Thomas Gottschalk und Tod – das passt für viele nicht zusammen. Auch wenn manche die Showmaster-Legende in den vergangenen Wochen zum Inbegriff des bösen alten Mannes stilisieren wollten, für die meisten Deutschen ist er immer noch der Sonnyboy der Nation.
Gottschalk, mittlerweile 75 Jahre alt, ist mit seinem lausbübischen Charme der Beweis dafür, dass es im deutschen Fernsehen einmal anders zuging. Kein Dauerbürgerkrieg zwischen den Kulturkampf-Lagern, dafür freundliche, fröhliche, entspannte und deswegen entspannende Unterhaltung für die ganze Familie.
Wie ein großes öffentliches „Memento mori“
Die Umerziehungs-Ideologen des Wokismus gönnen den Menschen aber nicht einmal mehr diese Nostalgie. Auch deswegen wurde Thomas Gottschalk in den vergangenen Monaten, zuletzt nach seinem Auftritt bei der Bambi-Verleihung, immer wieder zum Objekt von Hohn und Spott von dieser Seite. Dem alten weißen Mann sollte es schließlich an den Kragen gehen. Doch seine Fans ließen sich davon nicht beeindrucken, sie hielten ihrem „Thommy“ die Treue. Jetzt hat aber Gottschalk selbst bei ihnen für Beunruhigung gesorgt. In einem „Bild“-Interview machte er seine Krebserkrankung öffentlich.
„Schock“ – das ist der Begriff, der sich seither durch alle Meldungen zu diesem Thema zieht. Wenn ein Prominenter in dieser Weise über eine lebensbedrohliche Erkrankung spricht, dann ist das wie ein großes öffentliches „Memento mori“. Die Menschen werden an ihre Sterblichkeit erinnert. Dass der Tod zum Leben gehört – es sagt sich und schreibt sich auch leicht in entsprechenden Reden und Artikeln, aber dass so eine Einsicht auch Auswirkungen auf die Lebenspraxis hat, da wird es schon schwieriger. Über Jahrhunderte bot vor allem die Kirche den Raum, in dem genau diese Lebenspraxis eingeübt werden konnte. Die Angebote gibt es dafür immer noch, aber nicht jedem geht mehr ihr Sinn auf. Die eigene Sterblichkeit wird verdrängt.
Gottschalk lässt aber auch hier sein Publikum nicht allein. Erst vor wenigen Tagen, da war freilich seine Krankheit noch nicht bekannt, hat er in einem „Bunte“-Interview über Leben und Tod gesprochen. Anlass war der assistierte Suizid der Kessler-Zwillinge. „Jeder Mensch ist für sein Handeln allein verantwortlich. Aber ich kann das nicht nachvollziehen. Auch bei den Kessler-Zwillingen nicht. In meinen Augen freut man sich doch darauf, seinen 90. Geburtstag zu feiern – und legt sich nicht hin zum Sterben. Ich habe mir das Leben geben lassen. Und ich lasse es mir auch wieder nehmen“, sagte Gottschalk. Ein deutliches Statement gegen den oft als „Sterbehilfe“ verharmlosten assistierten Suizid. Vor allem aber auch ein Zeugnis des Glaubens an den Schöpfer allen Lebens, in dessen Hand eben auch jedes Leben liegt.
Aus seinem katholischen Umfeld hat er nie einen Hehl gemacht
Thomas Gottschalk hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er in einem katholischen Umfeld groß geworden ist. Eine fromme Mutter, ein Onkel als Priester, Ministrant, Stipendiat der bischöflichen Studienstiftung und CVer. Gleichzeitig hat er aber auch immer deutlich gemacht, dass er auch Zweifel kennt, nicht unbedingt jeden Sonntag in der Kirchenbank sitzt und gewiss kein Frömmler ist. Aber der Glaube, der ihm in der Kindheit vermittelt worden ist, das ist der Boden, in dem er verwurzelt ist, und aus dem er auch in solchen Krisen seine Kraft zieht.
Die Fans des Showmasters können daraus lernen: Auch das scheinbar Leichte braucht Stabilität, Unterhaltung braucht Unterhalt. Und dann kann eben diese Unterhaltung auch dem Publikum Unterhalt bieten. Echte Fröhlichkeit entsteht nicht an der Oberfläche, sie schöpft aus tieferen Quellen.
Und auch die Kirche kann aus diesem Beispiel pastorale Lehren ziehen: Es gibt unzählige solcher „Gottschalk-Katholiken“. Vielleicht nicht vertraut mit allen Details des Lehramtes, vielleicht auch nicht jeden Sonntag in der Kirche, aber doch in ihrem Grundverständnis zutiefst durch den Glauben geprägt. In existenziellen Situationen, wenn es wirklich um Leben und Tod geht, zeigt sich, dass diese Prägung eine Art Schutzschirm ist. Hier können Seelsorger gut anknüpfen. Am besten mit so klaren Worten wie Thomas Gottschalk.
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