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Legionäre Christi wollen Aufklärung sämtlicher Missbrauchsfälle „energisch fortsetzen“

Neuer Ordensoberer Pater John Connor: Wir bitten um Vergebung und verpflichten uns, Wege der Wiedergutmachung zu gehen. Generalkapitel veröffentlicht Erklärung „Umkehr und Wiedergutmachung“ und Grundsatzdokument „Schützen und Heilen“.
Generalkapitel der Legionäre Christi in Rom
Foto: Legionäre Christi | Das am heutigen Donnerstag endende Generalkapitel der Legionäre Christi hat zwei Dokumente zum Umgang mit den Fällen sexuellen Missbrauchs in der Ordensgemeinschaft veröffentlicht.

Die Ordensgemeinschaft der Legionäre Christi hat angekündigt, mit Entschlossenheit gegen sexuellen Missbrauch in den eigenen Reihen vorzugehen und die Aufklärung sämtlicher Fälle „energisch fortzusetzen“. Das Generalkapitel des Ordens, das seit Januar bis zum heutigen Donnerstag in Rom tagt, veröffentlichte dazu am Mittwochabend ein Grundsatzdokument mit dem Titel „Schützen und Heilen“ und eine Erklärung, die die Überschrift „Umkehr und Wiedergutmachung“ trägt.  Beide Dokumente seien das Ergebnis der Überlegungen, Entscheidungen und Verpflichtungen des Generalkapitels im Hinblick auf Fälle von sexuellem Missbrauch durch Mitglieder der Kongregation und die Betreuung von Betroffenen, heißt es in einer Stellungnahme der Ordensgemeinschaft. 

Demnach verpflichten sich die Legionäre, die Aufklärung sämtlicher Missbrauchsfälle „energisch fortsetzen“, die seit 1941 dokumentiert worden seien, und die zuständigen kirchlichen und staatlichen Behörden darüber zu informieren, um die Betroffenen zu erreichen und Gerechtigkeit wiederherzustellen. „Wer sich der Vertuschung oder grober Fahrlässigkeit beim Umgang mit diesen Fällen schuldig gemacht hat, wie im Grundsatzdokument ,Schützen und Heilen’ (sp. „Proteger y Sanar“) dargelegt, kann in der Kongregation kein Amt mehr bekleiden“, heben die Legionäre hervor

Die Namen der verurteilten Täter sollen veröffentlicht werden

Mit dem Gundsatzdokument „Schützen und Heilen“ verpflichtet sich die Ordensgemeinschaft zudem zu einer „kommunikativen und transparenten Vorgehensweise“ bei ihrer Aufklärungsarbeit. Auch die Namen der wegen sexuellem Missbrauch Verurteilten sollen veröffentlicht werden. „Dementsprechend arbeite ich jetzt auch mit den Territorialdirektoren in den einzelnen Ordensprovinzen zusammen, um die Veröffentlichung dieser Fälle nach den vom Generalkapitel festgelegten Kriterien vorzubereiten“, wird der neu ernannte Generaldirektor Pater John Connor in der Pressemitteilung der Legionäre zitiert. Die kirchlichen Behörden würden gleichzeitig darum gebeten, dass diejenigen, die sich des Missbrauchs schuldig gemacht hätten, aus dem Priesteramt ausgeschlossen werden und dass die im kanonischen Recht vorgeschriebene Verjährung von Fällen aufgehoben werde, heißt es weiter.

Connor hob hervor, der Erneuerungsprozess „auf dem die Päpste und die Kirche die Legionäre Christi in den vergangenen Jahren geführt“ hätten, habe die Gemeinschaft darauf vorbereitet, nun auch für die aus der eigenen Geschichte resultierenden Folgen die Verantwortung zu übernehmen. „Wir haben im Bewusstsein der gewonnenen Erkenntnisse beschlossen, weitere entschiedene Schritte zu gehen, um auf diesem Weg, der kein Zurück kennt, voranzukommen.“ 

P. Jon Connor: "Wir wissen, dass das viele Jahre dauern wird"

Weiter erklärte der Ordensoberer: „Bisher konnten wir vielen der von Missbrauch durch unsere Gemeinschaft Betroffenen nicht begegnen, aber wir verpflichten uns, so weit wie möglich und im Respekt vor jedem einzelnen, Wege der Wiedergutmachung und Versöhnung mit ihnen, ihren Familien und den betroffenen Gemeinschaften zu gehen. Wir wissen, dass das viele Jahre dauern wird.“

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Mit der Erklärung „Umkehr und Wiedergutmachung“ wende sich das Generalkapitel der Legionäre „in erster Linie an die Betroffenen und ihre Familien mit einer ausdrücklicher Bitte um Vergebung.“ Die Erklärung erwähnt namentlich jene, die als erstes die Missbrauchstaten von P. Marcial Maciel und anderer Legionäre Christi angemahnt hatten, sie nimmt außerdem „die institutionellen als auch die persönlichen negativen Werturteile über den Charakter und die Motivation der Personen, die rechtmäßige und notwendige Anklagen eingereicht haben“ zurück. „Heute anerkennen wir den prophetischen Charakter ihrer öffentlichen Anzeige im Dienst der Wahrheit und der Gerechtigkeit (vgl. Mt 5,6). Wegen unserer Blindheit und Untätigkeit, die ihrem guten Ruf geschadet hat, bitten wir um Vergebung und danken ihnen für das Gute, das sie nicht nur uns, sondern der katholischen Kirche selbst getan haben, denn ihr Mut hat auch anderen Menschen geholfen, sexuellen Missbrauch, der von unwürdigen Priestern begangen worden ist, anzuzeigen und die Scham zu überwinden, die damit verbunden ist“, heißt es dazu in der Erklärung.

Mit der Veröffentlichung des Grundsatzdokuments "Schützen und Heilen“ und der Erklärung „Umkehr und Wiedergutmachung“ verpflichte sich auch der neu ernannte Generaldirektor P. John Connor LC, „den Missbrauchsfällen in unserer Geschichte, als Teil unserer Mission und als Zeichen der Authentizität unserer Berufung mit Entschlossenheit zu begegnen“, heißt es in der Pressemitteilung der Ordensgemeinschaft. 

Nach eigenen Angaben zählen die Legionäre Christi aktuell 1.501 Ordensmitglieder, die in 21 Ländern tätig sind. Das jüngste Generalkapitel fand 2014 statt. Dem war eine massive Krise des Ordens und ein mehrjähriger Erneuerungsprozess vorausgegangen. Nach dem Bekanntwerden schwerer sexueller Verfehlungen des Ordensgründers Marcial Maciel Degollado (1920-2008) und angesichts von Mängeln in Leitungsstrukturen der Gemeinschaft hatte Papst Benedikt XVI. 2010 durchgreifende Reformen angeordnet. Die Legionäre Christi haben sich inzwischen von ihrem Gründer distanziert.

DT

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