Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Streaming-Serie

„Stranger Things“: Die Kinderserie ist im Horrorgenre angekommen

Spannung und Nervenkitzel zeichnen die vierte Staffel von „Stranger Things“ aus. Aber Freundschaft und Familie spielen weiterhin eine zentrale Rolle.
Filmszene aus „Stranger Things - vierte Staffel"
Foto: Netflix | In „Stranger Things“ kommt das Böse aus dem roten Portal zur Parallelwelt, zur „anderen Seite“, die unsere Welt bedroht. Getrennt voneinander müssen ihm die Helden an unterschiedlichen Orten begegnen.

Stranger Things“ kann mit Fug und Recht als einer der größten Erfolge des Online-Streaming-Dienstes Netflix bezeichnet werden. Die von den Zwillingsbrüdern Matt und Ross Duffer – inzwischen nur noch „The Duffer Brothers“ – entwickelte Serie startete am 15. Juli 2016 weltweit.

„Übrigens: Robin (Maya Hawke) hat sich in ein anderes Mädchen verguckt.
Auch wenn der lesbische Strang kaum mehr als angedeutet wird,
gehört es inzwischen offensichtlich zu Netflix einfach dazu“

Lesen Sie auch:


Im Mittelpunkt der ersten, aus acht Kapiteln à etwa 40 Minuten bestehenden Staffel stehen vier etwa elfjährige Jungen, von denen einer zu Beginn der Handlung am 6. November 1983 spurlos verschwindet. Die Hauptfigur in „Stranger Things“ ist jedoch ein wie aus dem Nichts erscheinendes Mädchen, das „Elfi“ (Millie Bobby Brown) genannt wird. Plötzlich tauchten in der (fiktiven) Kleinstadt Hawkins im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten, dem Haupt-Handlungsort von „Stranger Things“, eine Reihe paranormaler Ereignisse auf, die auf die Existenz einer Parallelwelt („Die andere Seite“, Original „The Upside Down“) hindeuteten, von der aus Monster in „unsere“ Welt hinübergleiten.

Der weltweite Erfolg der Serie erklärt sich nicht so sehr aus der Handlung heraus. Größtenteils ist er auf die sympathischen Kinderdarsteller sowie auf den nostalgischen Blick auf die 1980er Jahre zurückzuführen, der an die Filme Steven Spielbergs aus der Dekade und insbesondere an „E.T. – Der Außerirdische“ (1982) gemahnt. Wie E.T. bringt Elfi Hoffnung in eine Gemeinschaft, die durch außergewöhnliche Ereignisse in die Krise geraten ist. Wohl im Sinne eines Steven Spielberg spielen Familie und Freundschaft thematisch die Hauptrolle. Der ausgesprochene Satz „Freunde lügen (einander) nicht (an)“ könnte als Motto der Serie gelten. In der Welt der Erwachsenen spiegeln sich die Beziehungen zwischen den unterschiedlichen Figuren, die den Charme von „Stranger Things“ ausmacht, insbesondere in der langsamen Annäherung zwischen Joyce Byers (Winona Ryder) und dem Sheriff Jim Hopper (David Harbour), nachdem die beiden einen schmerzhaften Verlust erlitten haben.

Die einzelnen Kapitel werden zunehmend länger

 

 

Nachdem im Oktober 2017 eine zweite Staffel mit neun Kapiteln und im Juli 2019 die aus acht Kapiteln bestehende dritte Staffel veröffentlicht wurden, haben sich die Serienmacher für die vierte Zeit gelassen. Dabei wurde diese Staffel aufgeteilt: Die ersten sieben Kapitel sind Ende Mai auf Netflix eingestellt worden, erst am 1. Juli sollen aber die letzten zwei Folgen erscheinen. Die einzelnen Kapitel sind nun um Einiges länger: Bestanden in der ersten Staffel die Kapitel aus etwa 40, die in der dritten Staffel aus durchschnittlich 55 Minuten, so sind die Kapitel der vierten Staffel zwischen 74 und 79 Minuten lang – das siebte Kapitel hat mit 100 Minuten sogar die Länge eines Kino-Spielfilms.

