Die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD verlaufen zäh, die Stimmung ist angespannt, nicht nur zwischen den Parteien, sondern auch in den eigenen Reihen. In der jüngsten Ausgabe des politischen Podcasts der „Tagespost“ „Sagen, wie es ist“ unter dem Titel „Geheimoperation Friedrich Merz“ diskutieren der frühere ARD-Journalist Sigmund Gottlieb und der „Focus“-Kolumnist Jan Fleischhauer die aktuellen Entwicklungen rund um CDU-Chef Friedrich Merz. Ihre Diagnose: Der Parteivorsitzende verliert zunehmend Rückhalt, sowohl in der Partei als auch bei den Wählern.
Ein zentrales Thema der Folge ist das Ungleichgewicht der Verhandlungspositionen. „Die SPD ist da mit einer sehr erfahrenen Mannschaft“, konstatiert Fleischhauer. Die CDU hingegen habe zwar Politiker mit parlamentarischer Erfahrung, aber „die meisten von denen haben noch nie ein Ministerium geleitet“. Dieses Ungleichgewicht spiegele sich im Koalitionsvertragsentwurf wider, in dem zentrale SPD-Forderungen deutlich überwiegen.
Gottlieb sieht ein wachsendes Unbehagen innerhalb der CDU. Besonders enttäuschend sei, dass Merz bisher zentrale Versprechen aus dem Wahlkampf, etwa zur Migrations- und Wirtschaftspolitik, nicht einlöse: „Jetzt stellt sich heraus, er tut es nicht, sondern er gibt der SPD sehr, sehr viel Preis.“ Die Folge: „Die Gefolgschaft in der eigenen Partei, in der CDU und in der CSU, die beginnt jetzt zu maulen.“ Noch kritischer sei jedoch der Vertrauensverlust in der Wählerschaft, so Gottlieb.
Fleischhauer verweist auf Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Forsa, wonach die AfD bundesweit mittlerweile bei 24 Prozent liege, nur noch knapp hinter der CDU. Noch dramatischer seien die persönlichen Werte für Friedrich Merz. Laut Fleischhauer sagen „70 Prozent der Westdeutschen, der Mann ist nicht vertrauenswürdig. Im Osten sind das sogar 80 Prozent.“
Migrationspolitik als zentraler Prüfstein
Die Podcast-Folge stellt die Migrationspolitik als zentralen Prüfstein für Friedrich Merz heraus. Er habe versprochen, „den ungesetzlichen Zustand an der deutschen Grenze“ ab Tag eins zu beenden, nun müsse er liefern. Gottlieb spricht in diesem Zusammenhang von einer „Geheimoperation Friedrich Merz“: Er telefoniere „Tag und Nacht mit europäischen Nachbarn, mit den Österreichern, mit den Tschechen, mit den Polen, mit den Schweizern“, um eine Einigung zu erzielen, damit Migranten bereits an den Nachbargrenzen zurückgewiesen werden. „Wenn wir mit diesen vier, fünf Staaten zu einem Konsens gekommen sind, dann werden auch die anderen Europäer folgen.“
Fleischhauer zeigt sich hingegen skeptisch. Die von der CDU im Vertragsentwurf verankerte Klausel zur Zurückweisung an der Grenze sei umstritten. Die SPD lege sie als Zustimmungspflicht der Nachbarstaaten aus, während die CDU unter „Abstimmung“ offenbar nur eine Information verstehe. Dass Länder wie Österreich solche Maßnahmen mittragen, bezweifelt er: „Das wird niemals so kommen.“
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