Angesichts dieser Situation schreit alles nach Feuerwehrleuten, die so eine Explosion vereiteln könnten. Wer wird das sein? Die Ampel ist am Ende. Attraktiver wird das hessische Modell: Also eine neue GroKo zwischen SPD und Union. Der Bundeskanzler könnte damit leben, wahrscheinlich sogar ziemlich gut. Aber ob er auch jeden Genossen in diese Richtung mitziehen würde? Morgen kommen die Jusos zu ihrem Bundeskongress zusammen, ein neuer Vorsitzender soll gewählt werden. Beide Kandidaten haben schon angekündigt, dass sie Olaf Scholz von links das Leben schwer machen wollen. Die Lunte brennt immer weiter ab und da wird noch gezündelt. Die Ampel vor dem Weg in Richtung Zukunft scheint weiter auf Rot geschaltet.
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