„Liebezurbibel“, dem Instagram-Account von der Freikirchlerin Jasmin Neubauer, folgen 75.000 Follower. „Das Wort Gottes hat die Kraft, Menschen zu verändern“, kommentiert sie den Namen ihres Unternehmens. Pastelltöne dominieren die Beiträge der modisch gekleideten jungen Frau, die dort zwischen Bilder von Jesus am Kreuz und einer selbst gemalten Dornenkrone immer wieder auftaucht: Jasmin mit ihrem Verlobten beim Spaziergang im Schnee, Jasmin bei der Arbeit, mit einem Cappuccino in der Hand an ihrem nussbraunen Holzschreibtisch im hellen Büro, Jasmin mit Mikrofon vor einer Menschenmenge auf der Bühne. Die Beiträge sind abwechslungsreich, eines haben sie jedoch gemeinsam. Sie sollen den bezeugen, der Jasmin begegnet ist: Jesus Christus.
„Liebezurbibel“, zu dem auch eine frei zugängliche Internetseite gehört, ist eine Ermutigung, mehr in der Bibel zu lesen, Jesus ähnlicher zu werden, ihm nachzufolgen, und die Liebe zu ihm und zu seinem Wort neu zu entfachen. So steht es dort schwarz auf weiß, passend zum schlichten Design des Internetauftritts. Auf der Website finden sich neben Artikeln und einer Gemäldegalerie auch christliche Film-, Podcast- und Buchempfehlungen. Denn Neubauer ist unter anderem Autorin, auch für Kinderbücher. Wieso sie etwa „Jesus und Gender“ verfasst habe? Weil „der wandelnde Zeitgeist und die Transgender Ideologie, der anfängt die Gedanken und Anschauungen unserer Kinder zu pervertieren und zu verzerren, es gefordert hat, biblische Wahrheiten in die Herzen der jungen Kinder fest einzuprägen“ vermerkt die Unternehmerin dazu in der Buchbeschreibung. Als ihr Buch „Wo bleibt eigentlich dein Ehemann?“ erschien, war es nach einer Stunde ausverkauft.
„Jesus macht Schönheit aus Asche"
Klickt man sich weiter durch, stößt man auf Jasmins „Shop“. Dort werden natürlich nur „christliche Artikel“ vertrieben: Etwa tabellierte Notizblöcke, die das Beten unterstützen sollen, moderne Bibeln mit gold-weißen Lesezeichen und extra breitem Schreib-Rand, ein Goldarmband mit „Jesus liebt dich“ als Aufschrift, oder ein weißer Jutebeutel mit dem Aufdruck „Jesus macht Schönheit aus Asche“.
Ihrer Generation entsprechend, erreicht sie die meisten ihrer Fans über Instagram: „Unsere Hoffnung liegt nicht in der Politik. Unsere Hoffnung liegt in unserem König Jesus“, steht in weißen Buchstaben auf dem hellbeigen Hintergrund eines Beitrag. „Halloween, das Fest des Teufels“ heißt es auf dem nächsten Post. Und auf einem weiteren sieht man den Auszug eines Liedtextes, vor dem Hintergrund eines mit Kerzen geschmückten Weihnachtszimmers, in dem Jasmin und ihr Verlobter auf dem Sofa sitzen und singen: „Alles, was ich hab, hab ich nur, weil du Jesus bist“. 7.000 „Likes“ und 185 Kommentare hat der Beitrag bekommen.
Zunächst wütend auf das Christentum
Neubauer sei im liberalen islamischen Glauben in Hamburg groß geworden. Ihre Mutter ist Iranerin, ihr Vater Deutscher, erzählt sie im lässigen Tonfall mit leicht kratziger Stimme – so kennt man sie auch aus den Podcasts. Mit ihrer ein Jahr jüngeren Schwester und ihrem zwei Jahre jüngeren Bruder David – der nun Mitarbeiter bei „liebezurbibel“ ist – wuchs sie auf. Heute ist sie die wohl bekannteste christliche Influencerin des deutschen Sprachraums, dicht gefolgt von der Freikirchlerin Jana Highholder, deren Instagram-Kanal gute 71.000 Menschen abonnieren.
Jasmins Eltern trennten sich bald. Als Jugendliche hatte sie dann mit Essstörungen und Suizid-Gedanken zu kämpfen. Dazu kam Mobbing von Seiten ihrer Mitschüler – weil Jasmin in der Klasse die einzige Ausländerin gewesen sei. Die plötzliche und radikale Bekehrung ihrer Mutter vom Islam zum Christentum löste in ihr schließlich Frust und Wut aus. „Wir sollten mit unserer Mutter sonntags mit in die Gemeinde kommen. Sonst wollte sie uns die Laptops wegnehmen, hat sie gedroht“, äußert die Christin in einem Interview mit der evangelischen Nachrichtenagentur „Idea“. „Dort haben wir den Leuten aber ganz deutlich gezeigt, dass wir eigentlich keine Lust auf den Gottesdienst hatten. Wir saßen da mit verschränkten Armen und verkniffenem Gesichtsausdruck“. Im selben Zeitraum trennten sich Jasmin und ihr erster Freund. „Ich wusste nicht, was der Sinn des Lebens ist“, blickt die Hamburgerin zurück.
Seit 2018 ist Jesus die Priorität ihres Lebens
Eines Abends, sie war alleine in ihrem Zimmer, habe sie gerufen: „Gott, ich will nicht mehr leben. Egal, wer du bist – ob Allah, Vishnu, Buddha, Jesus – wenn es dich gibt, dann zeige dich mir.“ Auf die Antwort habe sie nicht lange warten müssen: Die Plattform YouTube zeigte ihr das Lied „In Christ Alone“ (In Christus allein) an. „Beim Anhören war in meinem Herzen auf einmal die Stimme: ,Das, was du gerade hörst, ist die Wahrheit.‘“ Sie habe verstanden, Jesus liebe sie so sehr, dass er für sie am Kreuz für ihre Schuld gestorben ist, so Neubauer gegenüber „Idea“.
Das war 2018. Heute sei Jesus die Priorität in ihrem Leben, sagt Neubauer, die nach dem Abitur Kommunikationsdesign und Theologie studierte. Sie wolle darum weitergeben, was der Heilige Geist sie lehre, und ihr Umfeld positiv beeinflussen. Mittlerweile ist sie aus dem christlich-freikirchlichen Milieu im deutschsprachigen Raum nicht mehr wegzudenken. Als „designer, preacher, teacher, author“ präsentiert sie sich auf ihrer Website. Sie reist ständig, um in Gemeinden Vorträge und Predigten zu halten, Interviews zu geben und an Podiumsdiskussionen teilzunehmen. Dabei ordnet sie sich selber keiner bestimmten christlichen Kirche zu. „Ich folge nur Jesus“, begründet sie das. Im Schwarzwald, in den sie kürzlich übersiedelte, besuche sie eine Baptistengemeinde. Vor der Gemeinde der Lüdenscheider Christuskirche äußerte sie im vergangenen April: „Ich glaube, dass wir alle hier mit einem Loch im Herzen sitzen. Das, wonach dein Herz sich sehnt, ist Jesus. Er ist imstande, dein Herz zu erfüllen. Er will deine pure Erfüllung sein.“
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