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Kampagne gegen Pius XII.

Der Münsteraner Kirchenhistoriker Wolf will mit wissenschaftlich unredlichen Mitteln die Deutungshoheit über den Pacelli-Papst erlangen. Ein Einspruch des Pius-Experten Michael Feldkamp
Hubert Wolf
Foto: Andreas Kühlken (KNA) | Der Kirchenhistoriker Hubert Wolf, verstößt laut Feldkamp gegen seine eigenen Maßstäbe, nämlich, wegen eines bemerkenswerten Einzelfundes sich nicht gleich mit einer vermeintlichen Neubewertung hervorzutun.

Schon letztes Jahr, im März 2019, hat Papst Franziskus angekündigt, die Archivalien aus dem Pontifikat Pius XII. der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen. Schnell wurden Stimmen laut, der Seligsprechungsprozess für Pius müsse gestoppt werden. Nur allzu durchsichtig schienen Warnungen, man müsse erst alle Akten sehen, bevor man sich ein abschließendes Urteil über Pius XII. erlauben könne – und das werde noch Jahre dauern.

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Wolf bekämpft Potemkinsche Dörfer

Nun hat sich ausgerechnete der prominenteste Vertreter dieser Auffassung, der katholische Priester und Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf, der mit zig-tausend Euro vom Verband der Diözesen Deutschlands für seine Forschungen im Vatikan finanziell ausgestattet wurde, am 23. April 2020 mit dem Beitrag „Der Papst, der wusste und schwieg“ in „Die Zeit“ in bekannter Weise positioniert und mit vermeintlichen neuen Archivergebnissen in die Öffentlichkeit begeben.

Wolf insinuiert, dass stets behauptet worden sei, Pius XII. habe von der Judenverfolgung nichts gewußt. Hier bekämpft er jedoch Potemkinsche Dörfer, denn gerade Pius XII. hatte umgekehrt die Alliierten auf die deutschen Konzentrationslager aufmerksam gemacht, weil dort Juden vernichtet wurden. Durch zahlreiche Auslassungen gerät auch die Schilderung Wolfs über die Deportation der Juden von Rom im Oktober 1943 in eine absolute Schieflage. Hierzu muss man nicht in die Vatikanischen Archive! Auch die vielen liberalen Historiker aus Italien haben die Verdienste Pius' XII. gewürdigt, wo Wolf dem Papst Versagen vorwirft.

Vorgehen bedauerlich und wissenschaftlich unredlich

Wolfs Vorgehen ist aus verschiedenen Gründen sehr bedauerlich und wissenschaftlich unredlich: Denn Wolf verstößt gegen seine eigenen Maßstäbe, nämlich, wegen eines bemerkenswerten Einzelfundes sich nicht gleich mit einer vermeintlichen Neubewertung hervorzutun. Und schließlich sind die Quellen, die Wolf präsentiert, gar nicht neu, sondern recht umfänglich nicht nur in der 1964 bis 1981 publizierten päpstlichen Aktendokumentation „Actes et documents du Saint Siège relatifs à la seconde guerre mondiale“ längst bekannt, sondern auch vielfach ausgewertet und dargestellt worden. Besagte Aktenedition wegen eines unzureichenden Registers zu diskreditieren, wirkt geradezu lächerlich.

Es reicht nicht aus, mit den Worten von Erich Maria Remarque den Beitrag von Hubert Wolf abzutun: „Im Westen nichts neues“. Vielmehr haben wir es hier zunächst mit einer weiteren Medienkampagne zu tun - einer von vielen!

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Wolf stellt sich an die Speerspitze einer vermeintlich aufklärerischen Kampagne

Von dem, wovor Hubert Wolf selbst gewarnt hat, macht er sich nun frei. Er stellt sich an die Speerspitze einer vermeintlich aufklärerischen Kampagne. Dabei geht es ihm offenbar jedoch vor allem darum, die Deutungshoheit über diesen Pontifikat wenigstens im deutschsprachigen Raum zu erlangen.

Doch diese Medienkampagne unterschiedet sich von bisherigen Kampagnen dieser Art: denn sie kommt aus dem Innersten der katholischen Kirche in Deutschland, von einem katholischen Priester und Kirchenhistoriker – und sie wird finanziert mit Forschungsgeldern der Bischofskonferenzen, also aus Kirchensteuereinnahmen. Auch darüber sollte man in diesem Zusammenhang einmal laut nachdenken.

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