Die dritte Staffel – mit 582 Millionen gestreamten Stunden wiederum einer der größten Netflix-Erfolge – endete mit einem brutalen Kampf in der „Schlacht von Starcourt“ gegen die bösen Kreaturen aus der „anderen Seite“ und gegen „die Russen“. Das riesige Ungeheuer wurde besiegt, das Portal zur Schattenwelt verschlossen und auch die Maschine der Sowjets in den geheimen Schächten unter der Stadt zerstört. Trotz schmerzlicher Verluste war Hawkins gerettet. Aber selbstverständlich ist das Böse schlechthin nicht besiegt, das in Staffel vier unter anderen Gestalten auftritt. In der Handlung sind seit der „Schlacht von Starcourt“ sechs Monate vergangen; die neuen Kapitel sind im März 1986 angesiedelt.

Der Ton wird rauer, die Belichtung düsterer, die Schnitte werden schneller

Die einstigen Freunde sind nun nicht nur getrennt, sondern gehen auch teils eigene Wege. Elfie ist mit Joyce, Will (Noah Schnapp) und Jonathan (Charlie Heaton) nach Kalifornien gezogen. In Hawkins haben sich Dustin (Gaten Matarazzo) und Mike (Finn Wolfhard) dem „Höllenfeuer Club“ angeschlossen, bei dem vorwiegend das Fantasy-Rollenspiel „Dungeons & Dragons“ gespielt wird. Lucas (Caleb McLaughlin) gehört zwar auch noch dazu, muss sich aber zwischen dem schrägen Club und der Hawkins-Basketball-Mannschaft entscheiden. Seine Beziehung zu Max (Sadie Sink) steckt in der Krise – wie auch noch andere Liebesbeziehungen zwischen den Teenagern. Übrigens: Robin (Maya Hawke) hat sich in ein anderes Mädchen verguckt. Auch wenn der lesbische Strang kaum mehr als angedeutet wird, gehört es inzwischen offensichtlich zu Netflix einfach dazu.

Typische „Coming-of-Age“-Themen wie etwa das Mobbing in der Schule spielen vor allem zu Beginn der Staffel eine herausragende Rolle. Der Ton wird rauer, „erwachsener“, die 80er Jahre-typischen, knallbunten Farben aus den ersten Staffeln weichen der Düsternis, dem tiefdunklen Rot samt allen grau-schwarzen Tönen der „anderen Seite“. Mit der vierten Staffel ist „Stranger Things“ endgültig im Horror-Genre angekommen. Auch die Schnittfrequenz wird höher. Das Hin-und Herwechseln zwischen den fünf, sechs Handlungssträngen und -orten schneller. Der Zuschauer hat immer wieder den Eindruck, dass die Duffer-Brüder noch eins drauf setzen wollen. Dabei steht die fünfte, offenkundig finale Staffel noch aus. Aber zunächst sollen die restlichen zwei Kapitel aus der vierten im Juli ausgestrahlt werden.


Der erste Teil der vierten Staffel von „Stranger Things“
(7 Kapitel mit einer Gesamtlänge von ca. 545 Minuten) startete am 27. Mai bei Netflix.
Der zweite Teil mit zwei Kapiteln wird am 1. Juli veröffentlicht.

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
José García Internationalität und Globalität

Weitere Artikel

Kirche

Das römische Dokument „Dignitas infinita" lädt ein, aus der Fülle der Identität als Erben Christi zu leben, statt eigene Identitäten zu konstruieren. 
26.04.2024, 17 Uhr
Dorothea Schmidt
Die deutschen Bischöfe werden beim Synodalen Ausschuss wohl keine kirchenrechtskonforme Lösung finden. Das Mehrheitsprinzip eröffnet einen rechtsfreien Raum.
25.04.2024, 11 Uhr
Regina Einig