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„Wir erleben eine Zäsur“

Der neue Chefredakteur der „Tagespost“, Guido Horst, sieht Papst, Vatikan und die Weltkirche vor großen Umbrüchen. Beim „Tagespost Online Forum“ schilderte er seine Eindrücke als langjähriger Rom-Korrespondent.
Guido Horst und Oliver Maksan mit Georg Gänswein und Papst em. Benedikt XVI.
Foto: DT | Chefredakteur Guido Horst beim emeritierten Papst Benedikt XVI.. Horst sieht Vatikan und Weltkirche vor Umbrüchen - mit offenem Ausgang.

Franziskus war gerade aus dem Krankenhaus entlassen worden, als Guido Horst am Donnerstag  beim „Tagespost Online Forum“ über die Entwicklungen in Rom und der Weltkirche referierte – und nicht zuletzt über den Papst, der zum ersten Mal in seiner römischen Zeit den Sommer nicht durchgearbeitet hat, sondern wegen seiner Darmoperation eine Pause einlegen musste.

Für den neuen Chefredakteur kündigt sich nun eine dreifache Zäsur auf allen drei Ebenen an: Beim Papst, im Vatikan und in der Weltkirche. Man wisse nicht, so Horst, wie gut sich Franziskus erholen werde. Auch nicht, ob er sein Wunsch-Reiseprogramm wieder aufnehmen könne, auf dem neben Budapest und der Slowake auch ein eintägiger Besuch in Frankreich, die Teilnahme an einem Klimagipfel in Schottland und sogar Nordkorea stünden. Aber man wisse nun, dass Franziskus nach dem Lauf von über acht Jahren jetzt doch einmal Pause machen musste.

Ein nie dagewesener Prozess im Vatikan

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Ebenfalls als Einschnitt im Leben des Vatikans sieht Horst den am 27. Juli beginnenden Prozess vor dem Vatikangericht gegen Kardinal Giovanni Angelo Becciu und neun weitere Personen, darunter mehrere ehemalige Mitarbeiter des vatikanischen Staatssekretariats sowie externe Finanzberater, die alle an der fehlgeschlagenen Investition in einer Londoner Luxus-Immobilie mitgewirkt hatten. Das wertet Horst als einen herben Schlag für das Staatssekretariat, das bisher als unberührbar gegolten habe. Seine finanzielle Selbstständigkeit habe es eingebüßt wie auch die überragende Stellung, die ihm Paul VI. einst in seiner Kurienreform zugedacht hatte.

Ebenfalls die Apostolische Konstitution „Praedicate Evangelium“, die bereits im Sommer 2019 erwartet wurde, schließlich mit dem neuen Strafrecht der katholischen Kirche am 1. Juni erscheinen sollte, in jedem Fall aber sehr bald die Kurienreform abschließen und rechtlich verbindlich machen wird, werde den Vatikan verändern. So soll ein Dikasterium für Evangelisierung die ranghöchste vatikanische Behörde werden, während die bisherige Glaubenskongregation als reines Dikasterium einen nachgeordneten Rang einnehme.

Wachsender Säkularisierungsdruck

Auch die Lage der Kirche im Westen stehe vor großen Hausforderungen, sagte Horst weiter. Die Kirche gerate unter einen immer stärkeren Säkularisierungsdruck. Sie werde als vormodern, nicht aufgeklärt, als zu dogmatisch und männerorientiert ausgegrenzt und in ein Ghetto gedrängt. Ab Oktober habe man zwei Jahre Zeit, um zu verstehen, ob der Papst, der Vatikan und der Episkopat den Ernst der Lage erkannt haben. Dann nämliche starte der synodale Prozess der ganzen Weltkirche, der bis Oktober 2023 dauere. Doch wie werde der deutsche Synodale Weg in diesen Prozess eingebunden? Wie das australische Partikularkonzil? Oder der synodale Prozess der Kirche Italiens? Das seien offene Fragen, die die kommenden beiden Jahre überaus spannend machen würden.

Entsprechend lebendig war dann auch die Aussprache  nach dem Impulsvortrag von Horst. Als Zoom-Konferenz angelegt war es bei dem Forum allen Zuhörern und Zuschauern möglich, Fragen zu stellen, was auch intensiv geschah.

Das „Tagespost Online Forum“ ist eine regelmäßige Veranstaltung, die von der Tagespost Stiftung für katholische Publizistik als Online-Format organisiert wird. Interessenten melden sich unter info@dietagespoststiftung.org. DT

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