Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Soldatenwallfahrt nach Lourdes

„Viele kommen jetzt ins Grübeln“

Mit einer Heiligen Messe an der Erscheinungsgrotte haben die deutschsprachigen Pilger am Freitag die 63. internationale Soldatenwallfahrt nach Lourdes eröffnet. Die Tage in dem französischen Wallfahrtsort lassen die Pilger auch über aktuelle Herausforderungen des Soldatenlebens nachdenken.
Eröffnungsmesse in der Erscheinungsgrotte
Foto: Oliver Gierens | Eröffnungsmesse in der Erscheinungsgrotte, Zelebrant am Altar ist der deutsche Militärgeneralvikar Reinhold Bartmann.

„Lasst uns eine Kirche bauen“ – unter diesem Motto begrüßte am Freitagvormittag der deutsche Militärgeneralvikar Reinhold Bartmann die rund 500 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr zur 63. internationalen Soldatenwallfahrt nach Lourdes. In der Grotte von Massabielle, wo nach katholischer Überlieferung die Gottesmutter Maria ab dem 11. Februar 1858 insgesamt 18 Mal dem Bauernmädchen Bernadette Soubirous erschienen ist, feierten die deutschsprachigen Pilger eine Heilige Messe zur Eröffnung der Wallfahrt.

Eine Pilgerreise soll „aus dem Gewohnten herausführen, damit wir uns dem Größeren zuwenden können“, sagte der österreichische Militärgeneralvikar Mag. Peter Papst in seiner Predigt. So gebe es in Frankreich, aber auch in Teilen Österreichs und Deutschlands einen schönen Osterbrauch, bei dem die Menschen beim Glockenläuten am Ostermorgen zum Dorfbrunnen gehen und sich dort mit dem Wasser die Augen auswaschen. „Man erbittet damit Osteraugen“, so der Militärgeneralvikar.

Sehen mit "Osteraugen"

Auch die Heilige Bernadette Soubirous sei ein österlicher Mensch mit solchen „Osteraugen“ gewesen. Sie habe sich nach den Erscheinungen der Gottesmutter niedergekniet, für die Bekehrung der Sünder gebetet und Buße getan. Papst rief die Pilger auf, den Schleier der Angst, der Hoffnungslosigkeit oder der Gleichgültigkeit in Leben und Glauben als österliche Menschen „herauszuwaschen“.

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Am Nachmittag ging es dann für die Soldaten weiter mit verschiedenen geistlichen Angeboten. In so genannten Wallfahrtsmodulen konnten sie beispielsweise den Kreuzweg betrachten, sich auf die Spuren der heiligen Bernadette begeben oder den eigenen Lebensweg betrachten.

Auch viele junge Soldaten haben sich auf den Weg nach Lourdes gemacht, so zum Beispiel zwei Offiziersanwärter, die derzeit an der Universität der Bundeswehr in München studieren. Fähnrich Philipp B. ist als Panzergrenadier eingesetzt und hat sich – wie sein Kamerad Fähnrich Stephan O. – für 13 Jahre als Soldat auf Zeit verpflichtet. Beide sind das erste Mal in dem Wallfahrtsort am Fuß der Pyrenäen, erzählen die beiden im Gespräch mit der „Tagespost“.

„So eine Gelegenheit hat man nicht oft“

„Mein Vater war vor 30 Jahren hier und schwärmt heute noch davon“, erzählt Philipp B. „Da wollte ich den Ort auch einmal kennenlernen.“ Für Stephan O. waren auch religiöse Gründe ausschlaggebend, nach Lourdes zu pilgern. Beide seien überwältigt von den ersten Eindrücken, berichten die beiden jungen Soldaten. „Aus allen Nationen sind Kameraden hier, wir werden oft angesprochen und tauschen auch mal unsere Kopfbedeckungen“, erzählt Stephan O. „So eine Gelegenheit hat man nicht oft.“

Sein Kamerad Philipp B. hat sich beispielsweise länger mit einem britischen Soldaten unterhalten. Neben privaten Dingen hätten beide auch über posttraumatische Belastungsstörungen gesprochen – ein Thema, das viele Soldaten insbesondere in Auslandseinsätzen betreffe.

Auch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine sei für viele Kameraden ein häufig diskutiertes Thema, berichten die beiden Offiziersanwärter. „Eine gewisse Grundanspannung wegen des Ukraine-Krieges ist schon spürbar“, sagt Stephan O. Die sei allerdings nicht in einer Sorge um eine Ausweitung des Krieges begründet, sondern eher als großer Anstoß, Probleme der Bundeswehr zu benennen. „Viele kommen jetzt ins Grübeln, warum sie eigentlich Soldat geworden sind“, ergänzt Philipp B.

Overbeck am Samstag in Lourdes

Am Samstag wird dann der deutsche Militärbischof Franz-Josef Overbeck die Soldaten in Lourdes besuchen. Nach einem Pontifikalamt im Zeltlager wird es ein „Meet & Greet“, also Begegnung und Austausch mit den Kameraden geben. Für Samstagabend ist dann eine Eucharistische Prozession zur unterirdischen Pilgerbasilika St. Pius X. geplant.

Die internationale Soldatenwallfahrt nach Lourdes fand erstmals 1958 zum 100-jährigen Jubiläum der dortigen Marienerscheinungen statt. Sie geht zurück auf eine deutsch-französische Friedensinitiative nach dem Zweiten Weltkrieg.

Lesen Sie weitere Berichte und Hintergründe aus Lourdes in der kommenden Ausgabe der "Tagespost".

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