Madrid

Kommentar um "5 vor 12": Wo die Freimaurer sich irren

Der Eindruck, der Papst habe den Begriff der Brüderlichkeit von der Freimaurerei übernommen, kann nur entstehen, wenn die Enzyklika nicht aufmerksam gelesen wird.
Freimaurer-Loge "Zu den ehernen Säulen"
Foto: Arno Burgi (dpa-Zentralbild) | Die Menschenwürde mag Agnostikern „ausreichend erscheinen, um den nicht verhandelbaren ethischen Grundprinzipien eine starke und beständige universelle Gültigkeit zu verleihen“.

In seiner jüngsten Enzyklika "Fratellit tutti" habe Papst Franziskus den Begriff der Brüderlichkeit von der Freimaurerei übernommen - und die katholische Kirche rücke von ihren früheren Positionen ab, so die Einschätzung der Freimaurer-Großloge Spaniens. Aber stimmt das wirklich? Stimmt die Auffassung des Heiligen Vaters mit der der Freimaurer überein? Hat Papst Franziskus gar dieses „Prinzip“ von den Freimaurern übernommen?

Der entscheidende Unterschied zur universellen Brüderlichkeit der Freimaurerei

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Eine solche Anschauung, mag sie seitens der Großloge aufrichtig gemeint sein, hält indes einer näheren Überprüfung des Enzyklika-Textes nicht stand. Denn für Franziskus ist eine „Nächstenliebe“ entscheidend, „die Gott den Menschen eingießt“ (Nr. 91). Wenn die Freimaurer meinen, für den Aufbau einer universellen Brüderlichkeit plädiere der Papst dafür, „der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zu folgen“, vergessen sie zu erwähnen, wo für die katholische Kirche die Menschenrechte verankert sind. Wörtlich sagt „Fratelli tutti“ dazu, indem die Enzyklika die Bischöfe der Vereinigten Staaten zitiert: Die Grundrechte gingen jeder Gesellschaft voraus, „weil sie sich aus der Würde ableiten, die jedem Menschen zukommt, da er ein Geschöpf Gottes ist“ (Nr. 124).

Darin besteht der entscheidende Unterschied zwischen der „universellen Brüderlichkeit“ der Freimaurer und der, die von jeher die Kirche und nun auch „Fratelli tutti“ ausdrücklich mehrfach meint: Die Menschenwürde mag Agnostikern „ausreichend erscheinen, um den nicht verhandelbaren ethischen Grundprinzipien eine starke und beständige universelle Gültigkeit zu verleihen“. Gläubige Menschen gehen aber einen Schritt weiter: „Für Gläubige ist die menschliche Natur als Quelle ethischer Prinzipien von Gott geschaffen, der diesen Prinzipien letztlich eine feste Grundlage verleiht“ (Nr. 214).

Grundlage in der Gotteskindschaft

Nicht die Auffassung der Freimaurer („alle Menschen werden Brüder, wo dein sanfter Flügel weilt“), sondern der Glaube der Kirche, Menschenwürde und Brüderlichkeit haben ihre Grundlage in der Gotteskindschaft, ist der Grund, auf dem „Fratelli tutti“ steht. Der entscheidende Unterschied besteht in dem Glauben an einen persönlichen Vatergott. „Wenn man im Namen einer Ideologie Gott aus der Gesellschaft ausstoßen will, betet man schließlich Götzen an, und sehr bald verliert der Mensch sich selber, wird seine Würde mit Füßen getreten und werden seine Rechte verletzt“, stellt denn auch Franziskus fest.

Weitere Hintergründe zur Enzyklika "Fratellit tutti" erfahren Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost.

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